Julia Extra Band 0331
Verwandlung zu beobachten. Wie verzaubert schaute sie hinunter auf San Francisco und spürte eine Erregung, die sich in ihrem Inneren ausbreitete. Es war der Anblick dieser quirligen Stadt voller Leben, der sie so sehr faszinierte, dachte sie im ersten Moment. Doch dann wurde ihr klar, dass es Lucs Blick war, der sie so unbändig erregte. Er sah sie an, als betrachtete er sie zum ersten Mal. Sie schluckte.
„Du siehst wundervoll aus“, bemerkte er und trat zu ihr. Mit einer charmanten Geste nahm er ihre Hand und küsste sie zärtlich.
Schon diese kaum spürbare Liebkosung ließ sie erschauern. Und er spürte es, das erkannte sie an dem wissenden Ausdruck in seinen dunkelgrauen Augen.
Es ist die pure Lust, dachte sie, während sie versuchte, das aufflammende Begehren zu bekämpfen. Körperliche Anziehung, sonst nichts. Es hat nichts zu bedeuten. Weder Liebe noch Hexerei hatten sie in seinen Bann gezogen. Die Erklärung war ganz einfach. Er war ein Mann, der wusste, wie man Frauen verführte. Und sie hatte erst mit ihm ihre leidenschaftliche Seite entdeckt. Nur deshalb reagierte sie so heftig auf ihn.
Sie wünschte, sie würde das glauben.
„Danke für das Kompliment“, gab sie leicht zurück, obwohl in ihr ein Aufruhr tobte.
Mit einem Blick erfasste er ihre Erscheinung. Sie trug ein schlichtes schwarzes Kleid, das sich fließend an ihren Körper schmiegte. Das Haar hatte sie locker zu einem Knoten gesteckt und mit einer brillantenbesetzten Spange befestigt. Sie wirkte ausgesprochen elegant.
„Entschuldige, dass ich dich so lange allein gelassen habe“, fügte er hinzu und sah sie forschend an, als erkenne er den Kampf in ihrem Inneren, den sie so sehr vor ihm zu verbergen versuchte. „Manchmal gehen die Geschäfte leider vor, auch wenn ich am liebsten einen völlig ungestörten Urlaub mit dir verbringen möchte.“
Automatisch lächelte Gabrielle – obwohl sie ganz genau wusste, dass seine Worte nur ein Teil der Wahrheit waren. Luc störte es keineswegs, auch im Urlaub täglich mit Mitarbeitern und Geschäftspartnern zu telefonieren. Im Gegenteil, er brauchte das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben. Doch sie behielt diesen Gedanken für sich. Niemals würde sie ihm das Gefühl geben, ihn durchschaut zu haben. Er sollte sich in Sicherheit wähnen, nur dann hatte sie eine Chance, ihm ebenbürtig zu sein. Das durfte sie nicht vergessen. Warum nur war es manchmal so schwierig für sie, sich daran zu halten?
„Es ist jeden Abend ein unglaubliches Bild, wenn die Sonne hinter der Golden Gate Bridge untergeht“, schwärmte sie und lächelte ihm zu. Freundlich, höflich, charmant – alles nur schöner Schein, dachte sie bitter. „Wie könnte ich mich bei einem solch wunderbaren Naturschauspiel vernachlässigt fühlen?“
Prüfend sah er sie an. Immer, wenn sie etwas vor ihm verbarg, schien sich ein Schleier über ihre Augen zu legen. Das hatte er in den vergangenen Wochen häufig bemerkt. Ihr Lächeln war perfekt, ihre Antworten verbindlich, doch innerlich entzog sie sich ihm. Er hasste diese Momente.
„Es freut mich zu hören, dass eine turbulente Stadt und ein Sonnenuntergang mich problemlos ersetzen können“, meinte er trocken, während er ihren Blick suchte. Doch sie senkte die Lider und wich ihm aus. Als sie wieder zu ihm aufblickte, erkannte er, dass sie amüsiert war.
„War das ein Witz?“, wollte sie wissen.
„Ich mache keine Witze“, erwiderte er in ernstem Ton, und sie lachte.
„Hast du deine Geschäfte regeln können?“ Fast unmerklich trat sie einen Schritt zurück, als er näher rücken wollte.
Natürlich bemerkte Luc ihr Ausweichen, aber er ließ sich nichts anmerken.
„In Europa ist es schon spät, du solltest deinen Mitarbeitern endlich ihren Feierabend gönnen“, meinte sie mit einem Blick auf ihre goldene Armbanduhr.
„Du hast recht. Wenn sie ausgeschlafen sind, können sie morgen früh umso konzentrierter arbeiten.“
Schweigend verschränkte Gabrielle die Arme vor der Brust und zog ihren Schal enger um den Körper. Dann wandte sie sich um und betrachtete erneut das quirlige Treiben.
Luc aber nahm die Stadt zu seinen Füßen kaum wahr, er hatte nur Augen für seine Frau. Zu gern hätte er ihre Gedanken gelesen, ihre geheimsten Wünsche entdeckt. Sie hatte eine Macht über ihn, die keine andere Frau jemals erlangt hatte. Bisher hatten seine Begleiterinnen ihn nie sonderlich interessiert. Bei Gabrielle aber war das anders. Er wollte alles von ihr wissen, wollte
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