Julia Extra Band 159
ungläubig.
„Können wir bitte schnellstens von hier verschwinden?" fragte Maggi rhetorisch und strich sich eine rabenschwarze Haarsträhne von der schlanken Schulter.
„Aber -"
„Sofort, Mark!" Maggi bestand darauf, nahm die Instrumententasche und machte sich bereit zum Gehen.
Noch immer rührte sich Mark nicht von der Stelle. Er wußte ganz genau, unter welcher Anspannung sie heute gestanden hatte, und lächelte. „Ich verstehe, wie du dich fühlst, Maggi." Er drückte ihren Arm. „Aber Adam kann unmöglich hier sein. Wie kommst du darauf -"
„Ich sage dir: Er ist hier! Ich habe es im Gefühl", platzte es aus ihr heraus, und das Funkeln der dunkelblauen Augen ließ deutlich erkennen, wie ernst Maggi es meinte. Genaugenommen würde sie anfangen zu schreien, wenn sie nicht sofort den Club verließen! Sie wollte Adam heute um keinen Preis begegnen. „Ich weiß selber, wie unwahrscheinlich es klingt", gab sie zu. „Aber so lächerlich es auch erscheint, ich bin mir dessen ziemlich sicher! "
Während sie sang, hatte sie sich noch einreden können, es nur Einbildung war. Immerhin war Adam früher bei allen Auftritten dabeigewesen. Doch gegen Ende des Abends stieg Panik in ihr auf, und jetzt wollte sie seiner Nahe so schnell wie möglich entkommen.
Mark zog die Augenbrauen zusammen. „Hör dir doch die Zuschauer an, Maggi!" Der Applaus klang laut zu ihnen in die Garderobe. Das zu Beginn des Konzertes noch verhaltene Publikum war mittlerweile in Rage geraten. Die Leute riefen ihren Namen und forderten die Sängerin zurück auf die Bühne. Aber sie konnte jetzt nicht mehr hinaus.
Maggi schüttelte den Kopf. Ihr herzförmiges Gesicht war blass wie Alabaster und wurde von schwarzem Haar eingerahmt. „Vielleicht morgen, Mark", sagte sie erschöpft. „Für heute habe ich genug. Ich kann nicht mehr."
Da sie beruflich längere Zeit pausiert hatte, konnte sich Maggi an diesem Abend auf dem Musikfestival in der kleinen nordenglischen Stadt vor dem ersten Auftritt von einer gewissen Anspannung nicht befreien. Die unkonventionelle Atmosphäre des Festivals war ihr nach so langer Pause sehr lieb. So konnte sie unter vielen anderen Akteuren zunächst relativ unbemerkt bleiben und sich wieder daran gewöhnen. Außerdem verliefen die Auftritte völlig formlos - sie fanden in Clubs, Pubs, Kirchensälen oder Versammlungshallen statt. Für einen Wiedereinstieg genau das richtige, fand Maggi.
Mark blickte sie lange an. Doch als er die Anspannung in ihrem Gesicht sah, nickte er, und sie verließen gemeinsam den Club. „Für den ersten Abend war das ein sehr gutes Konzert, Maggi", sagte er ermutigend. „Und morgen wird es sogar noch besser sein. Bis dahin hat es sich auch herumgesprochen, daß du wieder eingestiegen bist - und dazu noch besser singst als je zuvor!"
Maggi war sich da nicht so sicher, obwohl es nicht lange gedauert hatte, bis das Publikum ihr Sympathie entgegenbrachte. Ja, dieses Festival war ein guter Ort, um die Karriere wieder aufzunehmen.
Wenn sie sich nur von dem nagenden, unangenehmen Gefühl befreien könnte, daß Adam sich hier befand ...!
Auf der Rückfahrt redete Mark ununterbrochen. Sicher, auch er fühlte sich erleichtert, daß alles problemlos verlaufen war. Ohne ihn und seine Hilfe wäre der Abend nicht möglich gewesen. In den vergangenen Jahren war Mark ihre seelische Unterstützung gewesen. Immer, wenn ihr Selbstbewußtsein schwand, war er dagewesen, um sie zu stützen. Schon seinetwegen freute sich Maggi, daß sie soviel Erfolg gehabt hatte.
Das hübsche kleine Hotel, in dem sie sich für die Zeit des Festivals eingemietet hatten, lag etwas außerhalb der Stadt, abseits des Trubels.
„Sie möchten die Zimmerschlüssel, Miss Fennell?" Die Rezeptionistin lächelte freundlich. „Oh, vorhin ist etwas für Sie abgegeben worden!"
Maggi wurde blass, als die zweite Dame ihr eine längliche, in Zellophan gewickelte Schachtel überreichte. Die Form ließ keinen Zweifel an dem Inhalt: eine einzelne rote Rose ...
„Danke sehr! " Mark nahm der Frau das Geschenk fast hektisch aus der Hand, griff Maggis Arm und führte sie zum Fahrstuhl. Er bemerkte den abwesenden Blick ihrer großen Augen. Sie wirkte wie gelähmt. Adam war also wirklich hier; die Rose war der Beweis dafür.
Damals hatte Adam nach Konzerten immer eine einzelne Rose für sie kommen lassen.
Er wußte also, wo sie sich aufhielt!
Voller Angst wandte sich Maggi an den Mann neben ihr: „Mark ..."
„Es ist schon gut, Maggi",
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