Julia Extra Band 348
ihr Bein, rutschte zur Seite und ließ sich von der Küchentheke gleiten.
Also hatte sie beschlossen, es auf den Alkohol zu schieben. Na gut, sollte sie.
„Ist dir schwindelig?“
Es klang, als murmelte sie: „Ich bin komplett weg.“ Aber vielleicht wünschte er sich das auch nur. Er wollte nicht der Einzige sein, der so durcheinander war.
„Vielleicht solltest du lieber hierbleiben. Mir gefällt es nicht, wenn du um diese Uhrzeit alleine rausgehst, zumal du ein bisschen betrunken bist.“
„Ich bin nicht betrunken.“
„Aber du hast doch gerade gesagt …“
„Dass mir etwas schwummerig ist. Aber das kann auch daran liegen, dass ich heute Abend bis auf ein paar Appetithäppchen nichts gegessen habe.“
„Ich habe noch einen Rest Pizza im Kühlschrank. Von deinem Lieblingsitaliener.“
„Um diese Uhrzeit? Viel zu viele Kalorien und zu viel Fett. Danach müsste ich noch ordentlich Bewegung bekommen, um kein allzu schlechtes Gewissen zu haben.“
„Was die Bewegung betrifft, hätte ich eine Idee …“
War es seine Andeutung, die sie erröten ließ? Er beschloss, es darauf beruhen zu lassen. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um die Art ihrer Beziehung zu ändern. Es stand zu viel auf dem Spiel. „Wir gehen doch morgen früh joggen, oder?“
Chloe nickte energisch. „Natürlich. Klar. Ich habe mir schon gedacht, dass du das gemeint hast.“
„Heißt das, du möchtest noch Pizza?“
„Das heißt, dass du mir so schnell wie möglich ein Taxi rufen sollst, bevor ich einen Riesenfehler mache.“
Er nickte und wusste genau, was sie meinte.
10. KAPITEL
Der schönste Teint
Während ihr Taxi durch den Mittagsverkehr Manhattans kroch, stieg Panik in Chloe auf.
Was sollte sie nur tun?
Außer sich in ihrer Wohnung einzuschließen und wie ein Einsiedler zu leben, bis sich ihre obersten Hautschichten erneuert hatten?
Warum hatte sie ausgerechnet an die Mitarbeiterin im Bräunungsstudio geraten müssen, die nicht nur neu dort war, sondern obendrein dämlich?
Mit dem Tuch über dem Kopf und der riesigen Sonnenbrille, die ihr halbes Gesicht bedeckte, sah sie wahrscheinlich aus wie ein Möchtegern-Promi. Beides hatte sie einem Straßenhändler abgekauft, der so von ihrer Erscheinung in Anspruch genommen wurde, dass er gar nicht erst versucht hatte, ihr eine gefälschte Markenuhr aufzuschwatzen.
Der Taxifahrer beäugte sie über den Rückspiegel. Kein Wunder – sie sprach mit sich selbst. „Es geht schon wieder weg. Es geht schon wieder weg.“ Das wiederholte sie unentwegt, seitdem sie das Bräunungsstudio verlassen hatte.
„Ich habe mich anders entschieden“, sagte sie. Weil der Fahrer nicht reagierte, klopfte sie an die Plexiglasabtrennung. „Ich habe mich anders entschieden.“
„Geht es doch nicht wieder weg?“, fragte er vorsichtig.
Chloe räusperte sich. „Nein, das heißt: doch. Es wird schon wieder … egal. Ich möchte, dass sie mich woanders hinbringen“, erklärte sie und nannte ihm die neue Adresse.
Eine Viertelstunde später hielt das Taxi vor dem Gebäude von Ford Technology Solutions. Chloe huschte hinein und sprang in den ersten freien Aufzug.
Gerade war Mittagszeit, daher befand sich Simons Sekretärin beim Lunch. Doch er war in seinem Büro. Als sie früher am Tag miteinander telefonierten, stand für ihn bereits fest, dass er am Platz essen und sich dabei auf ein Meeting vorbereiten wolle. Als sie ihn erspähte, atmete sie erleichtert auf. Vor ihm waren sein Mittagessen und ein Stapel Unterlagen ausgebreitet. Seine Krawatte war verrutscht und er hatte die Ärmel seines Hemdes hochgekrempelt. Sein volles, normalerweise ordentlich frisiertes Haar war strubbelig, wahrscheinlich, weil er mit den Fingern hindurchgefahren war. So gefiel es ihr besser. Sie fand es sexy.
In letzter Zeit kam es immer öfter vor, dass sie etwas an Simon sexy fand. Zum Beispiel, wie er ihr vor ein paar Tagen die Füße massiert hatte.
In ihrem Kopf begannen die Alarmglocken zu läuten. Sie bemühte sich, nicht an den Abend oder daran, wie sie auf Simon reagiert hatte, zu denken. Stattdessen konzentrierte sie sich auf all jene seiner Eigenschaften, die der Grund ihres Kommens waren. Er war verlässlich, pragmatisch und besonnen. Er würde wissen, was zu tun war.
Doch zunächst verschluckte er sich an seinem Sandwich und warf die Flasche Wasser um, die auf seinem Schreibtisch stand.
„Chloe?“ Er schlug sich auf die Brust und tupfte dann die nass gewordenen Unterlagen mit Servietten
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