Julia Extra Band 348
verwaschen, aber der aufgedruckte Spruch prangte noch immer deutlich lesbar auf der Vorderseite.
Eine Frau ohne Mann ist wie ein Fisch ohne Fahrrad.
Selten hatten wahrere Worte ein T-Shirt geschmückt.
Anna zog sich an und betrachtete sich im Spiegel. Die Jeans saß ihr tief auf den Hüften, das T-Shirt war ein wenig zu kurz und ließ einen Streifen Haut frei. Ihr Bauchnabel war zu sehen. Vielleicht würde sie sich ein Piercing machen lassen, wenn sie wieder zu Hause war.
Zu schade, dass sie nicht schon eins hatte. Das wäre wirklich der perfekte Aufzug für Dracos elegantes Büro. Denn dahin würde er sie garantiert bringen. Hoffte er, sie einschüchtern zu können? Dann hatte er sich verkalkuliert. Ganz gleich, was er ihr zu sagen hatte, der Kampf war noch lange nicht zu Ende. Schließlich gab es auch in Italien Gerichte, und Cesare hatte genug Geld, um die Übersetzer und Anwälte zu bezahlen, die sie anheuern würde.
Vor der Presse hatte sie Draco schon gewarnt. Ihr Vater wäre wenig begeistert über den Medienrummel, damit hatte Draco recht. Aber wen interessierte schon, was Cesare dachte? Er hatte sie auf diesen Fall angesetzt. Wie sie vorging, war ihre Sache.
Anna schnappte sich ihre Handtasche. Nein, sie würde morgen nicht zurückfliegen wie geplant, sondern solange in Rom bleiben, wie es nötig war, um das Land ihrer Mutter zurückzuholen.
Noch wusste sie nicht genau, wie sie das anstellen würde, aber es würde ihr gelingen. Und danach konnte Prinz Draco Marcellus Valenti zur Hölle fahren!
10. KAPITEL
Anna stand bereits vor dem Hotel, als Draco vorfuhr. In dem nach dem Regen milchigen Sonnenschein konnte er sehen, dass sie seinen Rat befolgt hatte.
Kein Businesskostüm, keine Killer-Stilettos, sondern Jeans, Turnschuhe und … Was stand auf dem T-Shirt? Mit zusammengekniffenen Augen entzifferte er die Worte und wappnete sich für einen langen, anstrengenden Tag.
Zumindest sah sie wie eine durchschnittliche Frau aus.
Von wegen. An ihr war nichts durchschnittlich. Alles war typisch und einzigartig Anna – die steife Haltung, das angriffslustig gereckte Kinn, die widerspenstigen goldenen Locken, die schon jetzt angestrengt versuchten, dem Haarclip zu entkommen. Sogar die Turnschuhe, die sicherlich schon bessere Zeiten erlebt hatten, passten zu ihr.
Wie hatte er sie beschrieben? Verletzlich und stark. Na und? Er wollte, dass sie verschwand, und morgen würde es so weit sein.
Der Portier eilte hinzu, um die Wagentür für sie aufzuziehen. Anna warf ihm einen vernichtenden Blick zu und winkte ihn fort. Draco war sicher, dass, hätte sie jetzt noch den Daumen nach unten gedreht, von irgendwoher Löwen herbeigesprungen wären und den armen Mann in Fetzen gerissen hätten.
Und dann dieses T-Shirt. Dass die dünne Baumwolle sich eng um ihre Brüste schmiegte, ignorierte er. Es war der Spruch, der ihn beschäftigte. Aus einem irrwitzigen Grund wollte er Anna in den Wagen zerren und sie küssen, bis ihr Hören und Sehen verging.
„Was ist so amüsant?“, fragte sie gereizt.
„An dir ist nicht das Geringste amüsant, Orsini.“ Er beugte sich über den Beifahrersitz und stieß die Wagentür auf. „Steig ein.“
„Du hast die Botschaft offensichtlich nicht verstanden. Ich kann meine eigenen Türen öffnen.“
Die Lady konnte wirklich eine Lektion in Manieren gebrauchen. Und die würde sie in den wenigen Stunden, die sie noch miteinander zu tun hatten, auch von ihm bekommen.
Seine Stimme war genauso eisig wie ihre. „Entschuldige. Für einen Moment hatte ich vergessen, wie du über gute Manieren denkst.“ Ihre Wangen liefen pink an. Gut. „Was den Portier anbelangt, der Mann wollte nur seinen Job machen.“
„Ein völlig unnützer Job.“
„Unnütz oder nicht, er sorgt für Brot und Butter. Aber jemand in deiner Situation hat sich über so etwas wahrscheinlich nie Gedanken gemacht.“
Das Brennen auf ihren Wangen wurde heißer. Natürlich hatte er recht mit seinem Einwand über Brot und Butter. Sie wusste doch selbst, wie es war, wenn man jeden Penny zweimal umdrehen musste, weil man finanzielle Unterstützung vom Vater beim Studium strikt ablehnte. Weil man die Brüder belog und behauptete, man brauche keine Hilfe bei Studiengebühren, Zimmermiete, Essensgeld. Was ein Prinz allerdings davon verstehen sollte, war ihr unklar.
„Steigst du jetzt ein oder nicht? Entscheide dich, consigliere. “
Anna ließ sich auf den Sitz gleiten und schenkte dem Portier ein freundliches Lächeln,
Weitere Kostenlose Bücher