Julia Extra Band 0331
seinen um Verständnis bittenden Blick. „Und trotzdem gehst du ohne die leiseste Andeutung, dass wir uns irgendwann einmal wiedersehen?“
„Ich würde dich liebend gern wiedersehen“, beteuerte er, „aber du weißt, wie verrückt mein Zeitplan ist, und wie viel ich auf Reisen bin. Ich möchte dir einfach keine Versprechungen machen, die ich nicht halten kann.“
„Schon gut, Rodrigo, mach dir keine Gedanken darüber. Wir hatten trotz meiner Krankheit eine schöne Zeit zusammen, und was mich betrifft, gehen wir als Freunde auseinander.“
Denn das war es doch, was er hören wollte, oder?
Zur Antwort hauchte er einen sanften Kuss auf ihre Wange. Dann steckte er die Kreditkarte in seine Brieftasche zurück, schob den Umgebungsplan, den Jenny ihm gegeben hatte, in seine Manteltasche und griff nach seinem Koffer.
„ Adiós , meine schöne Jenny“, sagte er rau. „Ich hoffe, dass du mir eines Tages verzeihen kannst.“
Dann war er fort.
9. KAPITEL
Bei ihrer Rückkehr nach London erwartete Jenny eine angenehme Überraschung. Die Versicherung hatte endlich ihre Schadensmeldung bezüglich des abgebrannten Hauses bearbeitet, und die Summe, die man ihr als Entschädigung zugestanden hatte, übertraf bei Weitem ihre Erwartungen.
Diese Nachricht war seit Langem der erste Lichtblick in ihrem Leben. Nachdem Tims Abfindung und die Gerichtskosten ihre gesamten Ersparnisse verschlungen und sie fast in den Bankrott getrieben hatten, hatte sie nun die Chance, einen echten Neuanfang zu machen. Sie würde ihr billiges, unpersönliches Apartment aufgeben und sich wieder ein gemütliches Heim schaffen. Das restliche Geld würde sie beiseitelegen und sich eine kleine Auszeit nehmen, um in Ruhe zu entscheiden, ob sie ihr Inneneinrichtungsstudio weiterführte oder etwas ganz Neues anfing.
Es war eine große Erleichterung, mit einem Schlag alle finanziellen Sorgen los zu sein. Endlich hatte sie die Möglichkeit, ihr Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Dennoch konnte Jenny keine echte Freude darüber empfinden.
Nichts konnte sie dafür entschädigen, dass Rodrigo zum zweiten Mal aus ihrem Leben verschwunden war. Jeden Morgen wachte sie mit dem Gedanken auf, dass sie ihn wahrscheinlich nie wiedersehen würde, und versank in einem Meer aus Trostlosigkeit. Als sie mit ihm zusammen gewesen war, hatte sich alles so intensiv angefühlt. Jetzt fühlte sie nichts.
Nicht einmal die Tatsache, dass ihre Periode schon seit über einer Woche überfällig war, konnte Jenny aus ihrer Lethargie reißen. Als sie mit Rodrigo geschlafen hatte, war sie noch im ersten Drittel ihres Zyklus gewesen. Es war also ausgeschlossen, dass sie schwanger war.
Am zehnten Tag rang sie sich endlich dazu durch, einen Test zu machen, und war wie vom Donner gerührt, als er positiv ausfiel. Das Ereignis, von dem sie immer geträumt hatte, war nun tatsächlich eingetreten. Nur, dass die Umstände ganz anders waren, als in ihren romantischen Fantasien.
Natürlich musste sie es Rodrigo sagen.
Langsam ließ Jenny sich auf den Badewannenrand sinken und betrachtete die zwei rosa Linien auf dem Teststreifen. Sie glaubte nicht, dass sie das Entsetzen in seinem Gesicht ertragen würde, wenn sie ihm mitteilte, dass er Vater wurde, aber es half nichts. Er hatte ein Recht darauf, es zu erfahren.
Am folgenden Tag ging sie zu einer Reiseagentur und buchte einen Flug nach Barcelona.
„Entschuldigen Sie bitte, aber sind Sie nicht auch am Dienstag hier angekommen?“
Jenny, die auf der sonnenüberfluteten Hotelterrasse vor sich hin gedöst hatte, öffnete die Augen und erblickte einen etwa fünfzigjährigen, spindeldürren Mann
„Ich bin Dean Lovitch“, stellte er sich mit einem strahlenden Lächeln vor, das eine Reihe unwahrscheinlich weißer Zähne unter einem sorgfältig getrimmten Schnurrbart entblößte. „Und das ist meine Frau Margaret …“ Er legte den Arm um die Schulter seiner molligen Begleiterin, die er um gut dreißig Zentimeter überragte. „Wir haben Sie bei unserer Ankunft mit Ihrem Gepäck an der Rezeption stehen sehen, aber Sie waren so tief in ihre Gedanken versunken, dass wir es nicht gewagt haben, Sie anzusprechen. Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir uns zu Ihnen setzen? Die anderen Tische sind alle besetzt.“
Jenny zögerte einen Moment, dann gab sie sich einen Ruck und machte eine einladende Handbewegung. „Natürlich nicht. Bitte nehmen Sie doch Platz.“ Ihr Rückflug ging erst in zwei Wochen, sodass sie noch reichlich
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