Julia Extra Band 348
schenkte ihm ihr schönstes Lächeln mit unschuldig aufgerissenen Augen. „Ich sehe die Schlagzeilen schon vor mir: Römischer Aristokrat bestiehlt wehrlose Großmutter “, flötete sie zuckersüß. „Vielleicht lassen sich ja noch die Worte Kätzchen und Hündchen in die Untertitelung einbauen.“
„Sie vergessen da etwas – Sizilianischer Bürger schützt sein Land vor amerikanischem Gangster “, konterte er blitzschnell und lächelte überlegen. „Oder sagt Ihnen die Wortwahl nicht zu?“
„Sie sind genauso wenig Sizilianer wie ich.“
„Meine Vorfahren haben sich vor über fünfhundert Jahren in Sizilien niedergelassen.“
„Sie meinen, sie sind eingefallen und haben es besetzt. Die Orsinis waren schon vorher da. Und wenn Sie glauben, meinem Klienten würde es etwas ausmachen, von den Zeitungen Gangster genannt zu werden …“ Sie lächelte ihn strahlend an. „Glauben Sie mir, Valenti, es wäre nicht das erste Mal.“
„Sie sollen mich anders ansprechen“, erwiderte er und verabscheute sich dafür. Verabscheute die Frau, da sie ihn dazu brachte, sich so lächerlich zu verhalten. „Und was die Schlagzeilen betrifft … die kommen und gehen.“
Immer noch lächelte sie. Es war die Art Lächeln, bei dem er liebend gern aufgesprungen wäre und sie aus seinem Büro geworfen hätte. Oder sie in seine Arme gezogen und daran erinnert hätte, dass er ihre Verachtung ohne große Anstrengung in heißes Verlangen verwandeln konnte.
„Wissen Sie, durchlauchtigste Hoheit, wir in den Staaten lieben solche Storys. Wir verschlingen die Post, People, The Star geradezu, all diese saftigen Klatschmagazine. Und dann gibt es da noch die Blogs im Internet. Und die Nachrichten der Kabelsender.“
„Sie fordern Ihr Glück schon wieder heraus“, bemerkte er gefährlich leise.
Das wusste sie selbst, aber jetzt war es zu spät für einen Rückzieher. „Ich bin sicher, selbst die anspruchsvolleren Zeitungen werden sich für die Story begeistern.“ Sie beugte sich vor. „Ich hatte immerhin genügend Zeit, um Sie zu googeln. Sie sind nicht nur ein Prinz, der das Bauernvolk bestiehlt …“
„Das Sprachrohr eines Gangsters schimpft mich einen Dieb?“
„… Sie leiten auch ein riesiges Finanzimperium.“
Das ernüchterte Draco abrupt, er stand auf, die Miene eiskalt. „Wenn Sie einen Punkt haben, dann kommen Sie endlich darauf.“
„Oh, den habe ich.“ Sie machte eine bedeutungsschwangere Pause, als wäre sie in einem stickigen Gerichtssaal und nicht in einem hellen eleganten Büro. „Wie, glauben Sie, würde sich im heutigen wirtschaftlichen Klima ein solcher Skandal auf Ihr Unternehmen auswirken?“
„Sie wagen es, mir zu drohen? Was bilden Sie sich ein, wer Sie sind?“
Statt zu antworten, holte Anna eine Visitenkarte aus ihrer Jacketttasche und schrieb den Namen ihres Hotels auf die Rückseite, bevor sie Draco die Karte überreichte.
Er las den gedruckten Namen und kniff die Augen zusammen. „Sieh einer an … Anna Orsini.“
„Richtig, so heiße ich. Anna Orsini“, bestätigte sie munter. Dann wurde ihre Stimme eisig. „Cesare Orsinis Tochter. Mit anderen Worten, ein vollwertiges Mitglied der Orsini- famiglia . Ich würde Ihnen raten, das nicht zu vergessen.“
Als Schlusswort machte sich das doch richtig gut, oder? Vor allem, da ihr Gegenüber aussah, als würde er jeden Moment über den Schreibtisch hechten und ihr an die Gurgel gehen. Und da ihr eigenes Herz so heftig schlug, dass sie befürchtete, es könnte ihr aus der Brust springen.
Anna packte ihre Aktentasche, drehte sich um und floh so aufrecht und stolz wie möglich.
6. KAPITEL
Draco sah Anna Orsini nach, wie sie mit hoch erhobenem Kopf und gereckten Schultern aus seinem Büro verschwand. Ihre Haltung sagte lauter als alle Worte: Du hast nicht die geringste Chance!
Oder so ähnlich. Denn die höllisch sexy Stilettos beeinflussten ihren Gang. Darum schwangen ihre Hüften ausnehmend weiblich, auch wenn sie sich Mühe gab, im Stechschritt zu marschieren.
Blonde Sirene oder kaltblütiger consigliere? Wer war die echte Anna Orsini? Eine Sekunde lang stand Draco gefährlich nahe davor, eine Antwort von ihr zu verlangen.
Er würde ihr nachgehen, sie packen und zu sich herumdrehen. Zum Teufel, Lady, bist du wirklich dumm genug zu glauben, ich würde mich von dir und deinem Gangstervater einschüchtern lassen? wollte er sie fragen.
Oder vielleicht würde er auch nichts sagen, sondern sie nur küssen, bis sie alles vergaß und
Weitere Kostenlose Bücher