Julia Extra Band 348
hatte sie es ausgesprochen. Die Frage schwebte zwischen ihnen. Und sein Gesichtsausdruck blieb unergründlich.
Schließlich antwortete er: „Ja, hat es.“
Zwei Wörter, die ihr den Atem stocken ließen. „In … in wiefern?“
Er atmete aus und sagte ihren Namen.
Auf einmal wollte sie es gar nicht mehr wissen. Sie hatte alles falsch gedeutet und sich etwas vorgemacht. Wenn Simon etwas von ihr gewollt hätte, so würde er es ihr längst gesagt haben. Und so, wie die Dinge standen – denn er hatte ja nichts gesagt –, reichte es ihr, seine beste Freundin zu sein. Gut, es reichte vielleicht nicht ganz, aber das war nicht so schlimm. Hauptsache, sie würde ihn nicht verlieren.
„Um noch mal auf meine Situation zurückzukommen – ich kann froh sein, dass ich es erst mal nur ausprobiert habe.“
Er runzelte die Stirn.
„Das Bräunungsstudio“, erklärte sie. „Stell dir vor, das Klassentreffen würde schon dieses Wochenende stattfinden!“
„Und, wärst du hingegangen?“
„Wie bitte? Um diesen Mädchen noch einen Grund mehr zu geben, mich zu ärgern? Es ist schon schlimm genug, dass ich alleine hingehen muss.“
„Du kannst doch mit mir hingehen.“
„Hast du niemanden, der mitkommt?“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich bin ja gerade solo.“
Aber wenn er wollte, könnte er irgendeine tolle Frau finden, die ihn begleiten würde. Die Vertreterinnen des schönen Geschlechts standen bei ihm geradezu Schlange.
Chloe schluckte. „Ist schon in Ordnung.“
„Was ist in Ordnung?“
„Du brauchst kein Mitleid mit mir zu haben. Du kannst ruhig mit einer anderen hingehen.“ Um überzeugender zu wirken, lächelte sie. „Dieses Model, mit dem du vor einer Weile ausgegangen bist, würde dich bestimmt begleiten. Ihr habt euch damals im Guten getrennt. Wenn du sie mitbringst, sterben die anderen Jungs vor Neid.“
„Das ist es doch gerade, Chloe – ich habe gar kein Interesse daran, dass sie vor Neid sterben.“
„Trägst du es ihnen denn überhaupt nicht nach, wie sie dich behandelt haben?“
„Wenn ich das überhaupt jemals getan habe, dann bin ich längst darüber hinweg. Sie mochten mich nicht, weil sie mich nicht verstanden haben. Ich war … seltsam.“
„Das warst du nicht.“
„Dann eben nachdenklicher.“
„Na gut, das stimmt wohl.“
„Wie auch immer. Das ist lange her. Und es ist doch etwas Vernünftiges aus mir geworden.“
Chloe lachte. „Das ist die Untertreibung des Jahres. Deine Firma wird es in den nächsten Jahren auf die Liste der 500 umsatzstärksten Unternehmen schaffen.“
„Vorausgesetzt, dass wir das derzeitige Wachstum beibehalten, ja“, pflichtete er ihr sachlich bei.
„Habe ich dir eigentlich schon mal gesagt, dass ich stolz auf dich bin?“
Er wandte den Blick ab. „Ja, hast du.“
„Und zwar deswegen, weil ich es bin. Du bist super, Simon. Nicht nur, weil du beruflich so erfolgreich bist. Sondern auch, weil du selbst dann, wenn du dich eigentlich auf ein Meeting vorbereiten müsstest, noch Zeit für eine Freundin findest, die gerade mitten in einer Lebenskrise steckt.“
„Du bist orange“, sagte er, ohne eine Miene zu verziehen. „Was hätte ich denn tun sollen?“
Sie lachte. „Genau das meine ich. Durch dich kann ich dem Ganzen auch etwas Komisches abgewinnen.“
„Irgendwann hättest du das auch ohne mich getan.“
„Irgendwann“, stimmte sie ihm zu. In zehn oder zwanzig Jahren würde sie darüber lachen können. „Also danke, dass du es mir jetzt schon gezeigt hast.“
„Du bist es, die super ist. Ich bin stolz auf dich, Chloe.“
„Aber ich habe nichts …“
„Was hast du nicht?“, fragte er und klang fast ein wenig gereizt. „Obwohl du ständig gemobbt wurdest und eine große Schwester hast, die froh darüber war, dass sie dich immer in den Schatten stellen konnte, hast du deinen Highschool-Abschluss mit Auszeichnung bestanden. Und dein Collegestudium, das du dir größtenteils selbst finanzieren musstest, hast du in vier Jahren abgeschlossen.“
„Du hast auch nur vier Jahre gebraucht.“
„Ich hatte ein Vollstipendium.“
„Weil du so intelligent bist.“
Er stand abrupt auf. „Lass das.“
„Was?“
„Ich kann es nicht mehr hören, wie du dich ständig selbst runtermachst. Es ist schlimm genug, dass Natasha und die andern auf der Highschool ständig auf dir herumgehackt haben. Und deine Schwester tut deinem Selbstwertgefühl auch nicht gerade gut.“
„Frannie?“
„Sie ist neidisch auf dich.
Weitere Kostenlose Bücher