Julia Extra Band 0342
neue Concierge. Nur eine kurze Frage: Würden Sie mir vielleicht die Adresse Ihres Friseurs geben? Ihr Haarschnitt ist nämlich wirklich toll, und der Gast da drüben hat mich gerade nach einer guten Adresse gefragt.“
Seth bedankte sich für das Kompliment und schrieb ihr die Adresse auf.
Alex flog förmlich zum Tresen zurück. „Danke, Randy!“, rief sie ihrem Kollegen zu, bevor sie sich zu dem Gast umdrehte. „Hier“, sagte sie und gab ihm den Zettel. „Bei Gregory’s werden Sie bestimmt in guten Händen sein.“
„Vielen Dank, junge Dame.“
„War mir ein Vergnügen. Kommen Sie gern jederzeit wieder, wenn Sie Hilfe brauchen.“
Nachdem der Mann verschwunden war, schüttelte Randy missbilligend den Kopf. „Warum haben Sie nicht auf Belindas Liste geguckt? Da stehen doch sämtliche Kontaktadressen drauf.“
„Aber ich kenne die meisten Läden doch noch gar nicht.“
„Zum Glück handelte es sich nur um Frank Toliver. Er ist ein häufiger und gern gesehener Gast hier, aber er hätte genauso gut ein Kritiker sein können. Wir müssen verdammt vorsichtig sein. Außerdem orientieren sich unsere Gäste nicht unbedingt so gern am Stil eines Kellners.“
Alex erschrak. Hatte sie etwa schon in den ersten Minuten ihres neuen Jobs einen Fehler gemacht?
„Worum geht es hier eigentlich?“, hörten sie plötzlich eine tiefe Stimme hinter sich.
Alex drehte sich nervös um, auch wenn sie ganz genau wusste, zu wem die Stimme gehörte: zu Wyatt. Oh je, vielleicht hätte sie doch lieber mit ihren Freundinnen nach San Diego zurückfliegen sollen!
Randy verstummte betreten. Anscheinend hatte er nicht vor, sie bei Wyatt anzuschwärzen. Das war ihm wirklich hoch anzurechnen.
Alex erklärte Wyatt alles. „Seth’ Haarschnitt gefiel mir eben“, erklärte sie abschließend. „Ich hatte ehrlich gesagt nicht daran gedacht, dass Mr Toliver etwas dagegen haben könnte, dieselben Läden wie unsere Angestellten aufzusuchen.“
„Unser Kellner wird Frank Toliver schon nicht in eine finstere Gasse gelockt haben“, antwortete Wyatt. „Warten wir einfach ab, was für ein Gesicht er bei seiner Rückkehr macht. Wenn alles gut geht, können wir Gregory’s vielleicht in unsere Kontaktliste aufnehmen.“
Und wenn nicht? fragte Alex sich insgeheim. „Ich werde mich in Zukunft lieber an Belindas Liste halten“, versprach sie. „Und mich mit Spontantipps zurückhalten, solange ich die Stadt nicht besser kenne.“
„Ich habe Sie angestellt, damit Sie sich um die Probleme unserer Gäste kümmern, und das haben Sie getan“, antwortete Wyatt. „Außerdem hängt unser guter Ruf nicht von der Meinung eines einzigen Gastes ab. Wenn Frank Toliver nicht zufrieden sein sollte, werde ich ihm einfach ein paar Extras spendieren.“
„Das macht doch nur zusätzliche Mühe.“
„Lassen Sie das mal meine Sorge sein.“
„Sie haben mich nicht angestellt, um das von mir angerichtete Chaos zu beseitigen. Wenn ich Ihnen wirklich von Nutzen sein soll, kann ich mir keine Fehler erlauben.“
Unwillkürlich wurde Alex bewusst, dass dieser Satz eine Version des Glaubenssatzes war, den sie als Kind und später auch als Erwachsene verinnerlicht hatte. Dass sie nur alles richtig machen musste, damit ihr Vater zurückkehrte, ihr Stiefvater sie besuchte und Robert, Leo oder Michael so beeindruckt von ihrer Selbstlosigkeit waren, dass sie ihr sofort ihre Liebe schenkten.
Doch hier ging es nicht darum, die Liebe eines Mannes zu gewinnen, sondern um einen Job. Und um den National Travel Award.
„Ein paar kleine Anfängerfehler werden schon keinen Schaden anrichten“, sagte Wyatt.
Wenn er sich da mal nicht täuschte! Alex hatte weiß Gott schon genug Mist in ihrem Leben gebaut, um an ihren Fähigkeiten zu zweifeln. Als sie sich beispielsweise eingebildet hatte, dass der schüchterne Leo sich in sie verlieben würde, hätte sie dem ebenso schüchternen Mädchen, das er schon immer aus der Ferne angehimmelt hatte, fast das Herz gebrochen.
Das Schlimmste war jedoch das, was sie der kleinen Mia angetan hatte. In dem Glauben an eine gemeinsame Zukunft mit ihrem Vater hatte Alex eine tiefe Bindung zu dem Mädchen aufgebaut. Die Kleine war am Boden zerstört gewesen, als die Beziehung zerbrach.
Alex konnte sich einfach nicht verzeihen, dass sie der armen Kleinen genau das angetan hatte, was man ihr angetan hatte, auch wenn es nie ihre Absicht gewesen war. Doch seitdem wusste sie, dass man für manche Fehler einen sehr hohen Preis bezahlen
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