Julia Extra Band 0339
lächerlich wirken, aber hier sieht es gut aus. Es passt zu Ihnen.“
„Ich nenne meinen Stil Bohème-Schick“, teilte Morgan ihm mit und versuchte, sich ihre Freude nicht allzu deutlich anmerken zu lassen.
Er neigte leicht den Kopf zur Seite und betrachtete sie nachdenklich. „Mit dem Begriff ‚Bohème‘ würde ich Sie nicht unbedingt in Verbindung bringen. Dazu wirken Sie zu bodenständig und … konventionell auf mich.“
Bodenständig und konventionell! Warum sagt er nicht gleich „sterbenslangweilig“?
„Vielleicht habe ich ja eine versteckte Seite“, erwiderte Morgan spitz und reichte ihm den Hammer.
„Was soll denn das sein?“ Stirnrunzelnd betrachtete Nate das winzige Werkzeug. „Haben Sie den in einem Spielzeugladen gekauft?“
Plötzlich kam Morgan der Gedanke, dass eine Frau, die ihr Leben mit seinem verband, die klassische Rollenverteilung mögen musste. Sie würde die Möbel aussuchen, er die Werkzeuge. Sie würde kochen und er den Rasen mähen.
Verblüfft stellte sie fest, wie leicht sie sich auf diese Vorstellung einlassen konnte. Offenbar hatte ihre Kindheit sie doch stärker geprägt, als sie geglaubt hatte. Ihre Eltern hatten sich getrennt, als sie noch ein Kind war. Ihr Vater hatte bald darauf wieder geheiratet, und in seiner neuen Familie hatte Morgan sich immer wie ein Eindringling gefühlt. Sie glaubte zwar nicht, dass sie, wie ihre Mutter behauptete, auf der Suche nach einer Vaterfigur war, doch sie konnte nicht leugnen, dass sie einen tiefen Wunsch nach Geborgenheit hatte.
In einem versteckten Winkel ihres Herzens wünschte sie sich eine traditionelle Beziehung, so wie die Eltern ihrer besten Freundin sie geführt hatten. Wie sehr hatte sie Jennifer um die Stabilität ihres Zuhauses beneidet! Um die Harmonie, die dort herrschte, und das Gefühl absoluter Sicherheit.
Nach dem unrühmlichen Ende ihrer Beziehung mit Karl war Morgan jedoch zu dem Schluss gekommen, dass die heile Welt, nach der sie sich sehnte, so unrealistisch war wie die Märchen, die sie ihren Schülern so gern vorlas.
Dagegen stand das Leben, das sie jetzt führte, auf bedeutend solideren Füßen. Sie wusste, dass sie sich auf ihre eigenen Stärken verlassen konnte, und das hatte durchaus etwas Beglückendes.
Auch wenn es sich in der Gegenwart von Nate Hathoway, der kopfschüttelnd den winzigen Hammer in seiner großen, kräftigen Hand betrachtete, eher öde anfühlte.
4. KAPITEL
Nate hatte nicht damit gerechnet, welchen Effekt Morgans Haus auf ihn haben würde.
Es war ein richtiges kleines Nest. Hell und warm und geradezu unerträglich gemütlich. Aber er hatte ihr seine Hilfe ja förmlich aufdrängen müssen! Wegen ihres Errötens und weil er unbedingt den Macho spielen wollte, der lässig eine Arbeit erledigte, für die ihr als Frau das Know-how fehlte.
Und jetzt stand er in diesem bezaubernden Wohnzimmer mit dem lila Sofa und dem Spielzeughammer in seiner Hand und fühlte sich wie ein ungehobelter Hinterwäldler, der dringend ihr Know-how brauchte. Er sehnte sich plötzlich nach Dingen, die weich und schön anzusehen waren und die gut dufteten, und musste dabei unwillkürlich an sein eigenes Haus denken, aus dem mehr und mehr alles Feminine zu verschwinden schien. Bis heute war er noch der Meinung gewesen, seiner Tochter trotz des Verlustes ihrer Mutter ein einigermaßen erfülltes und befriedigendes Leben zu bieten, aber jetzt hatte er das Gefühl, seinen Job nicht halb so gut gemacht zu haben, wie er es sich eingebildet hatte.
„Alle Achtung“, sagte er und zwang sich, sich auf die Wand vor ihm zu konzentrieren. „Ich wusste gar nicht, dass so ein kleiner Hammer derartige Verwüstungen anrichten kann.“
„Es war keine Absicht.“
„Das ist bei Verwüstungen selten der Fall.“
Das durfte er in ihrer Nähe niemals vergessen. In seinem und Aces Leben hatte es schon genug unbeabsichtigte Zerstörung gegeben. Keiner von ihnen würde noch weitere Verluste ertragen können.
Vorsichtig beklopfte Nate die Wand und stellte fest, dass es dahinter offenbar mehrere große Hohlräume gab. „Hören Sie das? Es bedeutet, dass man hier auf keinen Fall einen Nagel einschlagen darf.“
Nate klopfte weiter und fand schließlich eine solide Stelle. „Wir könnten einen Kleiderhaken hier anbringen … und hier den anderen.“
Er erklärte ihr jede Kleinigkeit, um den Zauber abzuwehren, den sie auf ihn ausübte. „Wann immer Sie diesen festen Klang hören …“, erneut schlug er behutsam mit dem
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