Julia Extra Band 358
war.
Es schien ihr, als wäre er nicht mehr der Mann, den sie damals gekannt und so stark abgelehnt hatte, sondern jemand, mit dem sie mitfühlen konnte und den sie besser kennenlernen wollte.
„Erde an Jo …“
„Es läuft wirklich gut“, erwiderte sie, bevor sie noch ein Stück Kuchen aß. „Mh, lecker …“
Als sie einen flüchtigen Blick in Livs Richtung riskierte, stellte sie erleichtert fest, dass deren Augen amüsiert funkelten. Sie war der einzige Mensch, der sie sofort durchschaute.
„Die anderen beiden Stücke fandest du auch lecker.“
Jo neigte den Kopf zur Seite. „Sag noch mal, warum wir das hier mit dir machen und nicht Blake?“
„Weil er sich mehr für die Flitterwochen als für die Hochzeitstorte interessiert.“
Das konnte sie gut nachvollziehen. Jo probierte ein weiteres Stück von der Schokoladentorte. „Nein, die hier ist die beste.“
„Wusstet ihr, dass Schokolade ein Ersatz für Sex ist?“, meinte Jess.
Jo seufzte zufrieden, während sie ein anderes Stück kostete. „Schokolade ist besser als Sex.“
Jess schnaufte verächtlich. „Von wegen!“
„Sie ist noch jung“, sagte Liv nachsichtig. „Sie wird ihre Erfahrungen machen.“
„Wenn sie ab und zu versuchen würde, welchen zu bekommen, würde sie sie viel eher machen.“
„Sie vergrault doch alle Männer.“
Jo schwenkte ihre Gabel. „Achtung, Feind hört mit …“
Sie konnte nichts dafür, dass die Männer sich ihr nicht gewachsen fühlten. Sie hatte mehr Lebenserfahrung als andere Vierundzwanzigjährige, war unabhängig und konzentrierte sich voll und ganz auf ihren Beruf. Dafür opferte sie auch gern ihre Freizeit. Und sie machte keinen Hehl daraus, dass sie kein Interesse an einer Beziehung hatte. So konnten die Männer sich natürlich schwer vorstellen, dass sie sie für etwas anderes als nur fürs Bett brauchte. Die meisten hatten allerdings auch kein Problem damit.
Nachdem sie sich kurz über die Vorzüge von Vanillecreme unterhalten hatten, fragte Jess: „Und, wie ist unser neuer Nachbar?“
„Um von unserem neuen Nachbarn zu sprechen, müsstest du dann nicht mehr als nur einmal pro Woche hier auftauchen?“ Jo lächelte zuckersüß.
„Sag Bescheid, wenn du Verstärkung brauchst.“
„Du magst Daniel.“
„Alle außer dir mögen Danny.“ Jess zuckte die Schultern. „Er ist, was er ist, und steht dazu.“
„Früher hat er sich mit seiner Ehrlichkeit immer Probleme eingehandelt“, bestätigte Liv. „Aber das hat ihn gerade so verlässlich gemacht.“
Allmählich fragte sich Jo, ob die anderen Daniel wirklich so gut kannten, wie sie glaubten, doch das behielt sie lieber für sich.
„Habt ihr euch wegen der Torte schon entschieden?“, erkundigte sie sich.
„Ich schwanke noch zwischen den verschiedenen Schichten dieser drei.“ Liv zeigte mit ihrer Gabel auf den leeren Teller.
„Was steht als Nächstes auf der Liste?“
„Der Blumenschmuck.“
Sie sprachen wieder über die Hochzeitsvorbereitungen, als sie die Konditorei verließen und an der öffentlichen Bibliothek vorbei zur nächsten U-Bahn-Station gingen. Vor dem großen Säulenbau standen mehrere Männer mit Helmen und kugelsicheren Westen.
„Ist das nicht Danny?“, meinte Jess plötzlich.
Als Olivia und Jess auf ihn zugingen und sie den beiden widerstrebend folgte, musste Jo sich eingestehen, dass die Uniform wirklich sexy war. Aber Daniel hatte schon immer überlegen auf sie gewirkt. Während er Frauen mit einem Lächeln schwachmachte, konnte er gestandene Männer mit einem einzigen Blick einschüchtern.
„Ladies“, begrüßte er sie nun und nickte ihnen zu.
Jo riss sich zusammen. „Officer Moron.“
„Officer?“, wiederholte er mit unbeweglicher Miene. „Weil ich jetzt eine Waffe trage?“
Während sie das Kinn hob, musterte er sie flüchtig und sah ihr dann wieder in die Augen. Seltsamerweise fühlte sie sich plötzlich verletzlich. Vermutlich weil er wusste, dass sie sich an Dinge erinnerte, die sie bisher geflissentlich verdrängt hatte.
Jess lachte leise. „Hallo, Danny.“
Sofort ließ er seinen Charme spielen. „Hallo, Schöne.“
Jo stöhnte insgeheim über die Reaktion ihrer Freundin. „Ich muss jetzt los.“
„Ich dachte, wir wollten noch zum Blumenhändler?“
Sie warf Liv einen vielsagenden Blick zu. „Ich rufe dich nachher an.“
„Okay.“
Jo spürte Daniels Blick im Rücken, als sie in der Menge verschwand. Was sie dabei empfand, führte ihr vor Augen, warum sie seiner
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