Julia Extra Band 358
Vasilii in der intimen Enge des Fahrstuhls.
Ich kann jetzt noch nicht schlafen gehen, überlegte sie müde und öffnete die Suite mit ihrer Schlüsselkarte. Bevor wir uns morgen früh von den Chinesen verabschieden, muss ich mich mit Vasilii beraten haben.
Gerade, als sie zur Küchenzeile ging, um den Kaffeeautomaten anzuschalten, passierte es. Die Verbindungstür zur Nachbarsuite knarrte, und im nächsten Augenblick schwankte Gang Li auf sie zu.
„Nein!“, rief Laura laut und entschlossen, als er sie erreichte und sie packen wollte.
Doch Gang Li ignorierte ihren Widerstand und ergriff ihre Handgelenke. Brutal bog er ihr die Arme auf den Rücken. „Du kannst rumschreien, so viel du willst“, sagte er mit rauer Stimme. „Keiner wird dich hören, und keiner wird kommen. Warum machst du es uns beiden nicht leichter, indem du dich einfach fügst?“
„Niemals“, zischte sie. „Mein Chef kann jede Minute hier sein.“
„Nein, das wird er nicht. Dafür habe ich gesorgt.“
Mit einer Hand hielt er ihre beiden Handgelenke hinter dem Rücken fest und näherte sich mit der anderen ihren Brüsten. Heftiger Ekel erfasste Laura, und sie riss mit aller Kraft ihr rechtes Knie hoch. Gang Li stürzte mit einem erstickten Schmerzensschrei nach hinten und prallte hart gegen die Wand.
„Dafür wirst du bezahlen“, brüllte der Chinese und spie Laura dabei scharfen Whiskyatem entgegen.
Ärgerlich verließ Vasilii auf seiner Etage den Lift. Die Chinesen spielten offenbar irgendein abgekartetes Spiel mit ihm. Wei Wong Zhang war auf kein Einzelgespräch mit ihm vorbereitet gewesen, sondern auf dem Weg in sein Bett. Vasilii konnte sich keinen Reim auf die Vorgänge machen, aber die verfahrene Verhandlungssituation raubte ihm allmählich den letzten Nerv.
Mit langen Schritten stürmte er in seine Suite und blieb entsetzt stehen, als er sehen musste, wie Laura mit ihrem spitzen Absatz Gang Lis Fuß attackierte. Der Chinese hatte eine Hand erhoben, um ihr einen Schlag zu versetzen.
Sofort löste Vasilii sich aus seiner Starre und machte einen Satz nach vorn, um Gang Lis Arm abzufangen. Mit seinem Körper schütze er Laura vor dem Schlag und auch vor den lüsternen Blicken des anderen Mannes. Dann grub er die Finger tief in die Schultern seines Kontrahenten und versuchte, ihn von Laura fortzureißen. Das gelang, doch Gang Li schaffte es noch, sie hart zu Boden zu schleudern. Dann riss er sich von Vasilii los und rannte zur Tür.
„Legen Sie sich hier hin“, sagte Vasilii sanft und führte Laura zum Sofa. Er griff zum Telefon. „Ich lasse einen Arzt für Sie rufen.“
Laura schüttelte den Kopf. „Nein, das ist nicht nötig. Mir geht es gut – bis auf ein paar blaue Flecken und einen riesigen Schreck.“
„Warum haben Sie ihn überhaupt reingelassen?“
„Habe ich nicht. Er war auf einmal hier drin, wahrscheinlich ist er durch die Verbindungstür gekommen. Er hat sich gerühmt, dass Sie nicht rechtzeitig kommen würden, um mir zu helfen, weil er Ihnen wohl extra eine falsche Nachricht geschickt hat.“
Sie zuckte zusammen, so heftig fluchte Vasilii, während er mit dem Finger eine Nummer ins Telefon hackte. „Ich werde Alexei veranlassen, eine Wache vor Gang Lis Zimmer zu postieren, bis wir ihn den Behörden übergeben können. Mit diesem Angriff wird er nicht davonkommen“, schwor er.
Zögernd nickte sie. Es dauerte eine Weile, bis sie begriff, was gerade geschehen war. Das Adrenalin wich langsam aus ihrem Körper und hinterließ eine bedrückende Leere. Laura wollte auf keinen Fall, dass Gang Li einer anderen Frau ebenfalls gefährlich werden konnte.
Nur nebenbei bekam sie mit, wie Vasilii mit dem russischen Hotelbesitzer telefonierte und alles Nötige veranlasste. Viel zu sehr nahm sie der wunderbare Geruch seines Aftershaves in Anspruch – und die Tatsache, dass dieser Mann ihr zur Hilfe geeilt war.
Schließlich legte Vasilii auf und betrachtete fassungslos die verschreckte Laura. Wäre er nicht rechtzeitig in der Suite erschienen, hätte Gang Li sie vergewaltigt, daran gab es keinen Zweifel. Brutal vergewaltigt! Ein unvorstellbarer Gedanke. Und er selbst hätte sich ein Leben lang Vorwürfe gemacht, weil er Laura nicht beschützt hatte. Erst jetzt wurde ihm sein eigener Schock bewusst. Er stand immer noch völlig unter Strom.
„Danke, dass Sie ihn aufgehalten haben“, sagte Laura mit belegter Stimme, und Vasilii schluckte schwer.
Er versuchte, auf Abstand zu gehen, sie nicht zu bedrängen, obwohl
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