Julia Extra Band 0339
will den Brustknochen haben, weil er angeblich Glück bringt.“
„Das alles klingt wundervoll.“
Mary schwieg. Eine merkwürdig intime Atmosphäre herrschte plötzlich im Raum, anders als sonst. Eine Art Zusammengehörigkeit, die sie wie ein Mantel einhüllte, warm und weich und sehr gefährlich …
Sie zog ihre Hand zurück und griff nach der Gabel. „Bestimmt gab es ab und zu Reibereien. Bei acht Leuten auf kleinem Raum ist das unvermeidlich. Aber an ernsthafte Streitereien kann ich mich nicht erinnern.“ Sie lächelte. „Vielleicht will ich das nur nicht …“
„Für Ihre glückliche Kindheit brauchen Sie sich doch nicht zu entschuldigen, Mary.“
„Das war nicht meine Absicht.“
„Wirklich nicht?“ Sein Ton war plötzlich schroff.
Ja, vielleicht hatte sie das getan, wenn auch unbewusst. Weil er dergleichen als Kind nie gekannt hatte. Weil ihr Herz deswegen für ihn blutete, auch wenn er ihr das nicht danken würde, sollte er es erraten. Impulsiv sagte sie: „Wenn Sie nichts Besseres vorhaben, können Sie gern …“ Abrupt schwieg sie, während ihr das Blut in die Wangen stieg.
Jonas musterte sie ungläubig. „Sie wollen mich doch nicht etwa einladen, Weihnachten diesmal mit Ihnen und Ihren Angehörigen zu feiern, Mary.“
Genau das hätte sie um ein Haar getan. War sie von allen guten Geistern verlassen? Jonas hatte nicht das geringste Verlangen, die Feiertage in einem kleinen Dorf auf dem Land zuzubringen, noch dazu mit einem Dutzend fremder Leute!
Scharlachrot im Gesicht, wich sie seinem Blick aus. „Oje, aus dem harmonischen Abend wird wohl wieder nichts …“
Aus schmalen Augen sah er zu ihr hinüber. Es war kein Irrtum, sie hatte beabsichtigt, ihn einzuladen. Die Frage war nur, warum? Weil sie mit ihm zusammen sein wollte? Oder aus Mitleid? Weil ihr der bloße Gedanke, jemand könnte an Weihnachten allein sein, so entsetzlich erschien? Aber ihr Mitgefühl konnte sie sich sparen.
Er presste die Lippen so hart aufeinander, dass sein Mund nur noch eine schmale Linie war. „Ich habe nie behauptet, dass ich die Festtage allein verbringe, Mary. Weder am Strand noch sonst wo.“
Die Röte verschwand ebenso schnell, wie sie ihr in die Wangen gestiegen war. „Das stimmt.“ Sie wandte sich ab. „Wie naiv von mir.“
Er hatte sie verletzen wollen, und das war ihm auch gelungen. Aber Mitleid ertrug er nicht, auch nicht von ihr. Schon gar nicht von ihr! Niemand sollte sich anmaßen, ihn zu bemitleiden! Hatte er nicht alles, was sich ein Mann wünschen konnte? Erfolg? Reichtum? Schöne Frauen in Hülle und Fülle? Er konnte tun, was er wollte, und er konnte haben, was er wollte.
Warum regte sich dann, wenn er mit Mary zusammen war, ständig der Verdacht, dass es Dinge gab, die für ihn unerreichbar waren? Ein richtiges Heim zum Beispiel, wo jemand auf ihn wartete, wenn er nach Haus kam. Eine Frau, mit der er alles teilen konnte, das Gute ebenso wie das nicht so Gute. Mit der er lachen und sich lieben konnte. Immer die gleiche, nicht jeden Monat eine andere.
Er griff nach dem Weinglas und lehnte sich zurück. „Wie heißt es doch gleich? Probieren geht über studieren. Warum reisen Sie dieses Jahr nicht mit mir in die Sonne?“ Er hob das Glas und nahm einen tiefen Schluck. „Wer weiß, vielleicht kommen Sie doch noch auf den Geschmack.“
10. KAPITEL
Mary verschlug es die Sprache – wollte Jonas sie auf den Arm nehmen? Und davon ganz abgesehen – hatte sie ihm nicht eben noch versichert, dass Weihnachten ohne die Ihren für sie nicht infrage kam?
Doch ein Blick auf sein Gesicht bestätigte, dass er den Vorschlag ernst meinte.
Sie schob den Stuhl zurück und stand auf. „Es geschähe Ihnen nur recht, wenn ich die Einladung annehmen würde.“ Das Weinglas in der Hand, trat sie ans Fenster, neben den Weihnachtsbaum.
„Worauf warten Sie dann?“ Entspannt lehnte Jonas sich zurück und sah zu ihr hinüber. „Wenn Sie einverstanden sind, lasse ich für den vierundzwanzigsten zwei Plätze auf einem Flug nach Barbados reservieren. Erster Klasse.“
Verächtlich verzog sie den Mund. „Das sagt sich so leicht, wo Sie doch genau wissen, dass ich nie mitkommen würde.“
„Woher sollte ich?“ Jonas stand ebenfalls auf und durchquerte den Raum, bis er neben Mary stehen blieb.
Sie sah zu ihm auf. Warum fiel ihr auf einmal das Atmen so schwer? Nervös fuhr sie sich mit der Zungenspitze über die Lippen. „Weil ich Ihnen erst vor ein paar Minuten gesagt habe, dass ich mir
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