Julia Extra Band 358
ihnen.
Lässig lehnte er sich dann gegen den Rahmen und betrachtete Alyssa, die nicht mehr ein noch aus wusste. Sie war allein mit einem notorischen Frauenhelden, der weitaus attraktiver wirkte als sie erwartet hatte.
Sie wollte etwas sagen, brachte jedoch keinen Laut über die Lippen. Lysander dagegen lebte regelrecht auf.
„Endlich Ruhe, was für eine Wohltat!“ Sein Englisch besaß einen melodischen, unverwechselbaren Akzent. „Der neue Job hat meinen gewohnten Lebensstil total auf den Kopf gestellt, das kann ich Ihnen verraten. Endlich kann ich Ihnen meine ungeteilte Aufmerksamkeit schenken.“
Alyssa schluckte, als er seinen Platz neben der Tür verließ und näher kam. Prinz Lysanders gewinnendes Lächeln weckte in ihr Gefühle, gegen die sie sich sträubte. Nicht schon wieder wollte sie sich von einem Mann das Leben zerstören lassen. Die Sache mit Jerry war gerade mal ein Vierteljahr her!
Sich Lysander Kahanis Wirkung zu entziehen, fiel ihr schwer, denn er sah sie an, als wäre sie die begehrenswerteste Frau der Welt. So gut der bewundernde Blick seiner faszinierend dunklen Augen ihrem Selbstbewusstsein auch tat, die Situation war äußerst gefährlich und Alyssa gab sich alle Mühe, sie zu entschärfen.
Sie deutete auf die Papiere, die er auf einen der Tische gelegt hatte. „Wenn Sie zu tun haben, kann ich gerne noch etwas warten.“ Sie musste unbedingt Zeit gewinnen, um sich wieder zu fassen.
„Das eilt alles nicht.“ Achtlos schob er den Stapel beiseite. „Viel lieber möchte ich mich mit Ihnen unterhalten … Alyssa .“
Die Art, wie er ihren Namen aussprach, ließ Alyssa erschauern. Es fiel ihr schon schwer genug, für einen Mann mit seinem Ruf zu arbeiten, wenn er jetzt auch noch auf diese raffiniert unterschwellige Art mit ihr zu flirten begann, würde sie vollends die Kontrolle verlieren. Wenn sie doch nur schon mit Ra’id in den ihm und ihr vorbehaltenen Räumen wäre!
Sie war zum Arbeiten hier und nicht zum Vergnügen, das musste sie Prinz Lysander von Anfang an klarmachen.
„Vielleicht sind ja wichtige Angelegenheiten darunter“, wandte sie daher ein.
Er schüttelte den Kopf. „Alles völlig belanglose Dinge: Testate und medizinische Gutachten für diverse Versicherungen, die ich für ein Kind abschließen muss, das ich kaum kenne. Reden wir lieber über Sie, das ist erfreulicher.“
Diese Gleichgültigkeit gegenüber dem Wohl ihres neuen Schützlings wirkte auf Alyssa wie eine kalte Dusche. Statt weiter unter Lysanders Blicken dahinzuschmelzen, legte sie den Kopf in den Nacken und blickte ihn herausfordernd an.
„Das sehe ich anders. Als Nanny Ihres Neffen sind für mich dessen Belange von größtem Interesse und höchster Wichtigkeit.“
Dem Prinzen verging das Lächeln, und Alyssa genoss ihren Sieg – jedoch nur kurz.
„Wie kompetent Sie sind!“ Eingehend musterte er sie von Kopf bis Fuß. „Und dabei sehen Sie so gar nicht wie eine Oberlehrerin aus. Mein Kompliment, Alyssa Dene.“
Er verbeugte sich übertrieben tief, ergriff ihre Hand und ließ die Lippen sinnlich langsam über die Fingerspitzen gleiten.
„Bitte nicht, Königliche Hoheit.“ Alyssa zog die Hand zurück, musste aber trotzdem über den Scherz lächeln.
Theatralisch griff er sich ans Herz. „Vernichten Sie nicht mein letztes Fünkchen Hoffnung, Alyssa. Sie sind mein Sonnenstrahl – die einzige Frau unter dem Rang einer Ministerin, mit der ich seit über drei Wochen allein sein darf. Sehen Sie mich an.“ In gespielter Verzweiflung hob er die Hände und stöhnte. „Ich hatte ein wunderbares Leben, und was ist daraus geworden? Jetzt bin ich ein gefangener Tiger, der darauf dressiert wird, genau das zu tun, was die Öffentlichkeit von ihm erwartet.“
Alyssa spürte, wie sie seinem Charme zu erliegen drohte. Aus Ärger über sich selbst ließ sie sich zu einer bissigen Bemerkung hinreißen. „Und obendrein sind Sie reich wie Krösus und dazu verurteilt, in einem prächtigen Schloss zu wohnen. Sie tun mir wirklich leid, Königliche Hoheit.“
Sobald die Worte ausgesprochen waren, wusste Alyssa, dass sie besser den Mund gehalten hätte. Prinz Lysanders Miene verschloss sich und sein Blick wurde hart.
Wahrscheinlich wird er mir kündigen, bevor ich meinen Job überhaupt angetreten habe! Und was wird dann aus seinem armen kleinen Neffen?
„Vor einem Monat habe ich meinen Bruder, meine Schwägerin und meine Freiheit verloren“, begann der Prinz mit eiskalter Stimme.
„Ich weiß“,
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