Julia Extra Band 0331
Gelegenheit haben würde, über ihr weiteres Leben nachzudenken. Außerdem wurde es langsam Zeit, wieder aus ihrem Schneckenhaus herauszukommen, und die beiden hatten genau die Art von Gesichtern, zu denen man sofort Zutrauen fasste. „Ich bin übrigens Jenny Renfrew“, fügte sie lächelnd hinzu.
„Nett, Sie kennenzulernen, Jenny.“
Wenig später wusste sie, dass Dean und Margaret aus New Jersey kamen und drei erwachsene Kinder hatten, die jetzt alle „aus dem Nest geflogen“ waren, weswegen die beiden beschlossen hatten, endlich ihre seit Langem geplante Europareise zu machen.
„Wir haben übrigens gerade die Sagrada Familia besucht“, verkündete Margaret aufgeregt. „Sind Sie auch schon dort gewesen?“
„Sie meinen die unvollendete Kathedrale?“ Jenny nickte. „Ja, ich habe sie mir bei meinem letzten Aufenthalt hier vor zwei Jahren angeschaut, aber ich möchte unbedingt noch einmal dorthin. Bisher habe ich allerdings noch nicht viel unternommen, da ich mich etwas unwohlgefühlt habe.“
Ein mitfühlender Ausdruck trat in Margarets runde braune Augen. „Oh, das tut mir leid, meine Liebe. Aber das herrliche Wetter wird Sie sicher bald wieder auf die Beine bringen.“
„Sind Sie ganz allein hier, Jenny?“, erkundigte sich Dean, worauf augenblicklich Rodrigos ausdrucksvolles Gesicht vor Jennys innerem Auge auftauchte.
„Ja“, erwiderte sie und griff so hastig nach ihrem Wasserglas, dass sie es um ein Haar umgestoßen hätte.
Falls die beiden ihr plötzliches Unbehagen bemerkt hatten, ließen sie es sich jedenfalls nicht anmerken.
„Nun, hier scheint es ja keinen Mangel an gut aussehenden jungen Männern zu geben.“ Dean zwinkerte Jenny verschmitzt zu. „So hübsch wie Sie sind, werden Sie sicher bald ein Dutzend Verehrer haben, die Sie um eine Verabredung bitten.“
„Also wirklich, Dean“, ermahnte Margaret ihren Mann. „Du machst Jenny ja ganz verlegen.“
„Tut mir leid, Sweetheart.“ Er tätschelte seiner Frau liebevoll die Hand, dann schien ihm plötzlich eine Idee zu kommen. „Hey, wieso fragen wir unsere reizende kleine Freundin nicht, ob sie uns zum El Alivio begleiten möchte?“
„Zum El Alivio, sagten Sie?“ Jennys Herzschlag beschleunigte sich rapide.
„Ja, das ist ein exklusives Spa Hotel ganz in der Nähe“, klärte Dean sie unnötigerweise auf. „Es gehört einem hier ansässigen Multimillionär, und nach allem, was wir gehört haben, muss das Wellness-Angebot dort spektakulär sein. Margaret will sich dort unbedingt eine Massage geben lassen, aber ich werde mich mit einem schlichten Rundgang begnügen.“
Er sah Jenny erwartungsvoll an. „Na, wie wär’s? Hätten Sie nicht Lust, einmal zu sehen, wie die Reichen und Schönen leben?“
Schließlich konnte Jenny der Versuchung nicht widerstehen, die Lovitchs zu begleiten. Kaum hatte sie jedoch das klimatisierte Foyer des in der Sonne flimmernden Chrom- und Glaspalastes betreten, verwandelten sich ihre Beine in eine zittrige, puddingartige Masse. Was, wenn sie plötzlich Rodrigo über den Weg lief?
Natürlich wollte sie ihn sehen, schließlich war sie deswegen extra hierhergereist. Aber nicht so ungeplant, so … überfallartig . Sie hatte ihn anrufen und ihm ruhig und sachlich mitteilen wollen, dass sie in Barcelona sei und sich in einer wichtigen Angelegenheit mit ihm treffen müsse.
In den drei Tagen, die sie jetzt hier war, hatte sie schon mindestens zwanzig Mal seine Mobilnummer gewählt und jedes Mal beim ersten Freizeichen die Verbindung wieder unterbrochen. Ihr fehlte einfach noch der Mut, das Unvermeidliche endlich hinter sich zu bringen. Und nun konnte er jeden Augenblick um die Ecke biegen und würde sie in der Eingangshalle herumlungern sehen wie ein Groupie, das irgendeinem Rockstar auflauerte.
Sie musste vorübergehend geistig umnachtet gewesen sein, als sie die Einladung der Lovitchs annahm!
„Sie bieten hier sogar Führungen durch die verschiedenen Wellness-Bereiche an“, riss Deans Stimme sie aus ihren Gedanken. „Soll ich mal nachfragen, ob gerade jemand Zeit hat?“
Ehe Jenny oder Margaret zu einer Antwort ansetzen konnten, steuerte er bereits auf die Rezeption zu. Kurz darauf kehrte er mit einer schlanken, schwarzhaarigen Schönheit zurück, die sich als „Rosita Alvaro Crespo, Management-Trainee im zweiten Jahr“ vorstellte.
Sie folgten der glutäugigen Rosita zu einer elegant geschwungenen Freitreppe, vorbei an modernen Marmorskulpturen, üppigen Orchideenarrangements und
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