Julia Extra Band 0354
Oscar. „Heute möchte ich dir allerdings nur meine Lieblingsbucht zeigen. Besonders in der Abendbrise lässt es sich dort gut aushalten.“
Helena folgte ihm wortlos. Sie fühlte sich wie im Traum, und das lag nicht nur an dem Frieden der Natur, sondern auch an dem Gefühl, mit Oscar allein auf der Welt zu sein. Diese Empfindung hatte sie auch früher schon gehabt, als sie zusammen durch die Wälder Mulberry Courts gestreift waren.
Helena genoss diese Zweisamkeit ganz bewusst, schob alle Gedanken an die Zukunft beiseite und lebte nur im Jetzt. Sie atmete tief durch. Wie unbeschreiblich frei und glücklich sie sich fühlte! Sie ließ es geschehen, dass Oscar ihre Hand nahm.
Auf dem Weg zum Meer kamen sie an einer winzigen weißen Kapelle vorbei, die Helena unbedingt besichtigen wollte. Von der geheimnisvollen Atmosphäre der uralten Andachtsstätte überwältigt, verharrte sie einen Moment auf der Schwelle. Auf dem schlichten Altar brannte eine einzelne große Kerze, darüber hingen ein einfaches Kreuz und eine goldene Ikone. Bänke gab es nicht, nur drei Reihen Stühle und seitlich davon einen kleinen Tisch mit Opferkerzen.
Helena drehte sich zu Oscar um, der ihr dicht gefolgt war. „Hast du Geld dabei? Ich … ich würde gern eine Kerze anzünden.“
Sie warf die Münzen in die Sammeldose, kniete sich auf den kühlen Steinboden und schloss einen Moment die Augen. Dann zündete sie die Kerze an und senkte den Kopf. Als sie sich wieder aufrichtete, kam Oscar, der sich respektvoll im Hintergrund gehalten hatte, zu ihr und half ihr beim Aufstehen. Seite an Seite gingen sie hinaus in die Dämmerung.
„Danke“, meinte Helena. „Ich spürte plötzlich den unwiderstehlichen Drang, um etwas zu bitten.“
Oscar ließ ihre Hand los und legte ihr stattdessen den Arm um die Schultern. „Verrätst du mir deinen Wunsch?“
Helena schmiegte sich enger an ihn. In diesem Moment hätte sie Oscar alles erzählen können, so sehr vertraute sie ihm. „Da du die Kerze bezahlt hast, hast du praktisch ein Recht darauf.“ Sie legte den Kopf zurück und blickte lächelnd zu ihm auf. „Ich habe mir gewünscht, dass Mulberry Court nie in falsche Hände gelangt und immer einen Besitzer findet, der das Haus, den Garten und das Land ebenso liebt und pflegt, wie Isobel es getan hat.“
Oscar schwieg, doch da er sie näher an sich zog, wusste Helena, dass er sie verstand.
Als sie den Strand erreichten, war die Dämmerung endgültig der Nacht gewichen. Sie setzten sich in den Sand und betrachteten den Himmel, an dem sich die ersten Sterne zeigten. Helena schlang die Arme um die Knie und blickte aufs Meer.
„Die Farben wirken in Griechenland viel satter und geheimnisvoller als in England“, meinte sie nachdenklich. „Schon heute Nachmittag ist mir das aufgefallen, das Meer ist hier nicht einfach blau, sondern weist die wunderbarsten Schattierungen von Türkis bis Smaragdgrün auf.“
„Das haben wir unserem Sonnengott zu verdanken. Apollon hat unseren Inseln ein ganz besonderes Licht geschenkt, das die Farben leuchten lässt wie sonst nirgends auf der Welt.“ Er rückte ein Stück näher.
War Oscar doch nicht so nüchtern, wie er immer tat? Schon in der Kapelle hatte sie gestutzt, denn er schien offensichtlich eine romantische, wenn nicht sogar spirituelle Ader zu haben.
„Heleena“ , sagte er leise und zärtlich.
An den Schultern drückte er sie in den Sand und beugte sich über sie. Als sich ihre Lippen trafen, wusste sie, dass sie verloren war. Sie war hier, auf dieser herrlichen Insel, an ihrer Seite der Mann ihrer Träume, und sie wollte das Glück greifen und halten, solange sie es vermochte.
„Heleena“ , wiederholte er und sah ihr tief in die Augen.
Bedächtig und Stück für Stück entkleidete er sie und küsste zärtlich jede Stelle, die er entblößt hatte. „Du machst mich so glücklich wie keine andere, das ist dir schon immer gelungen. Ich kann von dir einfach nicht genug bekommen.“
„Oscar … Oscar …“ Mehr brachte sie nicht über die Lippen. Sie war trunken vor Glück. Sie streichelte seine olivfarbene Haut, spielte mit seinem dunklen Haar und hatte das Gefühl, sich in einem warmen Strom des Wohlgefühls aufzulösen.
Es war eine süße Qual, denn Oscar widerstand ihrem Drängen. Er nahm sich Zeit und überstürzte nichts. Doch als sie ihn dann Haut an Haut spürte, konnte sie ihr Verlangen nicht länger zügeln. Leidenschaftlich bäumte sie sich ihm entgegen und flüsterte dabei seinen
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