Julia Extra Band 0331
„Nur weil ich meine Vorbehalte gegen Beziehungen habe, heißt das nicht, dass du nicht nach dem streben solltest, was du willst, Jenny. Eine Frau wie du ist nicht dazu geschaffen, allein zu sein, das kann sogar ein Blinder sehen.“
Er kam näher und legte den Arm um ihre Taille. Dann küsste er sie sanft auf den Mund, und dieser kleine, zärtliche Kuss, der bereits nach Abschied schmeckte, tat so weh, als würde Jennys Herz in zwei Stücke gerissen.
„Wer könnte dir nicht wünschen, dass all deine Träume wahr werden?“ Sacht fuhr Rodrigo mit dem Zeigefinger über eine Locke, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatte. „Ich bin jetzt schon neidisch auf den Mann, der dich einmal bekommt. Und wenn er klug genug ist zu erkennen, in was für einen Engel er sich verliebt hat, wird er dich nie wieder loslassen.“
„Und du, Rodrigo?“ Der Schmerz schnürte ihr die Kehle zu, sodass ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern war. „Bist du absolut sicher, dass du meine Liebe und Fürsorge nicht willst?“
„Ich verdiene beides nicht, Jenny, und das sage ich nicht aus Selbstmitleid. Letztendlich bin ich einfach zu selbstsüchtig, um das Wohlergehen einer anderen Person vor mein eigenes zu stellen. Ich wollte, dass unsere Ehe funktioniert, das musst du mir glauben, aber etwas in meiner Struktur hat nicht zugelassen, dass ich dir den Platz in meinem Leben einräume, den du verdient hättest. Ich habe dich schon einmal verletzt, querida mía . Lass es mich nicht ein zweites Mal tun.“
Offenbar war er wild entschlossen, an seinen destruktiven Überzeugungen festzuhalten.
Plötzlich konnte Jenny seine körperliche Nähe nicht länger ertragen. Sanft, aber bestimmt befreite sie sich aus seinem Griff und ging wie in Trance zum Tisch. Als sie sich hinsetzte, spürte sie, wie ihr Cozette um die Beine strich, aber sie war zu aufgewühlt, um sie wie sonst auf den Schoß zu nehmen.
„Du behauptest, der Mann, mit dem ich die letzten Tage verbracht habe, sei zu egoistisch, um sich um andere zu kümmern“, begann sie in einem letzten Versuch, zu ihm vorzudringen. „Ich glaube, ich benötige da etwas Aufklärung, da diese Aussage mich ernsthaft verwirrt. Dieser Mann hat nämlich nächtelang auf einem harten Stuhl neben meinem Bett gesessen, obwohl eine Tür weiter ein bequemes Bett auf ihn wartete. Er hat mich alle zwei Stunden mit lauwarmem Wasser abgerieben, um mein Fieber zu senken. Er hat für mich gekocht, mir das Haar gewaschen und mich getröstet, wenn ich schlecht geträumt habe. Und um das tun zu können, hat er mehrmals einen wichtigen geschäftlichen Termin verschoben, obwohl er angeblich nur für seine Arbeit lebt. Ich weiß nicht, wie du das siehst, aber für mich tut sich da ein gewisser Widerspruch auf.“
Noch bevor Rodrigo antwortete, wusste er, dass er im Begriff war, zum zweiten Mal das Wertvollste, das er je besessen hatte, mit Füßen zu treten. Er verachtete sich schon jetzt dafür, aber er wusste nicht, wie er sich sonst aus seiner Zwangslage befreien sollte.
„Zunächst möchte ich dich daran erinnern, dass das Unwetter der Grund für meine erste Terminverschiebung war“, teilte er ihr mit ausdrucksloser Miene mit. „Dass ich es wegen deiner Krankheit ein zweites Mal getan habe, lag schlicht und einfach daran, dass wir uns in einer Ausnahmesituation befanden. Normalerweise hätte ich meine beruflichen Notwendigkeiten an die erste Stelle gesetzt, aber du hattest hohes Fieber, und es gab niemanden, den ich hätte anrufen und hierherbitten können, um deine Pflege zu übernehmen. Unter diesen Umständen konnte ich ja wohl schlecht einfach verschwinden und dich deinem Schicksal überlassen.
Und bevor du mich jetzt fragst, warum ich keinen ambulanten Pflegedienst eingeschaltet habe, muss ich dir leider gestehen, dass ich genau das getan hätte, wenn inzwischen nicht wieder die alte Anziehung zwischen uns aufgeflammt wäre. Ich bin auch nur ein Mensch, Jenny, und bekanntermaßen ist Sex eine ebenso große Verlockung wie Macht und Geld.“
Eine Weile saß Jenny ganz still da und betrachtete ihre auf dem Tisch zusammengefalteten Hände. Schließlich hob sie den Kopf und sah ihn mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und abgrundtiefer Traurigkeit an. „Ist das alles, was es dir bedeutet hat? Eine günstige Gelegenheit, um an Sex zu kommen? Ich traue dir zwar eine Menge zu, Rodrigo, aber so abgebrüht kannst selbst du nicht sein.“
Er presste die Lippen zusammen. „Ich will nur, dass du die
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