Julia Extra Band 348
würdest du dann wohnen wollen?“
Seine Augen funkelten sie an. „Veronica, lass dieses Thema bitte.“
Sie warf den Kopf zurück. „Bild dir bloß nichts ein. Ich wollte mich lediglich unterhalten und keine Familie mit dir gründen.“
Nervös fuhr er sich mit den Fingern durchs dichte Haar. „Es ist kompliziert“, sagte er. „Ich bin kompliziert.“
„Sind wir das nicht alle?“ Es klang mehr wie eine Feststellung als eine Frage, und er nickte.
„Du bist es jedenfalls auch“, sagte er leise und trank einen Schluck Wein. „Eine Familie kommt für mich jedenfalls nicht infrage.“
Ihr wurde das Herz schwer. Ja, sie wollte eine Familie – einen Mann, Kinder. Aber im Moment noch nicht, vielleicht in ein paar Jahren. Natürlich war sie nicht so naiv zu glauben, dass nach einer heißen Nacht mit Raj die große Liebe ausgebrochen wäre. Doch wieso sagte er ihr ins Gesicht, dass er keine Kinder wollte?
Es schmerzte sie, dass Männer nie daran dachten, eine Familie mit ihr zu gründen. Sie sahen in ihr nur eine Frau für ein unverbindliches, flüchtiges Abenteuer. An einer tiefer gehenden Beziehung mit ihr schien niemand interessiert. Das machte sie traurig.
Sie legte die Serviette auf den Tisch und sprang auf. „Vielen Dank für das hervorragende Essen. Aber ich glaube, es ist Zeit, ins Bett zu gehen. Der Tag war aufregend genug.“
„Veronica.“ Er stand auf und streckte die Hand nach ihr aus, als wolle er sie aufhalten.
Sie drehte den Kopf in Richtung Meer. „Schon gut, Raj. Ich bin einfach nur müde.“
„Es hat wirklich nichts mit dir zu tun. Ich mag mein Leben so, wie es ist.“
„Tatsächlich?“ Ihre Stimme klang kälter als beabsichtigt.
Er sah sie mitleidig an. Das lag sicherlich daran, dass sie ihm von dem Baby erzählt hatte. Warum hatte sie nicht geschwiegen? Sie wollte sein Mitleid nicht, verdiente es nicht.
„Nicht jeder Mensch hat die gleichen Wünsche. Ich habe Geld, meine Freiheit. Mehr brauche ich nicht.“
„Wie einsam das klingt“, erwiderte sie. „Was ist in zwanzig Jahren, wenn du plötzlich feststellst, dass du niemanden hast, der sich um dich kümmert?“
Er schüttelte den Kopf. „Eines Tages wirst du ihn finden.“
„Wen finden?“, fragte sie innerlich bebend.
Er hob die Hand und streichelte ihr eine Wange. „Den Mann, der dich so liebt, wie du es dir wünschst.“
10. KAPITEL
Raj war wütend auf sich selbst. Er hätte Veronica allein lassen sollen, damit sie sich ihrem Groll, den sie gegen ihn hegte, hätte hingeben können. Stattdessen hatte er sie gebeten, sich für ihn chic anzuziehen, dann hatte er mit ihr auf der Terrasse gegessen und sich eine Stunde lang angeregt unterhalten. Ihr fröhliches Lachen und ihre offene Art hatten ihn noch weiter in ihren Bann gezogen.
Kopfschüttelnd stand er nun auf der Terrasse. Es war immer noch schwül, aber vom Meer her wehte eine angenehme Brise.
Warum war er nicht ohne sie geflogen? Er hatte sie verletzt, als er ihr Vertrauen missbraucht und sie gegen ihren Willen nach Goa gebracht hatte. Und heute Abend hatte er sie noch einmal verletzt, weil er ihr nicht hatte erklären wollen, warum er sich nirgends auf der Welt zu Hause fühlte und niemals eine Familie gründen konnte.
Bei ihr hatte er die Selbstdisziplin zu schnell verloren. Er hatte seinen persönlichen Ehrenkodex gebrochen, als er sich mit ihr eingelassen hatte. Und für eine einzige Nacht mit ihr würde er ihn sofort wieder brechen. In Wahrheit hätte er für eine Nacht mit ihr sogar seine Seele verkauft.
Sie war nicht wie andere Frauen. Kurze Beziehungen hatte es in seinem Leben durchaus gegeben, einige hatten sogar mehrere Monate gehalten. Aber nie zuvor hatte er das Gefühl gehabt, dass eine Frau die Ruhelosigkeit in seinem Inneren vertreiben konnte.
Wahrscheinlich lag es nur an den Umständen, unter denen sie sich kennengelernt hatten. Er hatte ein verzogenes Mädchen erwartet, dem es gelungen war, ein ganzes Land an der Nase herumzuführen. Stattdessen hatte er eine nachdenkliche, intelligente Frau getroffen, die zwar kein vorbildliches Leben geführt hatte, aber für ihr Land bereit war, alles zu geben.
Er bewunderte sie. Vor zwei Tagen hätte er das nicht für möglich gehalten.
Sie hatte in ihrem Leben viel Leid ertragen müssen, sich davon aber nicht unterkriegen lassen. Den Mut hatte sie nicht verloren.
Und sie hatte ihm vertraut, aber er hatte sie enttäuscht. Jetzt schämte er sich dafür.
Leise fluchend ging er ins Haus, zu ihrem
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