Julia Extra Band 0347
wie durch einen Nebel die jubelnden Menschen, die dem als letzten eintreffenden königlichen Wagen zuwinkten. Etwas so Bizarres hatte sie noch nicht erlebt, und beschützend drückte sie Azizah an sich, als sie ausstiegen. Noch nie hatte sie ein solches Verantwortungsgefühl verspürt. Ibrahim ging neben ihr, redete kurz mit dem Klinikdirektor, der darauf wartete, ihn über den Stand der Dinge in Kenntnis zu setzen, bevor sie zum Wartezimmer weitergingen, in dem sich der Rest der königlichen Familie versammelt hatte.
„Es dauert wohl nicht mehr lange“, erklärte Ibrahim. „Hassan ist inzwischen auch eingetroffen.“
„Wo ist meine Schwester?“, fragte Georgie.
„Bei Dschamila. Sie hilft bei der Geburt.“ Er sah ihre Lider flattern. „Ich weiß, es ist alles ein bisschen überwältigend.“
„Ein bisschen?“
„Na schön – sehr“, gab er zu. Sein Bruder hatte ihn nicht nur gewarnt, heute Morgen hatte Karim sogar angeordnet, Ibrahim solle sich von Georgie fernhalten. Nun, er scherte sich nicht um Anordnungen. Manchmal fühlte sogar er sich von seiner Familie überwältigt, wie musste sie sich dann jetzt erst vorkommen? Und dann auch noch ohne die Unterstützung ihrer Schwester? „Du kannst wirklich ganz beruhigt sein.“
Georgie stieß die Luft aus. „Ich weiß nicht, wie Felicity damit fertig wird.“
„Sie hat ihre Wahl getroffen.“ Er sah, wie sie Azizah enger an sich drückte, und er vermutete, dass es eher eine Hilfe für sie war als für das Baby.
„Ich könnte es nicht.“
„Sie handhabt das sehr gut.“
Mit gerunzelter Stirn wandte sie sich zu ihm um. Die Bewunderung in seiner Stimme überraschte sie. „Ich dachte, du magst sie nicht?“
„Ich mag sie sogar sehr“, widersprach er. „Im Moment gilt meine Sorge allerdings dir.“ Er verzog spöttisch die Lippen. „Aber das willst du gar nicht, oder?“
„Sie nutzt mich nicht aus.“
„Natürlich tut sie das. Ich mache ihr auch keinen Vorwurf daraus. Sie lebt in einem fremden Land und wünscht sich natürlich, ihre Familie in der Nähe zu haben.“ Ibrahim sprach nur ihre eigenen Überlegungen aus. „Sie möchte, dass du, ihre Schwester, im gleichen Luxus lebst wie sie. Nur würdest du dich dann verpflichtet fühlen.“
Sie schloss die Augen. Er hatte da an einen wunden Punkt gerührt.
„Pass selbst auf dich auf, Georgie.“
„So wie du es machst?“
Er wollte die übliche arrogante Antwort geben, doch dann sah er auf seine unschuldig schlafende Nichte in ihrem Arm. Mit einer Fingerspitze strich er dem Baby sanft über die Wange und antwortete ehrlich.
„So wie ich es versuche. Wir alle haben Verpflichtungen.“
Und im Moment bestimmten die Umstände, dass er seine Verpflichtungen hier wahrnahm und zur Geburt des Thronfolgers anwesend war. Die Freude der Menschen da draußen auf den Straßen hatte etwas in ihm angerührt. Vielleicht war er auch nur erleichtert, dass er sich somit einen weiteren Schritt von dem Undenkbaren entfernte – dass er eines Tages König werden müsste.
Genau, er war erleichtert, sagte er sich, als mit dem lauten Schrei eines Neugeborenen auch Zaraqs Zukunft gesichert war.
„Es ist ein Junge!“ Der König strahlte. „Unser zukünftiger König wurde soeben geboren. Noch ein wenig klein, ein wenig schwach, aber die Ärzte versichern, dass er gesund ist und groß und stark werden wird.“ Er sah zu seinem jüngsten Sohn, und in diesem bewegenden Augenblick umarmte er ihn. „Es ist gut, dass du hier bist, um diesen Tag mit uns zu feiern.“
Ja, es fühlte sich auch gut an. Mit dem stillen Eingeständnis überraschte Ibrahim sich selbst.
„Kommt, überbringen wir unserem Volk die frohe Nachricht.“
Es war ein guter, ein aufregender, ein großartiger Tag. Ibrahim musterte Georgie, die so völlig verloren wirkte, und er sah die Panik in ihren Augen. Als sie zum Balkon gingen, blieb er an ihrer Seite.
„So verkünden wir dem Volk, dass alles in Ordnung ist“, sagte er zu ihr. „Als bei der Geburt von Kaliq, Hassans und Dschamilas erstem Sohn, klar wurde, dass er nicht überleben wird, gab es nur eine kurze Pressemitteilung. Heute wissen die Menschen in Zaraq, dass es dem zukünftigen König gut geht.“
Sie traten hinaus, und die Jubelrufe der Menge schollen zu ihnen herauf. Georgie drückte ihre Nichte an sich.
„Du hältst dich gut“, murmelte Ibrahim ihr zu.
„Danke.“ Sie musste sich zusammennehmen, damit ihr nicht die Zähne klapperten. „Dabei habe ich keine Ahnung,
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