Julia Extra Band 348
„Sehen Sie sich diesen Mann an. Ein schöner Anblick, oder? So exotisch und gefährlich wie ein Tiger.“ Einen Moment lang schwieg sie und sah ihm in die Augen – wütend, verletzt, anklagend. Dann sprach sie ins Mikrofon: „Aber ich kann Ihnen versichern, dass zwischen uns nichts ist. Mr Vala denkt nur ans Geschäft. Das Wort ‚Vergnügen‘ existiert für ihn nicht.“
Gelächter ertönte. Veronica winkte und verabschiedete sich. Das musste er ihr lassen: Sie wusste, wie man die Menschen für sich einnahm.
Sie bahnten sich ihren Weg zu ihrer Staatslimousine und fuhren zum Präsidentenpalast. Raj verbrachte den Vormittag gemeinsam mit seinem Team und Veronicas Sicherheitsleuten und gab Anweisungen, was in Zukunft für Maßnahmen zu ihrem Schutz getroffen werden sollten.
Später suchte er sie in ihrem Arbeitszimmer auf. Sie saß an einem großen antiken Schreibtisch und unterzeichnete gerade ein Schriftstück.
Als er eintrat, richtete sie sich auf und faltete die Hände vor der Brust. Er versuchte, nicht an ihre herrlichen Brüste und die hart aufgerichteten Knospen zu denken, die er vor Kurzem noch liebkost hatte.
„Ich gehe jetzt“, sagte er bestimmt. „Meine Leute werden so lange bleiben, wie du sie brauchst. Außerdem kannst du mich jederzeit anrufen, dann komme ich sofort.“
„Vielen Dank, dass du …“ Sie schluckte. Die Sonne schien durchs Fenster und ließ ihr blondes Haar erstrahlen. Niemals zuvor hatte er sich so elend gefühlt. „Vielen Dank, dass du mich beschützt hast.“
„Es war mir ein Vergnügen.“ Zu spät merkte er, dass er die falschen Worte gewählt hatte.
„Und vielen Dank für den Sex.“ Sie zog eine Augenbraue hoch.„Was hätte ich bloß getan, wenn du meinem Verlangen nicht wieder auf die Sprünge geholfen hättest.“
„Veronica, bitte tu das nicht.“
„Was soll ich nicht tun? Dir das Gefühl geben, dass du dich wie ein Schuft benommen hast? Ich will es aber. Dann geht es mir nämlich zumindest für einen kurzen Moment etwas besser.“
„Ich wollte dir nicht wehtun“, erwiderte er ruhig. „Später einmal wirst du mir dankbar sein. Und jetzt spiel bitte nicht die Märtyrerin.“
Ihre Augen funkelten böse. „Wer spielt denn hier den Märtyrer? Vor mir steht ein Mann, der noch nicht einmal den Versuch wagt, glücklich zu sein. Das passt nämlich nicht zu seinem Selbstbild.“
Ihre Worte trafen ihn tief. Aber machte sie sich nicht selbst etwas vor und hielt an einem falschen Selbstbild fest? Er musste wissen, ob sie endlich mit sich ins Reine gekommen war.
„Hast du dir denn die Fehlgeburt verziehen?“
Sie ließ den Kopf sinken. „Du hast recht. Solange ich selbst Schuldgefühle habe, kann ich von dir nicht verlangen, deine abzulegen.“ Dann blickte sie wieder hoch. „Ich habe lange nachgedacht und werde versuchen, mich nicht mehr selbst zu quälen. Wahrscheinlich werde ich mir nie ganz verzeihen können, aber ich will endlich akzeptieren, dass manche Dinge eben geschehen.“
„Ich wünsche dir viel Glück.“
Das Telefon auf dem Schreibtisch klingelte. Für einen Moment sah sie Raj in die Augen, als würde sie nur auf ein Wort von ihm warten.
„Lebewohl, Veronica.“
Veronica beendete das Gespräch mit dem Botschafter von Marokko. Raj war wahrscheinlich längst auf dem Weg zum Flughafen. Er hatte sie verlassen, und sie fühlte sich einsam und hilflos.
Der Mann, den sie liebte, wollte keinen Versuch wagen, sie ebenfalls zu lieben. Der Schmerz war so ungeheuerlich, dass sie meinte, sterben zu müssen. Aber natürlich würde sie auch das überstehen.
Sie sprang vom Schreibtisch auf und ging in das Büro ihrer Sekretärin. Martine warf den Telefonhörer auf die Gabel, als hätte Veronica sie bei einem Privatgespräch erwischt. Aber die Präsidentin von Aliz hatte andere Sorgen. Tatsächlich nahm sie den leidenden Blick, mit dem Martine sie in den letzten Tagen bedacht hatte, mit steigender Gereiztheit wahr.
„Ich ziehe mich um“, sagte sie kurz.
Martine nickte. Veronica verließ das Büro und ging zur Präsidentenwohnung. Madame Brun, die Frau des ehemaligen Präsidenten, hatte die Privaträume des alten Barockpalasts in einem Stil eingerichtet, den Veronica abscheulich fand. Überall Spiegel, Rüschen und winzige Sitzmöbel, auf die man sich nicht setzen mochte, aus Angst, die zierlichen Beine würden brechen.
In naher Zukunft wollte sie die Einrichtung durch eine moderne ersetzen, aber im Moment hatten wichtigere Dinge Vorrang. Sie
Weitere Kostenlose Bücher