Julia Extra Band 0330
hochlief, löste er schon seine Krawatte.
Doch nach zwei Stunden war Ellie immer noch nicht zurück. Er blickte sich in der Küche um, ob sie eine Nachricht hinterlassen hatte, und tatsächlich lag neben dem Herd ein Zettel, auf dem in zittriger Schrift stand, dass sie weggegangen sei.
Er ließ sich auf einen Stuhl sinken und legte den Kopf in die Hände.
Nein, nicht schon wieder. Sie waren doch so unbeschreiblich glücklich gewesen.
Nein, mit Ellie durfte ihm das nicht passieren. Er liebte sie so sehr, viel mehr als Helena.
Nein, so einfach würde er sie nicht aufgeben.
Die Schlüssel fielen Ellie aus der Hand, und sie hob sie mit tränenüberströmtem Gesicht auf. Zum Glück lag der Ferienagentur eine Stornierung vor, und so konnte sie das Cottage für eine Woche mieten.
Obwohl ihr noch in Larkford Chloes Name gleich wieder eingefallen war, konnte sie das nagende Gefühl von Schuld und Verrat nicht unterdrücken.
Sie hatte einfach irgendwohin gehen müssen, wo sie nicht derart von der Vergangenheit abgeschnitten war.
Schon immer war die alte Tür schwer aufgegangen, und Ellie mühte sich ab, bevor der Schlüssel sich endlich bewegte. Als sie das Haus betrat, fing sie ohne Vorwarnung herzzerreißend an zu weinen.
Alles kam ihr fremd und vertraut zugleich vor. Sie ging ins Wohnzimmer und setzte sich in ihren Lieblingssessel. Warum bin ich nicht in diesem Sessel sitzen geblieben, hätte Tee getrunken und Kekse gegessen und wäre nie nach Larkford gegangen? Dann wäre es nicht passiert, dass ich deinen Namen vergesse, mein Liebling .
Aber dann würde sie ja jetzt kein Baby bekommen. Und sie freute sich so sehr darauf. Sanft strich sie über ihren Bauch, als wolle sie das kleine Leben darin beruhigen.
Wenn Mark es nicht wollte, würde sie es alleine großziehen.
Ellie schüttelte über sich selbst den Kopf. Sie hatte ihm ja noch gar nichts erzählt. Wie so oft seit ihrem Unfall hatte sie aus einem spontanen Einfall heraus alles stehen und liegen lassen und war weggelaufen.
Sie stand auf und ging im Haus umher. In jedem Raum kamen ihr lebhafte Erinnerungsbilder in den Sinn. Chloe, wie sie mit ihrem Auto im Flur hin- und hersauste, Sam am Küchentisch, über die Hausaufgaben gebeugt. Bisher war sie nicht fähig gewesen, diese Erinnerungen zuzulassen.
Kats Lied, das sie auf der Hochzeit für sie gesungen hatte, kam ihr in den Sinn.
Ich lebe im Gestern, gefangen von Gespenstern und Erinnerungen.
Doch ich muss mein erstarrtes Herz öffnen, denn das Morgen ruft mich.
Sie hatte Mark ein Versprechen für die Zukunft gegeben, und nichts auf der Welt würde sie dazu bringen, es zu brechen. Es gab also nur eins: Sie musste sofort nach Hause zurück – zu ihrem wirklichen Zuhause, nach Larkford – und Mark sagen, dass er Vater wurde.
Noch einmal ging sie von Raum zu Raum, um endgültig Abschied zu nehmen, dann nahm sie die Schlüssel vom Tisch und lief zur Haustür. Durch das Bleiglasfenster sah sie einen Schatten. Sie erschrak und ging näher heran. In dem Moment klopfte es.
„Ellie, bist du da drin?“
Vor Schreck ließ sie den Schlüssel fallen.
„Ellie!“
„Mark“, rief sie mit zitternder Stimme, und gleichzeitig lächelte sie glücklich. Sie hob den Schlüssel auf und steckte ihn ins Schloss. Doch wie sie ihn auch hin- und herdrehte und ihre alten Tricks ausprobierte, das Schloss bewegte sich kein bisschen.
„Ellie, was ist los, kriegst du die Tür nicht auf?“, rief Mark ungeduldig.
„Nein, jetzt scheint das Schloss endgültig nicht mehr zu funktionieren, und der Schlüssel steckt drin.“
Sie presste ihr Gesicht gegen das Bleiglas. Etwas verzerrt konnte sie sein müdes, verzweifeltes Gesicht erkennen. Wie sehr sie ihn liebte. Sie fing an zu schluchzen.
„Warum bist du denn weggelaufen?“
„Wie hast du mich überhaupt gefunden?“
„In meiner Angst habe ich Charlie angerufen, und sie meinte, du könntest hierhergefahren sein. Bei deinen Eltern und deinem Bruder war ich auch schon.“
Ihre Freundin Charlie kannte sie einfach zu gut.
Sie holte tief Luft. „Mark, meinst du, wir hätten mit der Heirat noch warten sollen? Es ist alles so schnell gegangen.“
Sie hörte, wie er sich auf die Treppenstufen setzte. „Willst du damit sagen, du willst dich scheiden lassen?“, fragte er leise. „Ich dachte, du liebst mich, Ellie.“
Ellie kniete sich hin und lugte durch den Briefschlitz. Er sah so verloren, so vollkommen verzweifelt aus, dass es ihr das Herz zusammenzog. „Ich liebe dich
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