Julia Extra Band 348
nicht plötzlich angegangen wären. Miteinander schlafen konnte man es aber nicht nennen.
Es war Sex gewesen. Unglaublicher, wahnsinnig heißer Sex. Diese wenigen Momente waren die aufregendsten gewesen, die er je mit einer Frau verbracht hatte.
Er hatte alles vergessen. Vergessen, wo er sich befand, vergessen, dass jede Menge anderer Leute um sie herum saßen. Nur noch sie war in seinem Kopf gewesen. Ihr Geschmack, ihr Duft, ihre Hitze.
Es musste eine logische Erklärung geben. Es gab immer eine logische Erklärung. In diesem Falle war es wohl die Gefahr, entdeckt zu werden, die ihre Erregung angestachelt hatte. Die Vorstellung, mit einer schönen Fremden an einem öffentlichen Ort …
Sie hatte ebenso komplett die Kontrolle über sich verloren wie er. Und als das Licht angegangen war, hatte sie ihm die Schuld zuschieben wollen.
Nein, so nicht! Er verschränkte die Arme vor der Brust.
Er hatte lediglich seine Decke über sie beide gebreitet, als sie eingeschlafen war – weil sie auf ihrer eigenen Decke gesessen hatte. Also war es völlig logisch gewesen, seine zu benutzen.
Wie hätte er auch ahnen können, dass sie seufzend den Arm über seine Brust legen und den Kopf an seine Schulter schmiegen würde? Er war ein Mann, kein Roboter, und sie hatte sich praktisch in seine Arme genestelt. Hätte er sie etwa wegschieben sollen? Und als sie dann die meerblauen Augen geöffnet und ihre Hand an seine Wange gelegt hatte …
Alles war völlig spontan gekommen, nichts war geplant gewesen. Der Kuss. Ihr Stöhnen, als er ihre Brust umfasst hatte. Wie ihr Herz zu rasen begonnen hatte, als er die Hand unter ihre Bluse geschoben hatte …
Verdammt. Allein wenn er daran dachte, kehrte seine Erregung zurück.
Das reichte jetzt. Er hatte einen Fehler gemacht, und aus seinen Fehlern sollte man lernen, damit man sie nicht wiederholte.
Da bestand wohl kein Risiko. Er würde die Frau nicht wiedersehen.
Außerdem musste er sich um ein anderes Problem kümmern: das Meeting mit dem Winkeladvokaten dieses New Yorker Gangsters. Reine Zeitverschwendung. Aber zumindest würde er den Orsini-Handlanger mit zwischen den Beinen eingeklemmtem Schwanz zurück nach Hause schicken.
Der Tag, an dem Draco Valenti nicht mit einem sizilianischen Laufburschen fertig wurde, musste erst noch kommen.
Sein Zuhause war eine Villa im Regionalpark um die Via Appia Antica, ockerfarben wie alle alten römischen Gebäude, weit genug von der Straße entfernt und geschützt durch massive schmiedeeiserne Tore.
Die Villa hatte Draco auf Anhieb fasziniert, warum wusste er allerdings bis heute nicht genau. Das Haus war eine Katastrophe gewesen, teilweise völlig verfallen und insgesamt dringend renovierungsbedürftig. Trotzdem hatte es ihn angezogen, vermutlich lag das an dem Alter des Gebäudes. Wenn die Steine erzählen könnten, was sie über die Jahrhunderte alles miterlebt hatten.
Albern, dass ein Mann mit seiner Verantwortung sich von solchen Sentimentalitäten hinreißen ließ. Er hatte einen befreundeten Architekten um eine Einschätzung gebeten. Das Gutachten war nicht sehr ermutigend ausgefallen.
„Sicher, wenn du es machen willst, dann machen wir es“, hatte sein Freund gesagt. „Aber das ist eine Bruchbude, es wird Millionen kosten, sie wieder herzurichten. Wozu, wenn du den palazzo direkt am Tiber hast?“
Der Mann hatte recht. Vor langer Zeit hatte er sich versprochen, dass er die alte Pracht des Palazzo Valenti wiederherstellen würde, und er hatte es getan. Seine Eltern – und vor ihnen seine Großeltern – hatten alles aus dem palazzo verschachert, was sich zu Bargeld machen ließ, und das Gebäude praktisch zusammenfallen lassen.
Also hatte er den Palast restaurieren lassen, und jeder hatte sich vor Lob und Bewunderung überschlagen. Dracos Gedanken zu dem Thema waren wesentlich weniger schmeichelhaft, aber er behielt seine Meinung für sich.
Man konnte einem Gebäude zu neuer Pracht verhelfen, doch die Erinnerungen blieben die gleichen. Darum hatte er die Villa gekauft, restauriert und war eingezogen. Hier lebte zumindest Ehrlichkeit in den Räumen und Gärten. Die Geister, die hier wandelten, trugen alle Togas.
Die Erinnerungen der Villa hatten nichts mit ihm zu tun.
Der Maserati hielt vor einem schweren Holzportal. Draco war bereits ausgestiegen und die marmorne Außentreppe halb hinauf, bevor der Chauffeur um den Wagen herumkam.
Die Türen schwangen auf, und die Haushälterin begrüßte ihn mit einem herzlichen
Weitere Kostenlose Bücher