Julia Extra Band 159
halb schlafende Baby in den Buggy und stellte ihn in ein schattiges Plätzchen auf die Restaurantterrasse. Anschließend bewaffnete sie sich mit Tüchern und Reinigungsmitteln und ging zur Bar hinüber.
Ungewöhnlicherweise waren heute vier Tische im Restaurant besetzt gewesen. Auch Gifford war zum Essen herübergekommen und hatte Ediths leckeren Fischauflauf getestet.
Cass wienerte an einem besonders hartnäckigen Wasserfleck auf dem Tresen herum. Während Giffords liebevolles Verhalten zu seinem Sohn darauf hindeutete, daß er hier im Eden in Zukunft noch häufiger auftauchen würde, war sein Benehmen ihr gegenüber weiterhin kühl und zurückhaltend. Daß sich Cass in seine Angelegenheiten eingemischt und ihm ordentlich die Meinung gesagt hatte, schien noch immer in seinem Kopf herumzuspuken. Er weigerte sich, zur Kenntnis zu nehmen, daß sie nur die Tatsachen ausgesprochen hatte, und wollte ihr nicht verzeihen. Trotzdem durfte sie weiterhin den Gymnastikraum des Maison d'Horizon benutzen.
Sie trat einen Schritt zurück und drehte sich vor der Spiegel wand hinter dem Tresen so, daß sie sich von der Seite anschauen konnte. Sah sie nicht dünner aus? War ihr Bauch nicht be deutend flacher geworden? Ja!
Rasch checkte sie, ob Jack noch schlief, und nahm sich dann die Schnapsflaschen vor, eine nach der anderen, säuberte sie und stellte sie anschließend wieder in die Regale. Sie konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, wo sie gestanden hatten, aber Jules würde sie schon wieder in die richtige Reihenfolge bringen, wenn er heute abend seinen Dienst antrat.
Jules. Cass' Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln. In den letzten zehn Tagen war der junge, einheimische Barkeeper ständig bemüht gewesen, die unglaublich eifrigen und immer glühender werdenden Annäherungsversuche von seiten Veronicas abzuwehren. Wo immer es möglich war, ging er ihr aus dem Wege, ansonsten erzählte er ihr von seinen zahlreichen Freundinnen und redete davon, wie schön es für Veronica sein mußte, bald wieder in ihrer Boutique in England zu sein. Heute nun war Veronicas Abreisetag.
Die rothaarige Frau schien gegenüber Jules' Wunsch, in Ruhe gelassen zu werden, vollkommen taub zu sein. Offensichtlich kam es ihr überhaupt nicht in den Sinn, daß ihm an der Gesellschaft einer Frau, die mehr als zwanzig Jahre älter war als er, nicht das geringste lag.
Gestern abend hatte er das Eden nach einem arbeitsreichen Tag verlassen und wollte gerade zu Fuß nach Hause gehen, als seine Bewunderin in ihrem Mietwagen neben ihm angehalten hatte.
„Sie hat mir richtiggehend aufgelauert, um mich allein zu erwischen", hatte Jules heute Cass erzählt.
„Komm, Jules, ich fahre dich nach Hause", sagte Veronica mit verführerischer Stimme. Als er sich weigerte, hielt sie ihren Toyota an und stieg aus.
„Dies hier ist für dich." Sie hielt ihm ein Flugticket hin. „Damit du mit mir nach England fliegen kannst. Um einen Job brauchst du dir keine Gedanken zu machen, du kannst mir in meiner Boutique aushelfen", wischte sie seine Proteste vom Tisch. „Und nach einiger Zeit", Veronica kicherte, „können wir dann heiraten."
An diesem Punkt seines Berichts hatte Jules ungläubig den Kopf geschüttelt. „Diese Frau ist verrückt!" beklagte er sich bei Cass. „Ich habe ihr versucht klarzumachen, daß eine Heirat überhaupt nicht in Frage kommt und daß ich auch nicht mit nach England fliegen werde. Sie hat wütend nach dem Grund gefragt, und da habe ich ihr erzählt, daß Doris, eine meiner Freundinnen, von mir schwanger ist."
„Und - ist sie?" hatte Cass gefragt.
„Nein, aber ich mußte doch irgend etwas sagen. Auf jeden Fall hat sie dann noch geschrien, wenn jemand mein Baby trägt, dann sollte sie selbst es sein. Daraufhin hat sie sich in ihr Auto gesetzt und ist davongedüst." Jules schauderte zusammen. „Ich werde mich erst wieder sicher und wohl in meiner Haut fühlen, wenn dieses Weibsbild die Seychellen verlassen hat!"
Cass seufzte. Dann hörte sie plötzlich das Klappern hoher Absätze und fuhr herum. Veronica betrat gerade das Restaurant. Cass seufzte noch einmal. Wenn man vom Teufel spricht ...
Die rothaarige Frau trug ein tailliertes Kostüm und schwarze Pumps. Ihr Gesicht war sorgfältig zurechtgemacht, an den Ohren baumelten auffallende goldene Gehänge.
„Ist Jules hier?" rief sie schon von weitem.
Cass schüttelte den Kopf. „Er ist schon .vor über einer Stunde nach Hause gegangen."
„Gestern abend habe
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