Julia Extra Band 159
Sie nicht augenblicklich da herunterkommen."
Sein Zorn mochte verflogen sein, aber deshalb hatte er seine ursprüngliche Absicht nicht vergessen. Widerstrebend schwang Alex das Bein über den Sattel und ließ sich zu Boden gleiten. Dann tätschelte sie den Hals des Wallachs. „Sieht so aus, als würde aus uns beiden doch kein Paar, alter Junge", sagte sie bedauernd.
„Das ist nur zu Ihrem eigenen Besten", meinte Cal nicht unfreundlich. „Sie sind zwar bemerkenswert gut mit ihm umgegangen, aber das heißt nicht, daß Sie ihm auch auf einem langen Ausritt gewachsen wären."
„Wenn er so unberechenbar ist, warum behalten Sie ihn dann überhaupt?" wollte Alex wissen.
„Weil er Charakter hat. Und wenn er bei Laune ist, ist er eines der besten Arbeitspferde, die wir auf der Ranch haben." Cal hob eine Augenbraue. „Wie wäre es, wenn Sie ihm den Sattel wieder abnähmen?"
„Sie geben nie nach, oder?" fragte sie resigniert und begann, die Gurtschnallen zu öffnen.
„Das scheint mir bei Ihnen auch nicht empfehlenswert zu sein." Er streckte die Hand aus und schob ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Dabei berührte er sie ganz leicht. Seine Stimme war weicher geworden. „Wissen Sie, daß Sie verzogen sind? Sie sind viel zu sehr daran gewöhnt, Ihren Willen zu bekommen."
Ihr Puls ging wie rasend, und alle ihre Sinne standen unter höchster Anspannung. Nur mit Mühe schaffte sie es, sich nicht anmerken zu lassen, welchen Aufruhr seine kleine Geste in ihr ausgelöst hatte. „Dasselbe könnte ich von Ihnen sagen."
„Ich bin für Vernunftgründe immer offen." Er hatte die Hand auf ihre Schulter rutschen lassen. „Oder auch für Überzeugungsversuche."
Jeden anderen Mann hätte Alex in seine Schranken verwiesen, aber jetzt spürte sie nur die Wärme, die von seinen liebkosenden zarten und zugleich so starken Fingern ausging. Sie wollte, daß er sie küßte! Das wünschte sie sich mehr als alles andere. Ein leichtes Zittern lief durch ihren Körper, und sie wußte, daß es ihm nicht entgangen sein konnte.
„Das gehört wiederum nicht zu meinen Gewohnheiten", sagte sie gegen jeden Instinkt.
„Probieren Sie es", lud er sie ein. Er stand jetzt hinter ihr und teilte ihre Haare im Nacken. Sie spürte seinen Atem, als er ganz leicht mit den Lippen darüber strich. „Wer weiß, was dabei herauskäme."
Er wußte ganz genau, welche Wirkung er auf sie hatte, und das nützte er schamlos aus. Ja, und? flüsterte eine kleine Stimme in ihrem Inneren, aber Alex wollte nicht auf sie hören. Sie stieß ihm einen Ellbogen in die Rippen.
Aber damit entlockte sie ihm nur einen kleinen überraschten Laut und dann ein Lachen, das sie wütend machte.
„Wenn Sie damit etwas erreichen wollen, sollten Sie auf die
empfindlicheren Teile zielen, Herzchen."
„Ich werde es mir für das nächste Mal merken", zischte sie. Er ließ sie los. „Ich weiß die Warnung zu schätzen", bedankte er sich. „Den Sattel können Sie über den Zaun hängen. Er wird später noch gebraucht."
Alex gehorchte, wenn auch nur, weil sie dadurch Zeit gewann, sich wenigstens nach außen wieder zu fassen. In ihr tobte ein Aufruhr, und sie ärgerte sich maßlos über sich selbst. Das war taktisch ganz falsch gewesen. Sie hätte Cal lächerlich machen müssen, und statt dessen hatte sie ihm gezeigt, daß er Eindruck auf sie machte in welcher Weise auch immer.
Es konnte noch nicht viel später als fünf Uhr sein. Der Himmel wechselte seine Farbe gerade von Grau zu einem schwachen Hellblau.
Cal hatte den Wallach in die Koppel zurückgebracht und hängte jetzt das Geschirr neben den Sattel. Jetzt erst fielen Alex der Schatten an seinem Kinn und die noch vom Schlaf zerzausten Haare auf. Offensichtlich hatte er sich in aller Eile angezogen und keine Zeit mehr zum Rasieren gefunden.
„Wenn ich Sie geweckt habe, als ich an Ihrem Zimmer vorbeigegangen bin, wieso haben Sie dann so lange gebraucht, bis Sie hier waren?" wollte Alex wissen.
„Es war mehr mein sechster Sinn, der mich geweckt hat. Sie hatten schon einen zu großen Vorsprung." Er sah sie an, und einen kurzen atemberaubenden Augenblick lang ließ er den Blick auf ihrem Mund verweilen. „Wir bringen heute eine Herde auf eine andere Weide, falls Sie Lust haben mitzukommen", lud er sie dann unerwartet ein.
„Ist das ein Friedensangebot?" fragte sie, bevor sie sich noch daran hindern konnte. Sie bereute ihre Frage sofort, als sie sah, wie seine Stirn. sich umwölkte.
„So hatte ich es zwar
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