Julia Extra Band 0332
kannte sich hervorragend mit Mode aus. Sie wusste nicht nur, was gerade in war und was nicht, sondern konnte selbst die geschicktesten Nachahmungen todsicher von den Originalen unterscheiden.
„Wir müssen uns unbedingt mal treffen.“ Christina beugte sich zu Gianna vor, nachdem sie alle bestellt hatten. „Ich habe ein göttliches Kleid in einer Hotelboutique entdeckt, das dir wunderbar stehen würde.“ In ihren Augen lag ein Ausdruck, der ankündigte, dass da noch mehr kommen würde. „Wir lassen uns im Schönheitssalon verwöhnen und gehen danach zusammen essen. Wie wär’s?“
Das klang verlockend. Doch vor allem wollte Gianna ja Zeit mit Teresa verbringen. Gerade wollte Gianna ablehnen, da schlug Raúl vor: „Warum treffen wir uns nicht an einem Nachmittag, während Teresa Siesta macht?“
„Eine gute Idee!“ Christina griff in die Tasche, holte einen Kalender heraus, blätterte darin herum und zückte einen Stift. „Wann?“
Gute Frage. Teresa hatte ein oder zwei geplante Mittagessen mit Freundinnen erwähnt und eine weitere Wohltätigkeitsveranstaltung, zu der die Familie Velez-Saldaña erscheinen sollte.
„Kann ich damit noch einmal auf dich zurückkommen?“, fragte Gianna.
„Aber sicher.“ Christina notierte eine Telefonnummer auf einer Karte und reichte sie Gianna. „Ruf mich an.“
Pablo verdrehte die Augen. „Du weißt, dass du was erleben kannst, wenn du nicht anrufst.“
„Jetzt übertreibst du aber“, widersprach seine Schwester.
„Tu ich das?“
„Man nennt so etwas Effektivität.“
„Oder Aufdringlichkeit.“
Christina und Pablo empfanden große Zuneigung füreinander, pflegten aber auch die typische Geschwisterrivalität, indem sie sich bei jeder Gelegenheit Wortgefechte lieferten wie dieses gerade.
Mittlerweile war das Essen serviert worden, das ganz vorzüglich schmeckte.
Raúl erwies sich als weltgewandter und zuvorkommender Gesprächspartner. Er verwickelte Pablo in eine Diskussion darüber, ob Real Madrid das bevorstehende Endspiel gewinnen würde. Christina gab ihre Ansichten dazu zum Besten, was Pablo zu der Bemerkung verleitete, Christina habe ein Auge auf einen der Spieler geworfen.
„Sehr romantisch“, fügte Pablo hinzu, nur um wortreich von seiner Schwester abgestraft zu werden. Doch das ignorierte er und fuhr ungerührt fort: „Sie sind sich auf einer Party begegnet. Sie sind schon miteinander ausgegangen, und er hat ihr Blumen geschickt.“
Christina beteuerte, dass sie sich ausschließlich ihrer Karriere widmen und Single bleiben wolle, was allgemeines Schmunzeln hervorrief.
„Willst du uns nicht seinen Namen verraten?“, wandte Gianna sich an Pablo.
„Wenn ihm sein Leben lieb ist, wird er das schön bleiben lassen“, erklärte Christina sofort.
Der Ober kam gerade rechtzeitig, um noch den Kaffee zu servieren, bevor sie zum Teatro Principal aufbrechen mussten.
Eine herausragende Vorstellung zog die Zuschauer in ihren Bann. Besonders die Stimme der weiblichen Hauptdarstellerin und ihr gefühlvolles Spiel berührten selbst die Unzugänglichsten.
In den Pausen zwischen den einzelnen Akten strömte das Publikum ins Foyer. Die gesellschaftliche Elite war hier versammelt und unterhielt sich untereinander.
„Raúl.“
Gianna wandte sich der Richtung zu, aus der das rauchige Schnurren kam, um festzustellen, ob die Stimme zum Aussehen der Frau passte.
Es war so.
Die Frau hatte eine Modelfigur, war exquisit gekleidet und juwelenbehängt. Sie hatte einen modischen Kurzhaarschnitt und dunkle Augen, in denen man unschwer erkennen konnte, was sie vorhatte.
„Rafaela.“ Raúl begegnete ihr mit Wärme oder sogar ein bisschen mehr.
„Hättest du auch nur ein Wort verlauten lassen, dass du heute Abend im Teatro bist, hätten wir doch nebeneinander sitzen können“, hauchte Rafaela.
„Wir sind hier als Gäste meines Cousins.“
„Wir, querido ?“
O bitte, tu nicht so, als ob ich unsichtbar wäre, dachte Gianna, während sie ein falsches Lächeln aufsetzte.
„Gianna.“
„Auch eine Verwandte, querido ?“
„Meine Frau.“
In Rafaelas Augen blitzte es kurz auf, sie hatte sich jedoch rasch wieder unter Kontrolle. „Die Ehe ist gescheitert, si ?“
„Das habe ich niemals behauptet.“ Raúls Stimme klang freundlich und doch schwang ein scharfer Unterton mit.
„Aber ich dachte …“, Rafaela ließ den Satz absichtlich unvollendet und schaute bedeutungsvoll.
„Ich möchte nicht weiter darüber sprechen.“
Dem musternden Blick
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