Julia Extra Band 0339
vorm Überkochen.
„Jemand ist Samstagnacht bei mir eingebrochen, genauer gesagt in mein Atelier. Aber das dürfte Ihnen ja nichts Neues sein“, fügte sie sarkastisch hinzu. „Sie …“
„Überlegen Sie gut, was Sie jetzt sagen!“ Er sprang auf und kam hinter dem Schreibtisch hervor.
Instinktiv trat Mary einen Schritt zurück. Die breitschultrige Gestalt in dem anthrazitgrauen Anzug hatte etwas Furcht Einflößendes – ein Eindruck, den das kantige Gesicht und die zu einer dünnen Linie zusammengepressten Lippen noch verstärkten. „Sie behaupten, jemand ist am Samstag, als Sie nicht zu Hause waren, in Ihrem Atelier eingebrochen?“
„Richtig. Aber das ist Ihnen ja bekannt.“
„Wenn Sie noch weiterhin darauf beharren, dann hoffe ich, Sie haben Beweise dafür.“ Drohend sah er sie an. „Nun?“
Sie schüttelte den Kopf. „Die Polizei hat nichts gefunden, was auf den Täter schließen lässt“, gab sie zu. „Aber das wundert mich nicht im Geringsten, dazu sind Sie und Ihre … Ihre Ganoven viel zu schlau.“
„ Mary !“
Beim Ton seiner Stimme und dem eisigen Blick in den blauen Augen blinzelte sie, doch weder das eine noch das andere konnte sie vom Gegenteil überzeugen. Nur er konnte es gewesen sein! Wenn nicht selbst, dann einer seiner Leute. Wer sonst? Wer hatte ein Interesse, in ein altes Lagerhaus einzudringen, das aussah, als würde es den nächsten Winter kaum überstehen?
Jonas beherrschte sich nur mühsam. Dass man bei Mary eingebrochen war, machte ihn ebenso wütend wie ihre Anschuldigungen. Was hätte nicht alles passieren können, wäre sie daheim gewesen oder hätte den Einbrecher auf frischer Tat ertappt?
„Wurde etwas gestohlen?“, fragte er knapp.
„Soweit ich feststellen konnte, fehlt nichts. Aber …“
„Ich schlage vor, wir beschränken uns erst mal auf Tatsachen.“
Mary musterte ihn argwöhnisch. „Wie Sie wollen. Als ich nach Hause kam, war im Atelier das Unterste zuoberst. Mein einziger Trost ist, dass die Gemälde alle in Sicherheit sind. In der Galerie“, fügte sie unnötig hinzu.
Jonas nickte. „Demnach ist Ihnen also kein reeller Schaden entstanden, oder?“
„Jemand ist in mein Heim eingedrungen!“, protestierte sie empört. „In meine Privatsphäre! Genügt Ihnen das nicht?“
„Ich verstehe, wie Ihnen zumute ist. Was ich meine, ist, es wurde nichts gestohlen, und Ihnen ist nichts passiert.“ Er lehnte sich an die Schreibtischkante. „Wenigstens haben Sie sofort die Polizei benachrichtigt.“
„Ich bin schließlich keine Idiotin.“
„Habe ich das behauptet?“
„Nein, aber mit Ihrer Bemerkung unterstellen Sie es. Wo ist der Unterschied?“ Frustriert schob sie die Hände in die Gesäßtaschen und lenkte so seine Aufmerksamkeit auf die runden Brüste unter dem anliegenden schwarzen Pullover. Und er hatte sie bei ihrer ersten Begegnung für ein unterentwickeltes Gör gehalten!
Sie war anders heute – weder Kind noch Femme fatale, sondern eine schöne junge Frau Ende zwanzig. Offenbar hatte Miss McCoys Persönlichkeit verschiedene Facetten, langweilen würde man sich mit ihr weiß Gott nicht.
Er seufzte. „Was sagt die Polizei?“
Sie zuckte die schmalen Schultern. „Sie vermuten, dass sich ein paar Halbwüchsige einen Spaß machen wollten.“
„Möglich wäre es …“
„Halbwüchsige brechen ein, um zu stehlen“, widersprach sie ungeduldig. „In meinem Wohnzimmer stehen ein Flachbildfernseher, ein Blu-ray-Player und Dutzende von CDs. Nichts davon wurde auch nur angerührt.“
„Die Täter – wenn es denn mehrere waren – hatten es also nur auf Ihr Atelier abgesehen.“
„ Nur ?“ , rief sie entrüstet. „Sie verstehen anscheinend überhaupt nichts, Mr Buchanan.“
Doch, er verstand. Er verstand nur zu gut. Nachdem er Marys Bilder gesehen hatte, bezweifelte er nicht, wie viel ihr das Atelier bedeutete. Es war das Zentrum ihrer Kreativität, hier übertrug sie ihre innersten Empfindungen auf die Leinwand. Die Zerstörung des Ateliers kam einem Mordanschlag auf ihre Seele gleich.
„Sie glauben also, dass ich dahinterstecke?“
Mary schwieg. Wenn nicht er, wer dann? Und warum? Kein einziger Wertgegenstand war gestohlen worden, in der Wohnung hatte man nichts angerührt. Wer immer es gewesen war, wollte sie mit dieser Tat mitten ins Herz treffen.
Sie biss sich auf die Lippe. So gesehen, kam Jonas Buchanan als Täter eigentlich nicht infrage. Er kannte sie kaum … Jedenfalls nicht gut genug, um Einblick in ihr
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