Julia Extra Band 0339
Nachrichten. „Kein Anruf von Ace“, murmelte er erleichtert.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Morgan nicht einmal gewusst, dass er überhaupt ein Handy besaß, und das war nur einer der vielen Punkte, in denen er sich von Karl unterschied. Karl und sein Hightech-Handy waren eine so untrennbare Einheit gewesen, dass es ihr manchmal vorgekommen war, als würden sie eine Beziehung zu dritt führen.
Mit Nate Hathoway würde es nie so sein …
„Ich denke, ich hole sie jetzt trotzdem ab“, meinte er. „Der Samstag ist unser Tag, und wie du weißt, nimmt sie es in dem Punkt sehr genau.“
Morgan wollte ihn damit aufziehen, dass ihm dieses Mal wenigstens keine Einkaufstour bevorstand, aber sie konnte es nicht. Die Vorstellung, dass er gleich weg sein würde, ließ ihr die Kehle eng werden, sodass sie nur ein halbherziges „Okay“ herausbrachte.
Doch dann fragte er sie völlig unerwartet: „Hast du vielleicht Lust, den Tag mit uns zu verbringen? Ich habe Ace eine Fahrt mit dem Pferdeschlitten versprochen.“
Eine Fahrt mit dem Pferdeschlitten …
Es war genau die Art von Familienunternehmung, nach der Morgan sich ihre ganze Kindheit über gesehnt hatte. Obwohl ihre Mutter Jahr für Jahr das perfekte Weihnachten ausgerichtet hatte, waren diese Feste nie kindgerecht gewesen, sondern eher eine Inszenierung von Louise McGuires Kreativität und Einfallsreichtum. Nichts durfte angefasst oder gar verändert werden, und Aktivitäten außerhalb des Hauses waren verpönt, sodass Morgan sich in dieser Zeit ganz in ihre Fantasien zurückgezogen hatte.
Sie hatte von ausgelassenen Rodelpartien und Nachmittagen im Eislaufpalast geträumt. Und von Fahrten mit dem Pferdeschlitten! Dabei hatte sie sich jedes Detail so oft ausgemalt, dass sie nun das Bild in allen Einzelheiten vor sich sah: Sie, Nate und Ace in einem glänzenden, rot lackierten Schlitten – eng aneinandergeschmiegt und warm eingepackt in eine weiche Decke mit Schottenmuster. Nate hielt einen temperamentvollen Hengst am Zügel. Der Hengst schnaubte und wirbelte mit jedem Hufschlag den weißen Schnee auf, während die goldenen Glöckchen, die an seinem Zaumzeug befestigt waren, hell in der kristallklaren Luft klingelten.
„Ich würde liebend gern bei eurer Schlittenpartie dabei sein“, hörte Morgan sich angesichts dieser unwiderstehlich romantischen Szenerie sagen.
„Schön, dann hole ich dich in einer guten Stunde hier ab.“
Dann war er weg, und das war gut so, denn sie war nahe daran gewesen, die Augen zu schließen und ihm ihren Mund zum Abschiedskuss darzubieten.
„Du träumst, Morgan!“, rief sie sich streng zur Räson, als sie hörte, wie er seinen Wagen startete.
Sie hätte das Ganze tatsächlich für einen Traum halten können, wären da nicht die beiden Kleiderhaken an ihrer Wand und der aufgestellte, geschmückte Christbaum gewesen. Und selbst das wollte ein Teil von ihr als Produkt ihrer lebhaften Fantasie abtun, bis ihr Blick in den Spiegel fiel.
Ihr Haar stand seitwärts ab, und auf ihrer Wange prangte ein perfekter Abdruck von Nate Hathoways T-Shirt.
6. KAPITEL
„Und das ist Happy, Mrs McGuire.“
Ace tätschelte dem Shetlandpony energisch den Hals und küsste es auf die Nüstern. Ihre Lippen leuchteten in einem unnatürlichen Rot, als hätte sie literweise Himbeersaft getrunken.
„Du hattest recht mit dem Lippenstift“, hatte Nate Morgan zugeraunt, als er und Ace sie abgeholt hatten.
„Und du hattest unrecht bezüglich …“
„… allem anderen“, bekannte er. „Keine unangenehmen Vorfälle, welcher Art auch immer. Aber fordere mich nie wieder auf, zuzugeben, dass ich im Irrtum war. Das raubt mir meine Männlichkeit.“
Das Gefühl wachsender Entspanntheit zwischen ihnen hatte ihr einen wohligen Schauer über den Rücken gejagt, aber noch mehr hatte sie die unterschwellige Botschaft genossen, dass ihrer beider Leben jetzt irgendwie verbunden waren und dass es möglicherweise so bleiben würde. Auf jeden Fall hatte Nate sie zu der Farm seiner Schwägerin mitgenommen, was diese Verbindung quasi bestätigte.
Im Augenblick war er schwer damit beschäftigt, dem stämmigen, braunweiß gefleckten Pony ein Geschirr umzulegen, wofür er bis jetzt zwei Mal getreten wurde. Beide Male hatte Nate mit einem sehr unschönen Wort darauf reagiert und ihr dabei einen mutwilligen Blick zugeworfen, als wollte er sie herausfordern, ihn für seine Rüpelhaftigkeit zu tadeln.
Aber heute wollte Morgan keine Lehrerin sein. Sie wollte einfach
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