Julia Extra Band 159
fest, als sie den Fuß in den Steigbügel setzte. „Bekomme ich noch einen Kuß für unterwegs?"
Dieser Kuß machte sie atemlos, und Cal lächelte, als er sie schließlich wieder freigab. „Ich helfe dir in den Sattel."
Alex ritt hinter Cal her. Es war ganz unglaublich, aber sie hatte keinen Augenblick an die Möglichkeit einer Schwangerschaft
gedacht. Die Pille hatte sie nur einmal über einen kurzen Zeitraum genommen, als sie sich eingebildet hatte, daß sie den richtigen Mann gefunden hatte. Aber als sich herausgestellt hatte, daß sie sich geirrt hatte, hatte sie sie sofort wieder abgesetzt. Und seit damals hatte es keinen Grund mehr gegeben, irgendwelche Vorkehrungen zu treffen.
Aber jetzt waren gerade die angeblich sicheren Tage. Sie konnte nur hoffen, daß sie wirklich sicher waren.
Cal wartete auf sie, als sie offenes Land erreicht hatten. „Müde?" fragte er mit der Andeutung eines Lächelns.
„Nicht halb so müde, wie du sein mußt", erwiderte Alex mit leichtem Tonfall. „Gut, daß heute Sonntag ist. Da kannst du den versäumten Schlaf nachholen."
„Das muß ich auch", sagte er. „Wir wollen heute nacht nämlich wieder Wache halten."
Sie verbarg ihre Enttäuschung nur mit Mühe. „Ist denn zu erwarten, daß sie es noch einmal versuchen werden?"
„Das kommt darauf an, was sie beim erstenmal abgeschreckt hat. Der Zaun ist immer noch kaputt, und die Herde ist noch nicht weitergezogen. Wir werden also abwarten müssen."
„Ich komme mit", verkündete sie. „Ich sehe nachts sehr gut."
„Das kommt überhaupt nicht in Frage! Du wirst das Haus nicht verlassen, heute nicht und sonst auch nicht. Hörst du mich?"
„Ich bin ja nicht taub", gab sie kühl zurück. „Und warum nicht?"
„Weil ich es dir sage."
„Das reicht mir nicht."
„Das muß es aber."
„Ich bin nicht bei dir angestellt!"
„Du kommst trotzdem nicht mit."
Alex stieß einen ausdrucksvollen Seufzer aus. „Du mußt einfach immer deinen Willen durchsetzen. In jeder Lage."
„Nicht in jeder Lage."
Sie warf ihm einen schnellen Blick zu und sah das Lachen in seinen Augen und das leichte Zittern seiner Mundwinkel. „Du bist unmöglich!" erklärte sie.
„Nur vorsichtig", verbesserte er sie. „Viehzucht ist ein großes Geschäft, und es zieht ungute Elemente an. Ich habe nicht vor, auch nur das geringste Risiko einzugehen." Er klopfte beruhigend den Hals seines Hengstes, der vor einer Bewegung im Gras scheute. „Ganz ruhig, mein Junge. Es ist nur eine Maus."
Wer hätte gedacht, daß ich je auf ein Pferd eifersüchtig sein würde? dachte Alex. Wie gern hätte sie jetzt diese Hände auf sich gespürt. Es wäre so leicht, viel zu leicht, sich in diesen Mann zu verlieben. Aber welche Hoffnungen konnte sie sich darauf machen, daß er ihre Gefühle erwiderte? Zwischen Lust und Liebe war ein weiter Weg, vor allem für einen Mann.
Eines war sicher: Wenn sie wie geplant am Donnerstag abreiste, würde sie nie erfahren, was hätte werden können. Aber nichts und niemand würde sie daran hindern, diesen Flug wieder zu stornieren. Es wußte ja bisher niemand, daß sie ihn überhaupt gebucht hatte.
9
Margot empfing Alex mit Vorwürfen. „Ohne ein Wort einfach zu verschwinden! Wenn Cal dich nicht hätte wegreiten hören, hätten wir keine Ahnung gehabt, wo du steckst! Stell dir vor, du wärst gestürzt und hättest dich verletzt! Du hättest tagelang da draußen liegen können, ohne daß dich jemand gefunden hätte."
„Es ist ja nichts passiert", sagte Greg und sah von seiner Schwester zu Cal. „Ihr müßt ja halb verhungert sein nach der Anstrengung."
Wenn Cal irgendeine Doppeldeutigkeit herausgehört hatte, gab er es jedenfalls nicht zu erkennen. „Es geht", meinte er. „Ich halte es noch bis zum Mittagessen aus. Wie ist es mit dir, Alex?"
Sie schüttelte den Kopf. „Ich habe auch keinen großen Hunger, danke."
„Na gut. Ich lege mich noch ein paar Stunden hin. Wenn etwas ist, kümmere du dich darum", sagte Cal zu Greg. „Dann bekommst du schon einmal ein bißchen Praxis."
Er war schon verschwunden, bevor Greg sich von seiner Überraschung erholt hatte. „Praxis worin?" fragte er dann seine Schwester.
„Verantwortung zu übernehmen, vermute ich", erwiderte Alex vorsichtig. „Möglicherweise will er dir ja den Bereich mit den Gästen überlassen."
Ihr Bruder stand auf. Er strahlte übers ganze Gesicht. „Das habe ich dir zu verdanken, oder? Du hast ihn dazu überredet!" So lebendig war Greg ihr nicht
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