Julia Extra Band 0347
zustimmen? Noch vor Monaten wäre das undenkbar für sie gewesen, aber jetzt …
Keine einsamen Tage mehr. Sie hätte jemanden, mit dem sie ihre Sorgen besprechen und gemeinsam lachen könnte. Ihre Seele sehnte sich schmerzhaft danach.
Grace löste sich von ihm und stand auf, die zitternden Finger an die Lippen gepresst.
„Ich … ich weiß nicht, Noah. Ich muss darüber nachdenken. Ich möchte nach Hause fahren.“
Nach einer sehr, sehr schweigsamen Rückfahrt hielt der Wagen vor dem Hintereingang des Cafés. Nachdem sie sich schnell von Noah verabschiedet hatte, nahm sie ihre Sachen und lief die Treppe hinauf. Das Herz schlug ihr bis zum Hals bei dem Gedanken, dass sie gleich beim Aufschließen der Tür Robs Foto sehen würde, wie er in seiner Uniform die neugeborene Daisy auf dem Arm hielt. Was sollte sie nur tun? Verzweifelt ließ sie sich auf die oberste Treppenstufe fallen.
Rob und sie waren damals so überzeugt gewesen, dass ihre Liebe für immer und ewig halten würde. Doch was wäre passiert, wenn er am Leben geblieben wäre? Wären sie tatsächlich die perfekte Familie geworden, oder würden sie inzwischen getrennt leben und sich über Sorgerechtsfragen streiten?
Rob war Teil ihres Lebens gewesen. Sie konnte ihn nicht einfach ausklammern und so tun, als ob er nie existiert hätte. Zumal sie all die Jahre versucht hatte, die Grace zu bleiben, in die er sich verliebt hatte. Er war ihr Seelenverwandter gewesen, und niemand danach hatte es mit ihm aufnehmen können. Also hatte sie die Suche irgendwann aufgegeben.
Doch jetzt war Noah in ihr Leben getreten.
Er war nicht wie ihre große Liebe Rob, und eine Beziehung mit ihm wäre etwas völlig anderes. Noah wollte eine Partnerschaft, die auf Freundschaft und gegenseitigem Respekt beruhte. An so etwas hatte sie nicht im Traum gedacht, als Rob damals um ihre Hand angehalten hatte. Da ging es um Schicksal und unendliche Liebe. Nur, dass diese Liebe nicht ewig dauerte. Jetzt stand sie vor der Entscheidung, was sie mit den Jahren, die ihr noch blieben, anfangen sollte.
Respekt. Kompatibilität. Unterstützung.
Das alles klang so vernünftig. Die junge und wilde Grace in ihr rief nein und schüttelte den Kopf. War es einfach nur kindischer Widerstand?
Grace vergrub das Gesicht in den Händen.
Ein Teil von ihr wollte Ja sagen, sehnte sich nach allem, was Noah ihr anbot. Aber wäre das nicht ein Verrat an Rob?
Auf der anderen Seite gab es nicht nur die Art von Liebe, wie sie in Songs und in Liebesfilmen beschrieben wurde. Eine solche Liebe bedeutete auch immer Verlust. Und das würde sie nicht noch einmal überleben.
Vielleicht war Noahs Vorschlag gar nicht mal so schlecht?
Oh, es war so schwierig, die richtige Entscheidung zu treffen!
Mit einem tiefen Seufzer erhob sie sich und schloss die Wohnungstür auf. Sie vermied den Blick auf Robs Foto und auch auf den Laptop im Wohnzimmer. Heute wollte sie keinen Kontakt mehr zu Marissa und Dani aufnehmen, die bestimmt alles über ihr Date wissen wollten.
Sie brauchte Zeit, um sich über die Dinge im Klaren zu werden, bevor sie mit anderen darüber sprach. Selbst Daisy würde sie nichts sagen.
Die nächsten Tage erschien Noah nicht im Café. Er war ein Gentleman und wusste, dass sie jetzt Zeit brauchte. Und Grace war erleichtert, dass sie sich nicht erklären musste.
Grace verzierte kleine Schokoladentörtchen mit jeweils einer Himbeere, bevor sie sie in die Vitrine stellte.
Bestimmt würde Caz wissen, was zu tun war. In den letzten zwanzig Jahren war sie wie eine Mutter für Grace gewesen. Stets hatte sie ein offenes Ohr für sie, und ihre Ratschläge waren meist Gold wert.
Als sie jetzt zu Caz, die über einem großen Rechnungsbuch saß, hinüberging, bemerkte sie, wie die ältere Frau ins Leere starrte. Es war heute schon das dritte Mal, dass Grace sie so sah. Sie zog sich einen Stuhl heran und setzte sich ihr gegenüber.
„Einen Penny für deine Gedanken.“
Caz seufzte. „Der würde wohl nicht reichen, ein paar Tausend müssten es schon sein.“
„Probleme?“
Caz nickte und drehte das Rechnungsbuch um, damit Grace einen Blick hineinwerfen konnte. Grace verstand nicht viel von Zahlen, wusste aber, was sie in diesem Fall bedeuteten. Sie stand auf, ging zu Caz hinüber, schlang die Arme um ihre Schultern und presste die Wange an ihr Gesicht.
„Gib nicht auf, Caz. Wir schaffen das, so wie wir es immer geschafft haben.“
Caz tätschelte Graces Arm und blickte nachdenklich in die
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