Julia Extra Band 0330
jede Windung der schmalen Straße nach Larkford. Während er auf das Gaspedal trat, blickte er kurz zu Ellie, die angespannt neben ihm saß.
Als aus einer der seitlichen Hecken ein Fasan aufflog, hörte er, wie Ellie erschrocken den Atem anhielt. Er verringerte leicht die Geschwindigkeit und nickte ihr beruhigend zu.
„Mark!“, rief sie plötzlich entsetzt.
Und jetzt sah er es auch. Aus einem Seitenweg bog ein großes Erntefahrzeug direkt vor ihnen auf die Straße. Mark trat scharf auf die Bremse und schaffte es gerade noch, einen Auffahrunfall zu vermeiden.
„Bitte halt an“, sagte Ellie mit schwacher, aber entschiedener Stimme.
„Aber wir sind doch gleich zu Hause.“
„Ich habe gesagt, halt an. Ich will aussteigen.“
Erschrocken sah Mark, wie sie an dem Türgriff herumfummelte, und noch bevor er am Seitenstreifen halten konnte, war sie schon herausgesprungen und lief die schmale Straße entlang. Von hinten sah er, dass sie am ganzen Körper zitterte. Einen Moment lang war er wie gelähmt, dann lief er ihr hinterher und hielt sie am Arm fest.
Verzweifelt versuchte sie, ihren Arm zu befreien, doch Mark ließ nicht locker. Während sie mit ihm rangelte, geriet sie halb auf die Fahrbahn, und als ein Auto laut hupend heranfuhr, riss Mark sie schnell zur Seite und hielt sie fest umklammert. Plötzlich legte Ellie den Kopf an seine Schulter und fing herzzerreißend an zu weinen. Gleichzeitig hämmerte sie wütend mit den Fäusten gegen seine Brust.
Wieder einmal hatte Mark keinen blassen Schimmer, was mit ihr los war. Fest stand nur: Sie brauchte jetzt jemanden, an dem sie ihre Wut auslassen und bei dem sie sich ausweinen konnte. Außerdem war ihm klar, dass seine üblichen scherzhaften Floskeln in diesem Fall unangebracht waren. Nein, diesmal musste er ernsthaft bei der Sache sein.
Ellie weinte und schluchzte und jammerte in seinem Arm, als wolle sie nie wieder aufhören. So viel geballte Emotion war ihm etwas unheimlich. Während er ihr Haar streichelte und tröstliche Worte murmelte, hoffte er, dass der Ausbruch bald vorbei wäre. Allmählich ging das laute Klagen in lautloses Weinen über, und Ellie kuschelte sich an seinen Pullover.
All die verzweifelten Ausbrüche von Kat kamen ihm in Erinnerung, und er war froh, dass er schon ein wenig Erfahrung mit dem Trösten hatte. Er wünschte, er könnte mehr tun, um ihren Schmerz zu lindern.
Lange standen sie so, und es dämmerte bereits. Ellie atmete jetzt tief und gleichmäßig und entspannte sich allmählich. Nach einer Weile löste sie sich von ihm und sah ihn mit verweinten Augen an. Auf ihren heißen, feuchten Wangen war das Strickmuster seines Pullovers abgedrückt.
In ihren Augen sah er unendliche Verzweiflung, aber auch eine Art Flehen, als könne er ihr Hoffnung geben.
Mit leiser, sanfter Stimme sagte er: „Erzähl es mir.“
Ellies Lippen fingen an zu zittern. Er legte ihr den Arm um die Schulter und führte sie zum Auto zurück. Dann öffnete er die Beifahrertür, drückte sie sanft in den Sitz und ging vor ihr in die Hocke.
Seufzend schloss Ellie die Augen und biss sich auf die bebenden Lippen. Nach einer Weile öffnete sie ihre großen, hellgrünen Augen und sah ihn direkt an.
Mit leiser, brüchiger Stimme fing sie an zu reden. „Tut mir leid, aber manchmal bekomme ich diese Panikattacken.“
Er spürte deutlich, dass sie gerne weitersprechen würde. Also unterdrückte er den Impuls, etwas zu erwidern, sondern blickte sie nur abwartend an.
Ein paar Minuten vergingen schweigend, dann senkte Ellie den Kopf und begann mit stockender Stimme: „Mein Mann und meine Tochter sind bei einem Autounfall umgekommen, an einem regnerischen Tag wie heute.“ Sie blickte auf ihre gefalteten Hände.
„Das tut mir so leid.“
Das war vermutlich die unpassendste Bemerkung, die er in seinem Leben gemacht hatte, aber etwas anderes fiel ihm nicht ein. Auf jeden Fall stimmte es. Er drückte ihre Hände.
„Es ist fast vier Jahre her. Wir waren auf dem Nachhauseweg vom Einkaufen, so wie heute. Wir hatten für Chloe pinkfarbene Glitzerschuhe für ihre Geburtstagsparty gekauft. Sie hat sie nicht mehr tragen können …“
Er drückte nur weiter ihre Hände.
„Die Polizei sagte, es seien Jugendliche gewesen, die ein Wettrennen veranstaltet hätten. Einer überholte in einer scharfen Kurve und raste direkt auf uns zu. Weil die Straße nass war, konnte keiner mehr stoppen.“
Wie entsetzlich. Was für eine Tragödie. Er fragte sich, wie sie es erfahren
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