Julia Extra Band 0332
ganz allein. Dein Mut und deine Stärke sind bewundernswert.“
„Mut und Stärke? In diesem Licht habe ich mich noch nie gesehen, aber es stimmt. Ohne diese Eigenschaften hätte ich mich wahrscheinlich aufgegeben, und das habe ich nicht getan. Ich habe nach vorn geschaut und gekämpft, sonst stünde ich auch nicht hier. Ich bin jung und habe das Leben noch vor mir. Was ich in Zukunft auch tue, ich möchte mit Leib und Seele dabei sein. Ich glaube, genau das habe ich in den letzten Jahren falsch gemacht, ich habe stets einen Teil von mir geleugnet, etwas unterdrückt oder zurückgehalten. Damit ist jetzt Schluss. Ich habe lange genug getrauert, ab jetzt werde ich hoffnungsvoller und zuversichtlicher sein.“
„Wenn jemand dazu in der Lage ist, dann du, Maya.“
„Brad?“
„Ja?“
„Vielen, vielen Dank.“
„Für was?“
„Fürs Zuhören.“
Brad schluckte. Ihre Dankbarkeit war ihm unangenehm, seiner Meinung nach hatte er sie nicht verdient.
„Solltest du auch einmal jemanden brauchen, der dir zuhört, bin ich immer für dich da, Brad.“ Ernst sah sie ihn an.
Er hielt ihrem Blick stand, erwiderte jedoch nichts.
„Ich möchte nicht zudringlich sein, Brad, aber manchmal habe ich das Gefühl, auch in deiner Vergangenheit gibt es etwas, das dir immer noch zu schaffen macht. Du versuchst, es dir nicht anmerken zu lassen, du gibst dich selbstsicher und der Erfolg scheint dir recht zu geben – trotzdem … Hat es … hat es auch etwas mit deiner Familiengeschichte zu tun?“
Die Erinnerungen an die Kindheit legten sich wie ein Schatten auf sein Gemüt. „Ein anderes Mal“, antwortete er mühsam. „Wenn es sich ergibt, werde ich vielleicht mit dir darüber sprechen.“
Er sah den Zweifel in ihren Augen, der durchaus berechtigt war. Würde er es je über sich bringen, über seine Familie zu reden, über seine Angst, auch ein Tyrann wie sein Vater zu werden? Verdrängung war in diesem Punkt schon zu seiner zweiten Natur geworden. Kein Wunder also, dass er noch nie über seine Probleme gesprochen hatte.
In Wahrheit besaß Maya weitaus mehr Mut als er. Sie war bereit, sich den dunklen Erinnerungen zu stellen, die sie hin und wieder überfielen. Sie hatte sich sogar vorgenommen, Frieden mit der Vergangenheit zu schließen und der Zukunft ins Auge zu blicken. Für sich selbst dagegen sah er nur die eine Möglichkeit, nämlich seine Gefühle in die Schriftstellerei einfließen zu lassen und sich auf diese Art mit ihnen auseinanderzusetzen. Wahrscheinlich würde er sein Leben lang allein bleiben, weil er nicht fähig war, seine Ängste jemandem anzuvertrauen.
Als Konsequenz daraus würde er sich niemals auf eine ernsthafte und auf Dauer angelegte Liebesbeziehung einlassen. Ein solcher Schritt wäre von vornherein zum Scheitern verurteilt. Welche Frau würde auch einen Mann lieben können, der von seinem Vater einen Hang zur Gewalttätigkeit geerbt hatte?
Auf alle Fälle musste er Maya vor einem Typen, wie er einer war, schützen. Wenn jemand genug Traumatisches erlebt hatte, dann sie.
War es nicht schon unverantwortlich und egoistisch von ihm gewesen, sie zu verführen? Sie hatte einen besseren Mann als ihn verdient, jemanden, der es nicht nur auf Sex abgesehen hatte und sich nach einer kurzen und leidenschaftlichen Affäre ungerührt von ihr verabschiedete. So sehr er Maya auch mochte und sie verwöhnen wollte, es konnte niemals mehr als ein Verhältnis auf Zeit sein.
Aus dem, was sie ihm über ihren Ex erzählt hatte, hatte er Schmerz und ihre Enttäuschung herausgehört. All ihre Hoffnungen auf eine glückliche Zukunft waren grausam zerschlagen worden. Eine Episode mit ihm würde sie nur in ihrem Vorurteil bestärken, Männer seien rücksichtslose Egoisten.
Wie von selbst glitten seine Hände über den glatten, glänzenden Stoff ihres Kleides bis auf die Hüften. Was sollte er nur tun? War es nicht unverantwortlich, es zu weiteren Intimitäten kommen zu lassen? Trotz seiner Bedenken zog er sie enger an sich.
Maya raubte ihm den Verstand, allein ihr Duft war unwiderstehlich. Trotz aller Skrupel begehrte er sie genauso heftig wie beim ersten Anblick. Zärtlich küsste er ihr die Wange.
„Lass uns ins Bett gehen, Maya. Dadurch wird die Vergangenheit nicht ausradiert, aber vielleicht kannst du sie dann leichter vergessen … Ich möchte dich lieben … Ich brauche es mehr als alles andere auf der Welt …“
Maya zögert nur den Bruchteil eines Augenblicks, dann reichte sie Brad die Hand und
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