Julia Extra Band 0339
war seine Belustigung umgehend verflogen. Nach mehreren hässlichen Auseinandersetzungen hatte Morgan schließlich erkannt, dass sie keine Zukunft miteinander hatten, und schweren Herzens die Beziehung beendet.
Ihre Mutter, die immer so getan hatte, als würde sie Karl mögen, hatte die Nachricht von der Trennung mit einem erleichterten Seufzer und der Bemerkung quittiert: „Ich wünschte, du würdest endlich aufhören, nach einer Vaterfigur zu suchen, Darling. Das funktioniert sowieso nicht, und mir macht es entsetzliche Schuldgefühle.“
Ganz so entsetzlich konnten Louise McGuires Schuldgefühle allerdings nicht gewesen sein. Anstatt ihrer am Boden zerstörten Tochter über Weihnachten zur Seite zu stehen, hatte sie ihr ein Buch mit dem Titel Endlich Single! Der ultimative Ratgeber für ein glückliches Leben allein geschenkt und war dann wie geplant zu ihrem mehrmonatigen Selbstfindungsurlaub nach Thailand aufgebrochen.
Einige Tage lang hatte Morgan das Buch mit Nichtachtung gestraft. Dann hatte sie es an einem Abend, an dem es ihr besonders schlecht ging, schließlich doch aufgeschlagen, und von da an war es ihre Bibel.
Durch Endlich Single! hatte sie erkannt, dass nur sie allein wissen konnte, was gut und richtig für sie war. Und dass sie lernen musste, sich bezüglich ihres Wohlbefindens ganz auf ihre innere Stimme zu verlassen. Nicht auf die eines Mannes und schon gar nicht auf die ihrer Mutter.
Seit Morgan vor zweieinhalb Monaten in Canterbury angekommen war, traf sie ihre eigenen Entscheidungen, und sie liebte es! Sie konnte in ihrem eigenen kleinen Heim schalten und walten, wie es ihr gefiel. Sie kaufte die Lebensmittel ein, auf die sie Lust hatte, ohne befürchten zu müssen, dass jemand die Nase darüber rümpfte oder missbilligend bemerkte: Weißt du eigentlich, wie viel Zucker dieses Zeug enthält?
Genau wie Endlich Single! es versprach, hatte sich jeder einzelne Tag ihres unabhängigen Lebens als Abenteuer entpuppt.
Jedenfalls bis jetzt.
Denn als Nate Hathoway sich unvermittelt zu ihr umdrehte, wusste Morgan, dass sie den Begriff „Abenteuer“ umgehend neu definieren musste. Dieser Mann war zweifellos mit allen Facetten dieses Themas vertraut. Und er hatte ganz sicher nicht erst gestern beschlossen, ein unabhängiges Leben zu führen.
Unwillkürlich dachte Morgan an das berauschende Gefühl grenzenloser Freiheit, das sie beim Kauf ihres lila Samtsofas empfunden hatte, das Karl mit Sicherheit verabscheut hätte. Amelia Ainsworthy, die Autorin von Endlich Single!, hatte dem Thema „Möbel“ ein ganzes Kapitel gewidmet, und Morgan wusste, dass sie stolz auf sie gewesen wäre.
In diesem Augenblick jedoch, als Nate Hathoway sie im flackernden Schein des Feuers mit seinen unergründlichen dunklen Augen musterte, schien jener denkwürdige Akt der Befreiung plötzlich alle Magie verloren zu haben.
Mit seinen wie gemeißelt wirkenden Gesichtszügen – ausgeprägte Wangenknochen, gerade Nase, markantes Kinn und ein streng geschnittener und zugleich unglaublich sinnlicher Mund – war Cecilias Vater der mit Abstand attraktivste Mann, dem Morgan jemals begegnet war.
„Haben Sie das Schild nicht gelesen?“, fuhr er sie barsch an. „Dies ist ein Arbeitsplatz und kein Ausstellungsraum für neugierige Touristen.“
Seine Stimme klang rau, ungeduldig und verboten sexy. Als er das glühende Eisenstück, das er mit Hilfe einer schweren Zange in die Flammen gehalten hatte, auf einen Amboss legte, spürte Morgan, wie ihr ein prickelnder Schauer über den Rücken lief.
Ohne sie weiter zu beachten, griff Nate Hathoway nach einem Hammer und demonstrierte ihr seine beeindruckende Körperkraft. Angesichts der Mühelosigkeit, mit der er das Eisen seinem Willen unterwarf, stand Morgan wie benommen da und beobachtete fasziniert das Muskelspiel seiner starken, sehnigen Unterarme.
Endlich gelang es ihr, sich aus ihrem Trancezustand zu reißen. „Ich kann durchaus lesen, Mr Hathoway“, teilte sie ihm über den Lärm hinweg mit. „Außerdem bin ich keine neugierige Touristin, sondern Cecilias Lehrerin.“
Er hielt abrupt in der Bewegung inne und presste die Lippen zusammen. Nach einigen Sekunden hob er langsam den Kopf und musterte sie mit einem Gesichtsausdruck, den Morgan nur als feindselig interpretieren konnte. „Dann sind Sie also Mrs McGuire“, stellte er fest, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder seiner Arbeit zuwandte. Nach einigen weiteren Hammerschlägen tauchte er das Eisenstück in einen
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