Julia Extra Band 0350
ihrem Hals. „Nein“, sagte er ruhig. „Es ist nicht das, was ich will.“
Hannah schloss die Augen. Tränen rannen ihr unaufhaltsam über die Wangen, doch sie wischte sie ärgerlich weg.
„Ich wollte dich nicht zum Weinen bringen.“ Er streichelte ihre tränenfeuchten Wangen. „Bitte weine nicht, Hannah. Ich kann es nicht ertragen.“
Überrascht und gerührt blickte sie auf. „Es … tut mir leid.“ Sie atmete bebend ein und wich einen Schritt zurück. „Aber … ich verstehe dich wirklich nicht. Du hast in New York ziemlich deutlich gemacht, was du willst. Etwas Spaß, ein kurzes Abenteuer. Ich habe das akzeptiert. Jedenfalls bemühe ich mich, es zu akzeptieren. Aber selbst dann reagierst du wütend. Vorhin in dem Hotel hast du mich wie … deinen Besitz behandelt. Etwas, das du nach Belieben herumzerren kannst.“
Sergej hatte sich wieder im Griff. „Es tut mir leid“, sagte er ruhig. „Ich wollte dir nicht wehtun.“
„Warum warst du denn so wütend?“, fragte Hannah eindringlich. „Ich habe doch nichts Falsches gesagt. Ich bin deine Geliebte, oder etwa nicht? All die Leute auf der Gala heute Abend haben mich dafür gehalten. Sie haben in mir ein Schmuckstück an deinem Arm gesehen!“
„Also schön, ja.“ Das Zugeständnis fiel ihm sichtlich schwer. „Man hält dich für meine Geliebte. Zugegeben, ich werde nie sehr lange mit derselben Frau gesehen. Deshalb käme niemand auf den Gedanken, dass ich jetzt in einer … richtigen Beziehung stecke.“
„Wir haben ja auch keine richtige Beziehung“, erwiderte Hannah. „Wir sind keineswegs gleichberechtigte Partner. Du putzt mich heraus wie eine Puppe, zeigst mich vor, schläfst mit mir … und wenn du genug von mir hast, schickst du mich wieder dahin zurück, wo ich hergekommen bin. Du hast noch nie in einer richtigen Beziehung gesteckt, und ich glaube auch nicht, dass du es jetzt ernsthaft versuchen willst.“
Er sah sie lange schweigend und unergründlich an. „Vielleicht will ich es ja doch“, sagte er dann überraschend, aber Hannah erstickte ihre Hoffnung im Keim.
„Das kann ich mir nicht vorstellen.“
Seine Mundwinkel zuckten spöttisch. „Und ich dachte, du würdest von allen Menschen immer nur das Beste glauben.“
„Inzwischen nicht mehr.“
„Was ist aus deinem Optimismus geworden? Vor einem Jahr …“
„Die Menschen verändern sich“, fiel sie ihm ins Wort.
„Aber warum hast du dich verändert? Was ist passiert?“ Er presste die Lippen aufeinander. „War es meine Schuld?“
„Nein.“ Sie schüttelte nachdenklich den Kopf. „Obwohl es wahrscheinlich an jenem Abend mit dir in Moskau angefangen hat. Ich war so naiv, und als ich dich mit … mit dieser Varya sah …“
„Es war nicht so, wie es schien.“
„Tatsächlich?“ Sie schaute ihn skeptisch an. „Damals hast du dir aber sehr viel Mühe gegeben, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Ich weiß noch, wie sehr ich darauf beharrt habe, dass du nicht die Wahrheit sagst … und …“
„Dass ich ein besserer Mensch bin, als ich denke?“, vervollständigte Sergej den Satz sanft.
Sie blickte ihn erstaunt an. „Warum kramst du das jetzt alles wieder hervor?“
„Weil du mich verändert hast. Auf eine andere Weise, als ich offenbar dich verändert habe.“
„Na ja, du warst nicht die einzige Ursache“, räumte sie ehrlicherweise ein. „Sicher, es hat sehr wehgetan, von dir so zurückgewiesen zu werden, aber es sind auch noch ein paar andere Dinge passiert. Nach meiner Rückkehr nach Amerika habe ich mich in eine Beziehung gestürzt, die … nicht so toll war.“ Sie ersparte sich und Sergej die unerfreulichen Einzelheiten. „Und zu allem Überfluss habe ich dann bei der Durchsicht alter Unterlagen herausgefunden, dass meine Eltern doch nicht ganz ehrlich zu mir gewesen sind. Ich hatte mir immer eingebildet, sie hätten mir allein die Entscheidung überlassen, ob ich mein Studium abbreche und ihnen im Laden helfe. Tatsächlich aber hatte meine Mutter mich schon vom College abgemeldet, bevor sie mich anrief, um mich über Dads Schlaganfall zu unterrichten. Sie hat mich jedoch in dem Glauben gelassen, es wäre meine Entscheidung.“ Hannah hatte diese Entdeckung wie einen Verrat empfunden.
„Vielleicht hat sie es ja nur gut gemeint“, wandte Sergej vorsichtig ein.
„Es war eine Lüge, und nicht die Einzige, wie ich nach und nach festgestellt habe. Es sind immer mehr unbezahlte Rechnungen und Schulden aufgetaucht, von denen ich keine Ahnung
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