Julia Extra Band 0327
niemals verlassen, Rafael. Weder jetzt noch später. Aber du darfst deine Mutter nicht so schäbig behandeln. Sie hat dir nichts getan.“
„Dass ich nicht lache!“
Louisa war drauf und dran, ihm alles zu sagen, doch das konnte nur seine Mutter selbst tun. „Ich weiß, dass sie dich liebt. Sie würde ihr Leben dafür geben, dich zu beschützen, Rafael. Genauso geht es mir mit Noah.“
„Du wirst ihn nie wiedersehen“, drohte Rafael eiskalt.
„Ich werde ihn ebenso wenig wie dich verlassen. Du musst mich schon aus dem Fenster werfen, wenn du mich los sein willst.“
Er lachte nur höhnisch und machte sich auf den Weg zum Kinderzimmer. Louisa warf sich einen Morgenmantel über und lief hinterher. Rafael hatte das Baby schon auf dem Arm. Noah weinte mit seiner Mutter um die Wette.
Louisa versuchte, ihn aufzuhalten. „Sei doch vernünftig, Rafael. Du darfst Noah nicht einfach mitnehmen.“
Doch er redete sich ein, nichts mehr für sie zu empfinden und schob sie ungerührt beiseite. „Du hörst von meinen Anwälten“, zischte er, als er die Wohnung verließ und seinen Leibwächter anwies, die völlig aufgelöste Louisa zurückzuhalten.
Zehn Minuten später betrat Rafael mit Noah auf dem Arm sein Lieblingshotel und versuchte, Schuldgefühle und Schmerz zu verdrängen, indem er sich einredete, Louisa wäre keine gute Ehefrau und Mutter und verdiente Vater und Sohn gar nicht.
Das Baby hatte die ganze Zeit geschrien. Sein Gesicht war schon ganz rot vor Anstrengung. Auch das eilig herbeigerufene Kindermädchen konnte den Kleinen nicht beruhigen.
Langsam musste Rafael sich eingestehen, dass er sich selbst belog. Es war ihm unmöglich, Mutter und Kind voneinander zu trennen. Louisa hatte ihn hintergangen, indem sie gegen seine Anweisung Kontakt zu seiner Mutter aufgenommen hatte. Deshalb musste sie bestraft werden. Doch er konnte es nicht ertragen, dass sein eigener Sohn darunter litt.
Leise fluchend sah er ein, dass er Louisa ein Umgangsrecht einräumen musste. Wütend wollte er sie darüber gerade telefonisch in Kenntnis setzen, als sein Handy klingelte.
„So etwas Entsetzliches hätte ich dir niemals zugetraut!“
Rafael verzog das Gesicht, als er die Stimme erkannte. „Mama!“
„Louisa hat mich angerufen. Was fällt dir ein, ihr das Baby wegzunehmen? Ich bin sehr enttäuscht von dir, mein Sohn.“
Er hätte sich ja denken können, dass Louisa sofort seine Mutter anrufen würde. „Diese Angelegenheit geht nur Louisa und mich etwas an, Mama.“
„Ich bin in der Lobby. Komm runter, ich habe dir etwas zu sagen.“
„Warum sollte ich?“
„Tu mir den Gefallen, mi hijo . Einen letzten Gefallen, bevor ich zurück nach Argentinien fliege.“ Sie legte auf.
Rafael beschloss, auf die Bitte einzugehen. Dann musste er diese Frau hoffentlich niemals wiedersehen! Nachdem er sich vergewissert hatte, dass das französische Kindermädchen bei seinem Sohn war, fuhr er mit dem Lift nach unten.
Agustina wartete in der Bar und ließ Rafael gar nicht erst zu Wort kommen. „Dein ganzes Leben lang habe ich versucht, dich zu beschützen. Aber du bist jetzt ein erwachsener Mann, und da kann ich nicht mehr viel ausrichten. Nachdem ich gerade gehört habe, was du angerichtet hast, fürchte ich, dass mein Beschützerinstinkt dir mehr geschadet als genutzt hat.“ Sie schob ihm einen mehrseitigen Brief hin. „Lies das!“
Wortlos griff Rafael nach dem Brief und warf einen Blick auf die verblasste Schrift. Dann fing er an zu lesen. Eine eiskalte Hand schien sein Herz zu umklammern. Als er schließlich nach einigen Minuten die Unterschrift auf der letzten Seite las, sah er seine Mutter entsetzt an.
„Der Brief ist von meinem Vater.“ Rafael fühlte sich wie gelähmt. „Du hattest ihm mitgeteilt, dass du ein Kind von ihm erwartest, und er wollte, dass du mich abtreibst.“
„Ja. Und als ich mich weigerte, hat er mir den goldenen Siegelring geschickt und geschrieben, das wäre alles, was ich je von ihm bekommen würde.“
„Aber warum?“ Fassungslos sah er in Agustinas traurige Augen. „Warum wollte er mich nicht?“
„Er konnte Kinder nicht leiden. Und mich hat er auch nie geliebt. Er war mir nicht einmal treu.“ Sie atmete tief durch. Ich war damals noch so jung und unerfahren und wusste nicht, wie ich uns beide durchbringen soll. Deshalb bin ich nach Buenos Aires zurückgekehrt und habe den Mann geheiratet, den meine Eltern für mich ausgesucht hatten. Arturo versprach, dir ein guter Vater zu sein, doch
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