Julia Extra Band 0347
nur ein wenig mehr Zeit mit Rina“, versuchte sie zu beschwichtigen. „Du solltest Rina eine Chance geben. Dir tut es auch mal gut, einen Vormittag für dich zu haben.“
„Azizah soll ihre Familie um sich haben und nicht mit dem Kindermädchen aufwachsen.“ Felicity sah Georgie direkt an. „Auch ich will meine Familie um mich haben. Mum hat sich Bedenkzeit ausgebeten, aber wenn du hier wärst, würde sie sofort zusagen. Bitte, Georgie, versprich, dass du es dir überlegst.“
Es wäre so einfach, ja zu sagen, denn die Schwester fehlte ihr. So einfach, das Geschäft mit der ganzheitlichen Therapie aufzugeben und sich in dem Luxusleben einzurichten, das ihre Schwester ihr anbot.
Zu einfach.
Felicity hatte sich immer um die jüngere Schwester gekümmert, war in schwierigen Zeiten immer für sie da gewesen. Doch Georgie wollte sich selbst beweisen, dass sie ohne die Hilfe der großen Schwester zurechtkam.
„Lass uns ein andermal darüber reden, ja?“ Sie schaute über die Schulter zurück, als die Limousine zu den Palasttoren hinausfuhr.
„Was siehst du dir an?“
„Den Palast.“ Georgie lächelte. „Ich kann nicht glauben, dass ich in einem Palast wohne.“ Doch ihr ging es nicht um den Palast. Sie hatte gehofft, vielleicht einen Blick auf Ibrahim zu erhaschen. Was sie ihrer Schwester jedoch nicht sagen konnte.
Sein Bild hielt sich in ihrem Kopf, bis ein gläserner Außenaufzug die beiden Frauen mit atemberaubendem Tempo in den zweiundvierzigsten Stock eines Wolkenkratzers hinaufbrachte und Georgie an ihre Höhenangst erinnerte.
„Ibrahims Entwurf“, sagte Felicity zu Georgies kalkweißem Gesicht.
„Erinnre mich daran, dass ich ihm sage, wie sehr ich ihn hasse! Und sag mir Bescheid, wann ich die Augen wieder aufmachen kann.“
„Jetzt.“
Damit betraten sie auch schon das Bäderparadies.
„Wir sind hier für das Hamamritual. Du brauchst keine einzige Entscheidung zu treffen, sondern dich nur zu entspannen. Du wirst sehen, es ist absolut himmlisch.“
Es stimmte. Zwei Stunden später saß Georgie, eingewickelt in ein flauschiges Badelaken, ihrer Schwester gegenüber, nippte an aromatisiertem Tee und lächelte.
„Ich kann kaum glauben, wie weit du gekommen bist.“
„Ich weiß.“ Georgie schloss für einen Moment selig die Augen. Noch vor zwei Jahren hätte allein der Gedanke an ein Badehaus, in dem sie ihren Körper vor anderen entblößen sollte, hätte die Vorstellung, die Hände anderer für Massage und Waschungen auf sich liegen zu spüren, sie in blanke Panik versetzt. Doch heute konnte sie es genießen, und es war ihr Wunsch, anderen mit ihrem Wissen zu helfen, so wie ihr geholfen worden war.
„Hoheit!“
Georgie hatte vergessen, dass sie hier mit einer Prinzessin zusammensaß. Sie zuckte zusammen, als sich eine hektische Empfangsdame verlegen näherte.
„Wir würden Sie niemals stören, aber da ist ein dringender Anruf aus dem Palast …“
„Natürlich.“ Felicity nahm das Telefon an und wartete, bis sie wieder allein waren, bevor sie sich das Telefon ans Ohr hielt. Während sie zuhörte, erschien ein Lächeln auf ihrem Gesicht. „Nein, du brauchst dich nicht zu entschuldigen, du übertreibst nicht. – Natürlich, ich komme sofort. – Du hattest völlig recht, mich zu verständigen.“
„Was ist denn?“, erkundigte sich Georgie, als Felicity das Gespräch beendete.
„Dschamila. Das ist jetzt schon öfter passiert. Sie ist übernervös und nicht sicher, ob sie Wehen hat oder nicht. Und Hassan ist unterwegs …“
„Da stehen doch bestimmt eine Million Ärzte für sie auf Abruf bereit, oder?“
„Genau das ist es ja.“ Felicity verdrehte die Augen. „Die ganze Nation fiebert auf dieses Baby hin. Der Hofarzt geht kein Risiko ein. Letzte Woche hat man Dschamila zur Überwachung im Krankenhaus festgehalten. Die Presse war schon da, bevor sie überhaupt ankam. Dabei waren es nur Vorwehen. Ich kann mir denken, dass sie das nicht wiederholen will.“
„Das arme Ding.“
„Du bleibst hier und machst weiter mit dem Ritual. Wenn wir beide gehen, sorgt das für zu viel Aufsehen. Ich werde einfach behaupten, dass Azizah weint und ich deshalb zurück zum Palast muss.“
Georgie blieb noch eine Weile, ließ mit Henna ein hübsches Blumenmuster auf ihre Füße malen und Nagellack auf ihre Zehennägel auftragen, aber ohne Felicity machte es nicht mehr so viel Spaß. Nach einer guten Stunde beschloss sie, ebenfalls nach Hause zu fahren – oder besser, zum Palast,
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