Julia Extra Band 0330
was er von einer festen Freundin erwartete. Was er auch von Julie gewollt, aber nicht bekommen hatte. Daher die Trennung.
Nie im Leben hätte sie ihr erstes Mal an jemanden wie Joel verschwendet. Er war nur mit ihr ausgegangen, um sie ins Bett zu bekommen. Für ihn war sie nichts Besonderes, nur eine weitere Eroberung.
Aber so würde ihre erste erotische Erfahrung nicht werden! Es sollte etwas ganz Einzigartiges, Atemberaubendes sein! Etwas wirklich, wirklich Besonderes!
Plötzlich dachte sie wieder unwillkürlich an den Geschäftspartner ihres Vaters, und sie blinzelte nervös. Ihr Verstand legte zwei Vorstellungen aufeinander und verband sie zu einer Einheit.
Etwas wirklich Besonderes.
Und Nikos Kazandros.
Hastig trat sie vom Spiegel zurück. Nein, das war absurd!
Schließlich hatte sie ihn gerade erst kennengelernt und lediglich wenige Minuten in seiner Gesellschaft verbracht. Und jetzt kam sie auf die wildesten Ideen!
Unwillkürlich wurden Julies Wangen brandrot, und sie taumelte noch ein paar Schritte rückwärts. Das war doch alles lächerlich! Trotzdem warf sie noch einen langen, prüfenden Blick auf ihr Outfit.
Ich habe wirklich alle Register gezogen, dachte Julie zufrieden.
Aber bei Nikos Kazandros musste eine Frau das einfach tun! Mit seinem umwerfenden Aussehen, einmal abgesehen von dem Sportwagen und seinem offensichtlichen Reichtum – brauchte er keinen Finger zu rühren, um eine Schar Frauen zu gewinnen, die sich um ihn rissen. Erneut ergriff Julie die Abenteuerlust und sie trat wieder vor den Spiegel. Wenn sie Nikos heute nicht dazu brachte, zweimal hinzusehen, dann würde es ihr niemals gelingen.
Aber wenn er sie beachten sollte, was dann? fragte eine Stimme in ihrem Kopf. Ja, Nikos Kazandros war perfekt, und das zu zweihundert Prozent. Aber er war nur ihr Gast zum Essen, mehr nicht.
Dann sollte ich das Beste daraus machen, nahm Julie sich vor. Die Zeiger auf ihrer Uhr drängten Julie zum Aufbruch ins Esszimmer. Sie warf den Kopf zurück, schüttelte ein letztes Mal ihr Haar durch und verließ ihre Räume.
Von unten hörte sie die Stimme ihres Vaters, der sich nicht im Esszimmer, sondern im kleinen Salon befand. Die Tür stand weit offen, und Julie blieb mit stockendem Atem auf der Schwelle stehen. Sie war plötzlich unglaublich nervös.
Vielleicht ist er gar nicht so toll, wie ich ihn mir vorstelle, überlegte Julie. Möglicherweise bin ich sogar richtig enttäuscht, wenn ich ihn besser kennenlerne. Dann kommt mir seine Nase zu groß vor, die Augen stehen zu dicht zusammen, und wer weiß schon, wie viele Makel mir noch auffallen?
Allerdings war das nicht der einzige Grund, weswegen sie so nervös wurde. Es war auch das Gefühl, kurz davor zu sein, einen neuen Bereich des eigenen Lebens zu beschreiten. Absichtlich – während sie den Salon betrat – tat Julie nicht das, was ihre Instinkte ihr befahlen. Sie sah in voller Absicht eben nicht zu der großen, dunklen Gestalt hinüber, die ein Stück weiter neben einem Sessel stand. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie ihn sehr wohl, aber sie gestattete ihrem Blick nicht, dorthin abzuschweifen.
Ihr Vater begrüßte sie warmherzig, als wäre er über ihr Kommen erleichtert. Diese beunruhigende Vorstellung machte Julie nachdenklich. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste den alten Mann auf die Wange. Dann wandte sie sich an den Gast des Hauses.
„Mr Kazandros“, sagte sie mit einem Lächeln.
Im ersten Augenblick erwiderte er ihre Begrüßung nicht, sondern starrte Julie nur ausdruckslos an. Dann, so als wäre ein Schalter umgelegt worden, strahlte er sie an.
„Miss Granton.“ Seine knappe Verbeugung kam ihr etwas exotisch vor. Es erinnerte sie an die Gepflogenheiten in Wien, wo ihr alle Menschen ungewöhnlich formell erschienen waren.
Sie lachte leise. „Oh, bitte, nennen Sie mich Julie! Miss Granton klingt so furchtbar nach alter Jungfer.“
Etwas rührte sich in seinen Augen. „Wohl kaum“, entgegnete er trocken.
Aber sie schenkte seiner Antwort wenig Beachtung. Als sie beide sich begrüßten, war Julie sofort aufgefallen, dass sie sich ganz und gar nicht getäuscht hatte. Er war tatsächlich absolut atemberaubend, schön und erotisch. Wie kam Julie bloß auf den Gedanken, er könnte irgendwelche Fehler haben? Dieser Mann war einfach nur fantastisch!
Und vor allem war er kein unreifer Junge mehr, sondern ein Mann. Ein Mann, der durch die Welt gereist war, seine eigenen Geschäfte führte, unglaubliche Autos fuhr …
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