Julia Extra Band 0339
Ihnen nicht mehr?“
Ganz im Gegenteil, sie gefielen ihr sogar viel zu gut! Morgan liebte es, die Finger über ihre makellos glatte Oberfläche gleiten zu lassen und sich dabei vorzustellen, dass es seine Hände waren, die sie erschaffen hatten.
„Daran liegt es nicht“, gestand sie ihm. „Ich habe schon mehrmals versucht, sie anzubringen, aber sie sind einfach zu schwer. Sie fallen immer wieder herunter, und mittlerweile sieht die Wand aus wie ein Schweizer Käse.“
Nate kniff die Augen zusammen. „Sie wissen, dass man sie mit Dübeln befestigen muss, oder?“
Morgan murmelte etwas Unverständliches und versuchte eifrig, einen nicht vorhandenen Kaffeefleck von der Tischplatte zu entfernen.
Eine Weile schaute Nate ihr interessiert dabei zu, dann fragte er sie unvermittelt: „Wie lange dauert die Probe eigentlich?“
Sie war ihm für den Themenwechsel überaus dankbar. „Ungefähr eine Stunde. Ich finde das für Sechsjährige zwar etwas lang, aber …“ Sie verstummte mitten im Satz, als er sich plötzlich über den Tisch beugte und sie so intensiv ansah, dass ihr fast die Luft wegblieb.
„Hätten Sie vielleicht Lust, ein bisschen Schule zu schwänzen, Frau Lehrerin? Der Kaffee hier ist einfach ungenießbar.“
„Wie …“ Morgan räusperte sich energisch, um ihre Stimme wieder freizubekommen. „Wie meinen Sie das?“
„Ich zeige Ihnen, wie man einen Nagel eindübelt“, erbot er sich, und seine Stimme klang dabei so verrucht, dass Morgan von Kopf bis Fuß erschauerte.
„Einen Nagel eindübeln …?“
„Ich finde, Sie sollten nicht länger durchs Leben gehen, ohne zu wissen, wie das geht.“
Es kam ihr vor, als würde ihr jemand systematisch die Luft abschnüren. Als sie in ihrem Bemühen, den nicht existierenden Fleck zu beseitigen, die Tischplatte fast durchgescheuert hatte, fügte er grinsend hinzu: „Das war ein Angebot, die Kleiderhaken für Sie aufzuhängen.“
„Sie wollen in mein Haus kommen?“
„Es sei denn, Sie wollen das von jemand anderem erledigen lassen.“
„Ich meine, Sie wollen jetzt in mein Haus kommen?“
In seinen Augen blitzte es diabolisch auf. „Es ist ja kein Herrenbesuch im üblichen Sinne, Miss McGuire.“
Ertappt! Natürlich bot er ihr lediglich einen Heimhandwerkerdienst an.
„Nun, in dem Fall“, erwiderte sie gestelzt, „nehme ich Ihr Angebot gern an.“
Zehn Minuten später war Morgan sich überdeutlich bewusst, wie schnell das Leben eine unerwartete Wendung nehmen konnte. Als sie heute Morgen aufgestanden war, wäre es ihr nie in den Sinn gekommen, dass Nate Hathoway sich noch am selben Nachmittag bei ihr zu Hause aufhalten würde. Eher noch hätte sie damit gerechnet, dass Santa Claus persönlich durch ihren Kamin gerauscht käme.
Aber gut, nun war er da – Nate natürlich, nicht Santa Claus –, und sie würde das Beste daraus machen.
Auch wenn Morgan jetzt schon wusste, dass sein Besuch dieses Haus für immer verändern würde. Dass sie von jetzt an immer das Gefühl haben würde, als ob etwas fehlte.
Jetzt ist aber Schluss! rief sie sich energisch zur Räson. Ihr Zuhause war genau richtig, so wie es war, und es gab nichts Wichtigeres als ihre Unabhängigkeit. Die Tatsache, dass ein Mann herkommen musste, um ihr zu zeigen, wie man etwas an die Wand nagelte, ohne dass es gleich wieder herunterfiel, bestätigte das nur.
Denn genau deswegen hatte sie Nates Vorschlag schließlich angenommen. Damit er sie in die Lage versetzte, solche Situationen in Zukunft auch ohne die Hilfe des starken Geschlechts zu bewältigen.
Moment mal, das stimmt aber nicht ganz, widersprach der Teil in ihr, der spürte, wie Nate Hathoway ihr kleines Reich mit seiner Präsenz ausfüllte und eine wohlige Atmosphäre von Sicherheit und Intimität erzeugte. Aber zum Glück erkannte Morgan, dass es nur ihr altes Ich war, das da aus ihr sprach. Die neue Morgan wusste, dass eine Frau sich auch ohne Mann vollständig und rundum zufrieden fühlen konnte.
Als sie mit dem Hammer aus dem Keller zurückkehrte, betrachtete Nate gerade ihr lila Samtsofa.
„Gefällt es Ihnen?“, fragte sie, obwohl sie die Antwort schon im Voraus wusste. Natürlich gefiel es ihm nicht, was ihr einmal mehr die Vorzüge des Alleinlebens vor Augen führte. Sie könnte, wenn ihr danach war, die Wände giftgrün streichen und mit rosa Punkten verzieren, ohne lange Diskussionen darüber führen zu müssen.
„Ja, ich mag es“, sagte er zu ihrer Überraschung. „In meinem Wohnzimmer würde es
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