Julia Extra Band 0339
lassen.“
„Was Sie nicht sagen.“
Eine Falte erschien auf seiner Stirn. „Täusche ich mich, oder legen Sie es darauf an, mich zu provozieren, Mary?“
„Vielleicht.“ Sie lächelte.
„Warum?“
„Warum nicht? Es belebt die Unterhaltung.“
Nicht nur die Unterhaltung !
Mary McCoys Wirkung auf seine Anatomie war verheerend, und das Ergebnis machte ihm langsam zu schaffen. Auf weiteres „Beleben“ konnte er verzichten. Zum Glück kam der Kellner jetzt mit dem ersten Gang und sorgte dadurch für Ablenkung.
Was hatte er sich nur dabei gedacht, ihr mehr oder weniger ein Date vorzuschlagen? Der unerwartete Besuch heute Morgen und jetzt dieses Mittagessen mit ihr waren anstrengend genug. In Zukunft würde er sich, was das weibliche Geschlecht betraf, auf seine weit weniger aufregenden Blondinen beschränken!
Abrupt wechselte er das Thema. „Die Rezensionen in den Sonntagszeitungen nach der Vernissage waren sehr positiv“, bemerkte er, als sie wieder allein waren.
Sie nickte. „Besonders die Ihrer Cousine.“
„Amy versteht eine Menge von Kunst. Wenn sie schreibt, dass Ihre Gemälde gut sind, dann sind sie es.“
„Bevor ich hierherkam, habe ich kurz in der Galerie vorbeigeschaut. Es war ziemlich viel los“, meinte sie zerstreut. Sie konnte es immer noch nicht recht glauben, dass Jonas ein Date – denn anders konnte man es nicht nennen – angeregt hatte. Dass der Vorschlag spontan gewesen war und er ihn sofort bereute, änderte nichts an der Tatsache, dass er den Abend mit ihr verbringen wollte.
Nicht, dass sie darauf eingehen würde! Ihre Bekanntschaft mit ihm war rein geschäftlicher Natur. Privat fand sie ihn eher unsympathisch; trotz Charisma und seinem fantastischen Äußeren. Jonas Buchanan war nicht ihr Typ, dazu war er ihr viel zu arrogant. Er erinnerte sie an Thomas Connelly, den Kunstkritiker, für den sie nicht mehr als jemand zum Vorzeigen gewesen war.
Entschlossen spießte sie eine der leckeren, nach Knoblauch duftenden Garnelen auf und steckte sie in den Mund. Dabei hob sie den Kopf – und sah, dass Jonas ihr wie gebannt zuschaute. Seine Lippen waren halb geöffnet, die blauen Augen um einige Schattierungen dunkler als zuvor.
Mary fühlte sich plötzlich unbehaglich. „Möchten Sie mal probieren?“
Er blinzelte. „Probieren? Was probieren?“
Sie schluckte. „Eine Garnele. Sie sehen mich an, als hätten Sie Lust auf meine Garnele, und da …“ Sie verstummte.
Dem Himmel sei Dank, dass sie keine Gedanken lesen konnte! Ihre Garnelen interessierten ihn absolut nicht, nur diese vollen, sinnlichen Lippen. Er stellte sich vor, dass sie ihn damit verwöhnte, und spürte, wie ihm das Blut in den Kopf stieg.
Verdammt, was war nur mit ihm los?
Solange er zurückdenken konnte, hatte er Berufliches und Privatleben stets voneinander getrennt. Seit der Begegnung mit ihr brachte er die zwei Dinge bei jeder Gelegenheit durcheinander, mit dem Ergebnis, dass er den Zustand seiner Erregung nur dank des Tischtuchs verbergen konnte.
„Nein, danke“, lehnte er schnell ab. „Ich habe am Nachmittag noch mehrere Besprechungen.“
Gleichgültig zuckte sie die Schultern. „Dann eben nicht. Tun Sie, was Sie wollen.“
„Im Allgemeinen ist das meine Devise.“
„Glückspilz.“
Er zog die Brauen hoch. „Ihre etwa nicht? Ich dachte immer, Künstler sind Freigeister. Nicht nur beruflich, auch privat“, fügte er spitz hinzu.
Die Anspielung war deutlich genug – er hielt sie für einen Betthasen. Und obgleich er so von ihr dachte, hätte sie am liebsten laut gelacht. Tatsache war, dass Mary bisher mit keinem Mann geschlafen hatte.
Sie besaß zahlreiche Freunde und noch mehr Bekannte, mit denen sie oft und gern ausging, aber mit keinem war sie intim. Nach dem Fiasko mit Connelly hatte sie sich nur noch auf ihr Lebensziel konzentriert – eine erfolgreiche Künstlerin zu werden. Alles Übrige musste warten.
Sie legte die Serviette neben den Teller und stand auf. „Wenn Sie mich bitte entschuldigen würden …“
„Ich habe doch nichts Falsches gesagt, oder?“, fragte er leicht beunruhigt.
Sie lachte spöttisch. „Selbst wenn … Mit einem gewissen Bedürfnis hat das nichts zu tun.“
Nichtsdestoweniger plagte ihn sein Gewissen, als er allein am Tisch zurückblieb. Die Bemerkung, dass Künstler Freigeister sind, hätte er sich verkneifen sollen. Er kannte sie kaum, und dass er in ihrer Gegenwart so oft diese wunderbare Erregung verspürte, war schließlich nicht ihre Schuld.
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