Julia Extra Band 359
ganzen Tag weg … und nach der letzten Nacht, war das irgendwie … merkwürdig.“
„Merkwürdig?“
„Ich … ich habe mich benutzt gefühlt.“
„Was erwartest du eigentlich?“ Das war keine rhetorische Frage. Er wollte es tatsächlich wissen.
„Zeit! Mit dir!“
Warum nicht gleich die Sterne vom Himmel? Kann sie sich nicht mit Diamanten zufriedengeben? Allerdings gefiel ihm die Vorstellung von dem, was sie mit „Zeit mit dir“ meinte, durchaus. Zeit – viel Zeit – im Bett.
„Sergej?“ Clementine sah das Lächeln, das Sergejs Lippen umspielte, diese Lippen, die sie so gerne küsste. Nie zuvor hatte sie einem Mann gegenüber so empfunden. Vom ersten Augenblick an hatte er etwas in ihr angerührt. Sie fühlte sich ganz als Frau an seiner Seite. Auf keinen Fall wollte sie ihn aufgeben, aber sie durfte auch nicht ihre Selbstachtung verlieren. Genau das würde jedoch geschehen, wenn sie den Eindruck hätte, lediglich ein netter Zeitvertreib für ihn zu sein.
„Ich werde mir mehr Zeit nehmen“, gelobte er.
Er zog sie an sich, dann küsste er sie so, wie sie es sich erträumt hatte.
Von diesem Tag an sorgte Clementine dafür, dass sie aufwachte, bevor Sergej aufstehen musste. Sobald er sich regte, meistens um sechs, schlang sie die Arme um ihn. Schlaftrunken flüsterte sie ihm ins Ohr, was sie für den jeweiligen Tag geplant hatte, einen Galeriebesuch, einen Einkaufsbummel oder einen Spaziergang durch den Central Park. Sergej hörte ihr zu, und nach und nach gelang es ihr, auch ihn aus der Reserve zu locken.
So ging es bis Freitag. Als sie an dem Morgen die Augen aufschlug, war bereits helllichter Tag, und das Bett neben ihr war verlassen. Ihre Befürchtung bestätigte sich. Dies war nicht der Anfang einer wunderbaren Liebe, sondern lediglich eine Bettgeschichte.
Sie setzte sich auf und blickte deprimiert um sich. Noch immer konnte sie nicht fassen, von derartigem Luxus umgeben zu sein, aber ohne Sergej war das alles schal und leer.
Plötzlich ging die Tür auf, und er kam herein – mit zwei Kaffeetassen.
„Du bist ja schon wach, dushka !“
„Sergej!“ Clementine fing an zu strahlen.
„Bedecke deine Blöße, oder ich kann für nichts garantieren!“, sagte er gespielt anzüglich. „Wir fahren über das Wochenende nach Long Island – in die Hamptons.“
„Jetzt gleich?“
„Du machst es mir zwar wirklich schwer …“ Er ließ den Blick über ihren Körper schweifen. „ Da – ich meine tatsächlich jetzt direkt.“
Clementine sprang aus dem Bett und lief ins Bad.
Sergej sah ihr nach. Er musste zugeben, es gefiel ihm, morgens wach zu werden und sie neben sich zu haben. Und er freute sich auf ihr atemloses Sergej , wenn er sie anrief. Sie klang dann, als könnte sie ihr Glück gar nicht fassen und würde alles stehen und liegen lassen, um zu ihm zu eilen. Natürlich würde sie das nie wirklich tun, dachte er trocken, doch nicht Miss Unabhängig.
Er war sich ihrer nicht sicher. Das erklärte wahrscheinlich auch die Anziehung, die er selbst nach einer Woche noch verspürte.
Allmählich musste er seine Meinung über sie korrigieren. Offensichtlich war ihr tatsächlich nicht ganz klar, auf was sie sich eingelassen hatte. Seine Welt schien ihr völlig fremd, das bewies ihre Reaktion auf das Penthouse, in dem sie sich mit großen Augen umgesehen hatte.
Sie hatte keine Ahnung, wohin das alles führte – genauso wenig wie er.
New York vom Hubschrauber aus betrachtet raubte ihr den Atem, und für den Flug über den Atlantischen Ozean gab es keine Worte. Clementine presste ihr Gesicht an die Scheibe und sah hinunter, um auch nicht eine Sekunde des grandiosen Schauspiels zu verpassen.
„Du hast wirklich vor nichts Angst, kisa !“, schrie Sergej, um den Lärm der Rotoren zu übertönen.
„Wenn du wüsstest! Aber keine Höhenangst. Jetzt sag nur nicht, dass das da unten unser Ziel ist!“ Ein traumhaftes Anwesen am Strand war aufgetaucht, und sie verloren an Höhe.
„Willkommen in meinem Heim, Clementine“, sagte Sergej, nachdem der Hubschrauber gelandet war, und half ihr beim Aussteigen.
„Hier wohnst du?“
„Ich überlege, ob ich es kaufen soll. Im Moment miete ich es nur.“
„Und St. Petersburg?“
„Im Winter. Wenn ich es schaffe.“
Zum ersten Mal kam ihr der Gedanke, dass er wahrscheinlich in den USA lebte. Schließlich befand sich hier der Sitz seines Unternehmens. Natürlich lebt er nicht in einem Hotel – nur jetzt, da ich bei ihm bin. Sofort
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