Julia Extra Band 0332
Badezimmer. Sie schminkte sich ab, wusch sich das Gesicht und putzte die Zähne. Zum Schluss cremte sie sich ein, und nahm dann die Nadeln aus dem Haar und band es zu einem lockeren Pferdeschwanz.
Geh zu Bett und schlafe endlich, wies sie sich selbst an.
Eine ganze Weile noch wurde sie von Bildern heimgesucht. Das letzte, an das sie sich erinnerte, war, wie es sich anfühlte, in Raúls Armen zu liegen. Dann endlich schlief sie ein, und musste erst einmal an nichts mehr denken.
7. KAPITEL
Giannas heimlicher Wunsch, dass Raúl bald nach Madrid zurückkehren möge, ging nicht in Erfüllung. Auch an diesem Tag frühstückten sie zusammen, bevor er sich in das Arbeitszimmer zurückzog, um dort ungestört bis Mittag zu arbeiten.
Am vierten Tag der ersten Woche des zweiwöchigen Aufenthalts kündigte Teresa die bevorstehende Ankunft einiger Familienmitglieder an.
„Sie wohnen ein paar Tage bei meiner Tante Rosita in deren Apartment in Palma. Ich habe sie für heute Mittag zum Lunch eingeladen.“
Es handelte sich um Teresas Schwester Emilia und ihren Mann Jorge, deren erwachsene Kinder Pablo und Christina und eben um Tante Rosita. Mit Teresa und Gianna waren sie also zu siebt … acht, korrigierte Gianna, als Raúl sich um die Mittagszeit zu ihnen gesellte.
Es wäre unmöglich gewesen, wenn sie ihn offensichtlich ignoriert hätte, also tat sie es auch nicht.
„Teresa hat mir erzählt, dass du eine sehr erfolgreiche Boutique betreibst“, sprach Emilia sie höflich an.
„Ja.“ Gianna lächelte. „Es ist eine Geschenkboutique. Von venezianischem Glas über Schalen bis hin zu sehr besonderen Seifen und Kerzen ist alles im Angebot.“
„Und es liegt in einem Touristenzentrum, habe ich gehört?“
„Es stimmt natürlich, dass die Gold Coast ein begehrtes Reiseziel ist“, gab Gianna zu. „Doch es ist auch eine aufstrebende Großstadt mit stetig wachsender Einwohnerzahl, gigantischen Gebäuden und teuren Villen mit Meerblick, attraktiven Stränden, Einkaufszentren und Themenparks.“
„Wie ist denn das Klima dort?“, fragte Pablo nach, der etwa in Giannas Alter war.
„Subtropisch“, klärte sie ihn auf. „Lange Sommer und kurze milde Winter.“
„Lebt deine Familie auch dort?“
„Mein Bruder Ben lebt mit seiner Familie in Sydney.“
„Deine Eltern auch?“, fragte Raúls Tante.
„Giannas Mutter ist leider schon vor einigen Jahren verstorben“, erklärte Raúl. „Ihr Vater hat noch einmal geheiratet und ist nach Paris gezogen.“
„Ich verstehe.“
Gar nichts verstehst du, dachte Gianna. Wer kann den Tod der geliebten Mutter nachvollziehen, wenn der Vater danach eine andere Frau heiratet und mit ihr ans andere Ende der Erde geht? Damals hatte sie das Gefühl gehabt, er lasse sie im Stich … was im Rückblick natürlich nicht ganz korrekt war. Ihr Vater hatte Ben und Gianna das Haus zu gleichen Teilen vermacht. Ben war damals bereits Anwalt mit ausgezeichneten Karriereaussichten gewesen, während sie Betriebswirtschaft studierte und einen Studentenjob hatte.
Gemeinsam hatten Ben und Gianna das Haus für drei Jahre bewohnt. Dann hatte Ben Eloise geheiratet und seiner Schwester ihre Haushälfte abgekauft. Gianna hatte von dem Geld eine Wohnung erworben und eine Freundin mit einziehen lassen, um die Kosten zu teilen.
Diese Freundin hatte ihr auch Madrid als Urlaubsort empfohlen … wobei sich dann dieser Urlaub zu einem längeren Aufenthalt entwickeln sollte. Gianna hatte eine zeitlich befristete Stelle bei einem von Bens Kollegen in Madrid angeboten bekommen.
Dadurch hatte sie auch Raúl kennengelernt. Es war bei einer Veranstaltung gewesen, die sie auf Bitten ihres Arbeitgebers besucht hatte. So kitschig es auch klingen mochte, ihr Blick hatte sich quer durch den Saal in Raúls intensiven Blick versenkt, und sofort war sie wie hypnotisiert gewesen. Ihr war auch gleich klar, dass sie sich, wenn sie sich mit ihm einließe, in gefährliches Gewässer begeben würde.
Zuerst hatte er ganz cool gewirkt, sie dann aber sehr schnell mit seinem umwerfenden Charme für sich gewonnen. Damit hatte er das Fundament gelegt , dachte sie. Seine erotische Ausstrahlung hatte sie angezogen, und sie war versucht gewesen, sie zu erforschen. Gleichzeitig jedoch war ihr bewusst gewesen, dass das ihren völligen Untergang bedeuten könnte.
Doch ihre Bedenken erwiesen sich als unbegründet. Er warb so stürmisch um sie, dass sie schon bald bei ihm einzog. Und dieser Sinneswandel hatte sich als gut erwiesen,
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