Julia Extra Band 159
nicht vielleicht in ihrer Galerie gearbeitet und dabei Spanisch gelernt?"
Beth nickte mit dem Kopf.
„Ich hatte nicht die geringste Vorstellung, wer sie war, außer, daß ich wußte, daß sie eine Galerie besaß."
„Es ist lustig, daß Jacey sie Yaya nennt", gab er amüsiert zurück. „Das ist hier in Mallorca ein typischer Ausdruck für Großmutter."
„Ich weiß", entgegnete Beth. „Rosita hat es mir an dem Tag erzählt, als Jacey geboren wurde. Ich habe sie gebeten, seine Großmutter zu sein."
„Das hast du gut gemacht ... Aber jetzt siehst du erschöpft, aus, Beth", murmelte er, indem er plötzlich das Thema wechselte. „Du hast es nötig, die ganze Nacht über zu schlafen. Ich werde dir ein Mittel geben."
Wenige Augenblicke später reichte er ihr ein Glas. „Mach dir keine Sorgen, ich werde nicht versuchen, dich zu vergiften", erklärte er lächelnd, als sie einen skeptischen Blick auf die Flüssigkeit warf. „Es ist ein Mittel, das wir normalerweise Kindern: geben, die zu aufgeregt sind."
Es lag Beth auf der Zunge, daß es ein wenig mehr brauchte, als ein kleines Medikament, um sich unbefangen in seiner Gegenwart zu fühlen, doch trank sie wortlos das Glas aus, wünschte ihm gute Nacht und ging in ihr Zimmer.
Als sie endlich allein war, fragte sie sich wieder, wie ihre Beziehung zu Jaime aussah. In ihrem Innersten war ihr klar, daß es viel komplizierter war, als sie sich eingeredet hatte. Noch eine Stunde später versuchte sie, die Gedanken an ihn zu verdrängen. Sie war aus dem Bad gestiegen, trocknete sich ab und ging ins Bett, während sie dagegen ankämpfte, die Nerven zu verlieren.
Schon wenige Minuten später saß sie aufrecht im Bett. Wieder versuchte sie, gegen einen Weinkrampf anzukämpfen, da sie ein unglaubliches Angstgefühl verspürte ... Hatte das etwas damit zu tun, daß sie Tränen in Jaimes Augen gesehen hatte, als er Jacey angeschaut hatte? Hatte er vielleicht alle Hoffnung verloren, und gab es etwas über den Jungen, was er ihr unmöglich erzählen konnte?
Sie preßte die Hände vors Gesicht und atmete heftig durch. Als er die bevorstehende Operation erwähnt hatte, hatte er keinen Versuch unternommen, sie zu beruhigen. Statt dessen hatte er das Gespräch auf ein, anderes Thema gelenkt, indem er gesagt hatte, daß ihr Spanisch fließend sei. Und dann hatte er ihr ein Beruhigungsmittel gegeben!
Voller Angst sprang sie auf die Füße und rannte nach unten. Jaime saß immer noch in der Küche, wo sie ihn verlassen hatte. Als sie bemerkte, daß eine Flasche Cognac vor ihm stand und ein reichlich eingeschenktes Glas, blieb sie erstaunt stehen. Jaime trank nur selten, daran erinnerte sie sich noch genau, und sie war sicher, daß sich nichts daran geändert hatte. Unter seinen Augen lagen dunkle Ringe, und sein Blick drückte tiefe Traurigkeit aus. Sie dachte wieder daran zurück, wie sie die unterschiedlichsten Gefühle in seinem Gesicht erkannt hatte, und spürte, wie ihr die Angst die Kehle zuschnürte.
Sie war sich kaum bewußt, was sie eigentlich tat, als sie zu dem Glas griff und den Cognac in einem Schluck hinunterkippte.
„Bist du von allen guten Geistern verlassen?" explodierte Jaime, während er ungläubig auf das leere Glas starrte, das vor ihm stand.
„Ich hätte nichts getrunken, wenn du nicht die Flasche auf den Tisch gestellt hättest", gab sie heftig zurück. „Und ich will nicht, daß du trinkst. Ich möchte, daß du vernünftig bleibst ..."
„Ich betrunken und unvernünftig?" fragte er eiskalt und schob das Glas beiseite. „Ich denke, dir hat der Cognac ganz schön den Kopf verdreht. Eigentlich hatte ich gedacht, daß du vernünftiger seist. Alkohol und Beruhigungsmittel, das ist keine gute Mischung."
„Ich habe dir vertraut", stieß sie hervor. „Aber du verschweigst mir etwas, da bin ich jetzt ganz sicher."
Er rieb sich langsam übers Gesicht. „Ich verheimliche dir nichts." Er klang erschöpft, als er aufstand.
„Bist du da so sicher?" Beth war dabei, die Nerven zu verlieren. „Du schaust mir doch nicht einmal offen ins Gesicht."
„Du täuschst dich", stieß er aus. „Ich bin todmüde." Mit diesen Worten ging er in den eleganten Wohnraum und ließ sich dort in einen Sessel fallen. „Was gibt es?"
„Hör auf, immer das Thema zu wechseln!" rief sie aus und stand drohend vor ihm.
„Um Gottes willen, Beth, nun hör endlich auf, mit mir zu schimpfen. Ich habe nicht die geringste Ahnung, worauf du eigentlich hinaus willst."
„Du weißt
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