Julia Extra Band 0330
, raunte er in ihr Ohr, und sein Atem verursachte eine Gänsehaut auf ihren Armen. „Du siehst in diesem Kleid hinreißend aus, cara .“
Bevor sie antworten konnte, musste sie ihre trockenen, dunkel getönten Lippen mit der Zunge befeuchten. „In diesem alten Ding?“, scherzte sie. „Damit feudele ich normalerweise den Boden oder putze die Fenster.“
In seinen Augen blitzte es auf, aber sein Gesichtsausdruck war voller Reue. „Ich kann kaum glauben, dass ich das gesagt habe. Bitte entschuldige! Du würdest selbst in Sack und Asche eine überzeugende Wirkung haben. Aber in diesem Kleid …“ Sein Blick glitt an ihr hinunter. „Das haut mich buchstäblich um, bella .“
Sein flapsiger Kommentar, aber vor allem seine ungewohnt galante Haltung verunsicherten Libby. Sie nahm einen großen Schluck von ihrem kühlen, prickelnden Champagner. „Das habe ich noch nie getrunken“, gestand sie lächelnd. „Aber du weißt ja, wie unkultiviert ich bin.“
Raul machte eine wegwerfende Handbewegung. „Du bist die lebendigste Frau, der ich jemals begegnet bin“, sagte er wahrheitsgemäß. „Und ich fühle mich in deiner Gegenwart so angeregt wie nie zuvor. Ein Jammer, dass du mich für steif und konservativ hältst.“
„Das tue ich gar nicht“, gab sie zurück und wandte sich ihm ganz zu. Ihre Blicke trafen sich und tauschten ein elektrisierendes Geheimnis aus.
Da Libby nicht ahnte, was seit dem Vorstandstreffen mit Raul geschehen war, schob sie seine Verwandlung auf die hervorragende Arbeit des Stylisten. Offenbar ähnelte sie jetzt den Frauen, mit denen er umzugehen gewohnt war, und das lockte seinen italienischen Charme ans Tageslicht. Sie waren keine Feinde mehr, sondern einfach eine Frau und ein Mann, die sich zu einer abendlichen Verabredung trafen. Hinzu kam ein Flair von sexueller Anziehungskraft …
„Freut mich zu hören“, murmelte er und kam noch etwas näher, sodass sie sein herbes Aftershave einatmete. Mit dem Handrücken strich er über ihre Wange. „Um Ginos willen sollten wir versuchen, Freunde zu werden. Was meinst du, cara ?“
Freunde! Sie konnte ihre Überraschung kaum verbergen. Das klang so verlockend, so einfach und unbeschwert. Wie das Verhältnis zu Tony in Pennmar. Allerdings würde sie sich in Rauls Gegenwart niemals gelassen und entspannt fühlen, dafür fand sie ihn zu attraktiv und zu aufregend, zu maskulin und unbeschreiblich sexy!
Fasziniert von der Tatsache, dass er ihr ein Friedensangebot machte, sah sie zu, wie er aus seinem Champagnerglas trank. „Das klingt nach einer guten Idee. Weil es für Gino wichtig ist“, fügte sie eilig hinzu. „Aber das bedeutet nicht, dass ich dir so einfach seine Anteile überschreibe.“
„Natürlich nicht“, gab er leichthin zurück.
„Ich bin immer noch fest entschlossen, seine Interessen persönlich zu vertreten“, versicherte sie.
„An deiner Hingabe für deinen Sohn zweifle ich keine Minute“, lenkte Raul ein. „Ich hoffe nur, dass du mit der Zeit erkennst, dass ich der Firma auch seinetwegen zu einzigartigem Erfolg verhelfen möchte.“ Er stieß mit seinem Glas gegen ihres. „Lass uns auf einen Neuanfang anstoßen, Libby!“
Gehorsam nahm sie einen Schluck und wechselte das Thema. „Dieses Kleid hat ein Vermögen gekostet“, vertraute sie ihm an. „Genau wie die Dienste des Stylisten, obwohl ich die genauen Summen natürlich nicht kenne. Sie wollen dir die Rechnung schicken, aber ich würde den Betrag in absehbarer Zeit gern selbst begleichen. Nur weiß ich nicht, wie. Mein Erspartes reicht nicht einmal für einen dieser Schuhe.“ Mit diesen Worten streckte sie ihm eine ihrer exquisiten Sandalen entgegen.
Raul zog die Stirn in Falten. „Ich habe dir doch bereits erklärt, dass du als Repräsentantin unseres Hauses entsprechend gekleidet sein musst. Daher sollten die Rechnungen nicht deine Sorge sein. Das gehört alles zu den Bedingungen des Testaments.“
Schuldbewusst senkte Libby den Blick. „Das gefällt mir gar nicht“, bemerkte sie leise. „Es fühlt sich nicht richtig an, vom Geld deiner Familie zu leben.“
Gern hätte Raul ausgeführt, worin Libbys moralische Verfehlungen in Bezug auf die Vergangenheit lagen, doch er hielt sich zurück. Außerdem verstand er ohnehin nicht, woher ihre plötzlichen Skrupel stammten.
„Es wird Zeit, ins Restaurant zu gehen“, verkündete er darum und bot ihr seinen Arm.
„Wie viele Personen werden an dem Essen teilnehmen?“, fragte Libby, während er sie zu
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