Julia Extra Band 0330
Pier gebracht hatte. Damals hatte er gefunden, dass die anderen Gäste auf der Aurelia allesamt eher zum älteren Publikum zählten.
„Ja. Das Schiff war absolut gigantisch. Ich habe mich auf dem Weg zu meiner Kabine verlaufen und bin in der ersten Klasse gelandet. Pietro war gerade unterwegs zum Oberdeck. Wir gerieten ins Plaudern, und der Rest … ist Geschichte.“
„Was für ein glücklicher Zufall, dass du dich verlaufen hast“, warf er trocken ein.
So berechnend war meine Mutter nicht, dachte Libby sofort. Immerhin hat sie mich allein großgezogen, ohne sich jemals von einem Mann abhängig zu machen. Aber wie sollte sie das Raul erklären? Aus dem Grab, das Libby sich selbst geschaufelt hatte, kam sie so leicht nicht wieder hinaus.
Schweigend parkte er seinen Sportwagen direkt vor dem Bürogebäude seines Unternehmens. Es war ein hochmoderner Bau mit gläserner Front und breiten Marmorstufen, die ins Foyer führten. Im Empfangsbereich dominierten riesige schwarze Ledersofas und ein Marmortresen, an dem eine bildschöne Frau auf Besucher wartete.
Ich hätte mich schminken sollen, dachte Libby im Fahrstuhl auf dem Weg nach oben, wo sie als Erstes Rauls Privatsekretärin kennenlernte. Kurz darauf betrat sie den Konferenzraum, wo acht männliche Vorstandsmitglieder sich stirnrunzelnd zur Begrüßung von ihren Stühlen erhoben.
Vier Stunden später musste Libby zugeben, dass ihr neues Aufgabenfeld nichts damit zu tun hatte, einen einfachen Marktstand auf Ibiza zu organisieren. Ihr Kopf dröhnte regelrecht von all den Informationen. Zum Glück hatte man die Besprechung ihr zuliebe auf Englisch geführt, trotzdem war sie mitunter hoffnungslos überfordert gewesen.
„Wahrscheinlich ist das alles ziemlich langweilig für dich“, sagte Raul nach der Sitzung zu ihr, „aber ich würde es trotzdem begrüßen, wenn du dich um ein wenig mehr Aufmerksamkeit bemühst.“
Sein Sarkasmus provozierte sie. „Ich habe mich nicht gelangweilt, und ich bin auch an keiner Stelle eingeschlafen. Aber ich gebe zu, dass ich sicher nicht alles verstanden habe, was besprochen wurde.“
„Dann überschreibe doch einfach Ginos Anteile auf mich und ermögliche mir so, das Unternehmen vernünftig zu führen“, drängte er sie und starrte wieder einmal ihre feuerrote Haarpracht an. „Das Dinner beginnt erst um acht Uhr. Das lässt dir genügend Zeit, um etwas Passendes zum Anziehen zu kaufen. In der Via Condotti und am Piazza di Spagna findest du jede Menge erstklassiger Boutiquen“, fuhr Raul unbeirrt fort und drückte den Knopf für den Lift. „Ich bringe dich vorher noch zu einem Stylisten, aber da ich einen wichtigen Termin habe, wirst du allein dort bleiben müssen.“ Sein Blick fiel auf ihre violetten Kreolen, deren Farbe sich mit den rosafarbenen Flipflops biss. „Du repräsentierst jetzt Carducci Cosmetics , und ich werde nicht zulassen, dass du aussiehst, als würdest du deinen Lebensunterhalt mit Feudeln und Fensterputzen verdienen!“
Zwei Stunden später betrat Raul das Fünf-Sterne-Hotel, in dessen Restaurant das Geschäftsessen stattfand. Libby sollte ihn dort an der Bar treffen. Und wie erwartet, verspätete sie sich.
Ungeduldig betrachtete er die Menschen, die auf den Barhockern saßen. Ein halb nackter Rücken – in eisgraue Seide gehüllt – erregte seine Aufmerksamkeit.
Die Frau trug ein bodenlanges, trägerloses Kleid, silberne Stilettos und hatte ihre Haare locker hochgesteckt. Feuerrote Haare! Ein paar Locken fielen lose aus der Silberspange in den Nacken!
Kaum zu glauben, aber es war Libby! Sofort erinnerte sein Körper ihn daran, wie attraktiv er dieses unmögliche Frauenzimmer fand, und er starrte fassungslos in den Spiegel hinter der Bar, der ihr perfekt geschminktes Gesicht reflektierte.
Libby war von Natur aus unbeschreiblich schön. Aber nachdem ein Profi all ihre optischen Vorzüge vorteilhaft hervorgehoben hatte, war ihre einzigartige Ausstrahlung für niemanden mehr zu übersehen.
Und Raul wusste nicht, wie er sein Verlangen länger im Zaum halten sollte …
5. KAPITEL
„Darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen, Signorina ?“
Obwohl der Barkeeper höflich lächelte, entging Raul nicht, wie sein bewundernder Blick an Libbys Ausschnitt hängenblieb. Mit einem Satz war er bei ihr.
„Die Lady nimmt Champagner!“
Erschrocken fuhr Libby herum und fiel Raul dabei fast in die Arme. Hilfsbereit stützte er sie und hielt sie dabei etwas länger als notwendig fest.
„Sei bellissima!“
Weitere Kostenlose Bücher