Julia Extra Band 0330
nahm. Im Vergleich zu anderen Studenten führte sie ein Leben wie eine verhätschelte Prinzessin.
Ohne Schwierigkeiten konnte ihr Vater die Musikhochschule finanzieren und ersparte seiner Tochter somit Studentenkredite oder Nebenjobs. Sie konnte weiterhin in seinem Haus leben, dem herrlichen Anwesen im Holland Park, und sie besaß ein erstklassiges Instrument zum Üben. Zudem quoll ihr Kleiderschrank über, weil es Edward Granton wichtig war, seine Tochter stets schön angezogen zu sehen.
„Du bist deiner Mutter so ähnlich, Liebes“ , behauptete er immer wieder. „Sie wäre so stolz auf dich. Genauso stolz, wie ich es bin.“
Natürlich wollte Julie, dass ihr Vater stolz auf sie war, dass er sie voller Bewunderung anlächelte. Doch während der letzten Monate war sein Lächeln nur zögernd und wesentlich seltener aufgetreten. Seit ihrem Geburtstag, um genau zu sein. Oh, er war nicht wütend auf sie oder dergleichen, nein, er schien irgendwie abgelenkt zu sein. So als würde ihn ein ernstes Problem beschäftigen.
Einmal hatte sie ihn danach gefragt, als die Furchen auf seiner Stirn besonders tief waren. Aber seine Antwort war wenig aufschlussreich gewesen. „Ach, es ist nur der Markt. Nur der Markt. Das wird schon wieder, es wird immer wieder gut. Alles läuft in Zyklen.“
Eine Weile machte sie sich große Sorgen um ihren Vater. Aber dann standen ihre Examensprüfungen an und nahmen Julie voll und ganz in Anspruch. Anschließend folgte eine Collegefahrt nach Wien. Zuerst war ihr Vater zwar zusammengezuckt, als er hörte, wie viel diese Reise kosten würde, aber trotzdem überreichte er seiner begeisterten Tochter einen großzügigen Scheck.
Und Julie genoss jede Minute dieser ganzen Unternehmung. Sie konnte nicht umhin, für einen immensen Aufschlag noch eine Exkursion nach Salzburg zu unternehmen, und das war es wert gewesen. Als Dank brachte sie ihrem Vater eine riesige Schachtel Mozartkugeln mit. Edward Granton war noch immer in seiner abweisenden Stimmung, bemühte sich aber trotzdem, dem ausführlichen Reisebericht seiner Tochter zu folgen. Aber sobald es ging, verabschiedete er sich in sein Arbeitszimmer.
„Ich muss ein paar Telefonate führen, Liebes.“ Sie bekam ihn den ganzen Abend lang nicht mehr zu Gesicht.
Es war ungewöhnlich, dass er so bereitwillig auf Julies Gesellschaft verzichtete, also versuchte sie am nächsten Tag beim Frühstück, den Dingen auf den Grund zu gehen.
„Du sollst dir nicht den Kopf über Angelegenheiten zerbrechen, mit denen du eigentlich gar nichts zu tun hast“ , beruhigte er sie. „Im Geschäftsleben gibt es eben Höhen und Tiefen, das ist ganz normal. Im Augenblick ist jeder betroffen, das liegt an der Rezession. Mehr ist da nicht dran.“
Das war alles, was sie ihrem Vater entlocken konnte. Allerdings hatte er auch nie zuvor mit ihr über seine Geschäfte gesprochen. Julie hatte nicht einmal eine genaue Vorstellung davon, womit sein Unternehmen Geld erwirtschaftete. Besitz, Finanzierungen und irgendetwas in Bezug auf die Stadt … Manchmal nahm sie sich vor, mehr über die Firma ihres Vaters zu erfahren. Andererseits wusste Julie genau, dass es ihm nicht recht war. Edward Granton war mit Leib und Seele Vater, aber auch einer von der ganz alten Schule. Ihm war es lieber, wenn sich seine Tochter mit Kunst und Musik beschäftigte und die Finger von den sogenannten Männersachen ließ. Sie hatte nur etwas mit seiner Firma zu tun, wenn er von Zeit zu Zeit Geschäftspartner zum Essen einlud und Julie als Gastgeberin fungierte – so wie sie es seit ihrer Jugend tat.
Nachdenklich lief Julie weiter, bis sie das Ende des Parks erreicht hatte. Hier waren die Straßen ruhig und von blühenden Bäumen gesäumt. Tief atmete Julie den frischen Duft ein, während sie den Bürgersteig hinaufspazierte. Bevor sie die Straße überquerte und den Weg einschlug, der zum Haus führte, zögerte sie kurz und sah in den strahlend blauen Himmel hinauf.
Es gab wenig Verkehr um diese Uhrzeit, und Julie wollte gerade den Bürgersteig verlassen, nachdem sie einen schweren Blütenzweig zur Seite geschoben hatte, als sie das Röhren eines lauten Motors vernahm. Neugierig drehte sie sich zur Seite und riss die Augen auf.
Flach, schnittig und rabenschwarz mit einem glänzenden weltberühmten Logo vorn an der Motorhaube. Aber es war nicht das Cabriolet, das ihre Aufmerksamkeit erregte. Es war der Fahrer.
Ihre Lippen teilten sich. Wow! Dieser Mann war der Inbegriff von cool . Haare, so
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