Julia Extra Band 359
brauchen?“
„Nach so vielen Jahren habe ich es im Gefühl.“ Lucia überlegte. „Ich denke, für diese Menge an Soße würde ich etwa zwei Esslöffel insgesamt schätzen. Ich nehme etwas mehr Basilikum als Rosmarin, aber das ist Geschmackssache.“
Unvermittelt fuhr sie fort: „Und jetzt möchten Sie Romantik.“
„Na ja, eigentlich weiß ich gar nicht so recht, was ich will“, antwortete Rachel aufrichtig.
Lucia nickte befriedigt. „Frische Kräuter tut man erst kurz vorm Servieren dazu. Sie würden sonst zu viel Aroma verlieren.“
„Okay, getrocknete Kräuter am Anfang, frische später“, wiederholte Rachel. Bei dem köstlichen Duft, der aus dem Topf aufstieg, lief ihr das Wasser im Mund zusammen.
Ohne jede Vorwarnung fragte Lucia: „Finden Sie meinen Sohn attraktiv?“
„Tony?“ Rachel war verblüfft.
„Ich habe nur einen Sohn.“
„Ehrlich gesagt, viel zu attraktiv“, erklärte sie wahrheitsgemäß.
Lucia lachte herzhaft. „Sein Vater war genauso. Tony kommt ganz nach ihm. Nicht nur vom Aussehen her, sondern auch hier drin.“ Sie tippte sich auf den üppigen Busen. „Er ist ein guter Mann.“
„Das stimmt.“
Nachdem Lucia etwas Rotwein in den Topf gegossen hatte, schenkte sie sich selbst ein Glas ein. „Möchten Sie auch welchen?“
„Nein, danke.“
„Tony ist auch sehr großzügig“, bemerkte Lucia.
„Ganz besonders Frauen gegenüber.“ Rachel wurde rot. Wie konnte sie so etwas sagen? Vor allem, da er sie mietfrei bei sich wohnen ließ. „Ich meine, ich habe schon für so viele seiner Freundinnen Schmuck entworfen.“
Na toll, das war ja noch besser. Sie presste den Mund zusammen. Genauso gut hätte sie ihn als Jetset-Playboy bezeichnen können. Vor nicht allzu langer Zeit wäre ihr diese Beschreibung als zutreffend erschienen. Mittlerweile jedoch …
Aber Lucia wirkte ganz und gar nicht gekränkt. Sie seufzte nur tief und rührte erneut in dem Topf. „Jetzt kommen die gehäuteten und gehackten Tomaten mit rein.“
„Es riecht schon herrlich.“
„Ist aber noch lange nicht fertig. Beim Kochen und auch in vielen anderen Dingen braucht man Geduld, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.“ Sie warf Rachel einen bedeutungsvollen Blick zu. „Diese Soße muss jetzt noch zwei Stunden köcheln, damit sich das Aroma der Gewürze ganz entfalten kann.“
„So lange?“ Das Kreuzverhör würde also noch weitergehen.
„Keine Sorge. Wir haben noch genug zu tun. In der Zwischenzeit werden wir die Pasta vorbereiten.“
An der Granit-Arbeitstheke klopfte Lucia auf ein seltsam aussehendes Gerät, das noch völlig unbenutzt zu sein schien. Auf dem Edelstahlgehäuse war kein einziger Fingerabdruck zu sehen.
„Tonys Super-Nudelmaschine.“ Lucias Ton zeigte, dass sie keineswegs beeindruckt war. „Das Ding ist elektrisch. Ich ziehe meine alte Maschine vor, die ich schon seit fast vierzig Jahren habe. Ich drehe sie selbst. Dazu brauche ich keinen Strom.“ Achselzuckend meinte sie: „Aber wir werden mit dieser hier schon zurechtkommen.“
Während Rachel dabei half, den dünn ausgerollten Teig durch die Nudelmaschine zu pressen, fuhr Lucia fort: „Das ist eine schöne Küche, oder?“
„Ja, sehr.“
„Tony isst nur sehr selten hier. Warum auch? Er ist Junggeselle. Hoffentlich erlebe ich es noch, dass mein Sohn die richtige Frau findet und eine Familie gründet.“ Ohne Übergang setzte Lucia hinzu: „Ihre Ehe hat also nicht funktioniert.“
Verdutzt ließ Rachel den Teig beinahe fallen. „Nein.“
„War Ihre Scheidung erst vor Kurzem?“
„Letzten Monat wurde sie rechtskräftig. Aber es war schon lange vorher vorbei.“
„Keine Kinder?“
„Nein.“
„Wollen Sie keine Kinder?“
Rachel wurde verlegen. „Ich … Ja, doch. Sicher. Irgendwann.“
„Sie werden nicht jünger.“
„Das sagt meine Mutter auch immer.“
„Weil sie sich Enkelkinder wünscht.“ Lucia nickte verständnisvoll. „Dann wollen Sie vielleicht wieder heiraten?“
„Darüber habe ich noch nicht nachgedacht“, antwortete Rachel.
„Aber Sie wissen, dass Sie Kinder wollen. Werden Sie diese ohne Ehering und die Unterstützung eines Ehemannes bekommen?“
„Ach, das weiß ich noch nicht. Ich habe beschlossen, mich im Moment auf meinen Beruf zu konzentrieren. Tony meint, ich könnte mich als Schmuckdesignerin etablieren und will mir dabei helfen.“
„Sie haben also eine geschäftliche Beziehung mit ihm?“
„Ja, das ist alles.“
„Tatsächlich?“, fragte
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