Julia Extra Band 361
sah, wurde Jake ganz weh ums Herz. Dann hatte er es gekauft.
Die Menschen, die in der Nähe wohnten, waren höflich, aber gegenüber Fremden etwas reserviert. Jake war das egal. Schließlich war er nicht hier, um neue Freunde zu finden, sondern endlich Frieden. Er lief nicht vor seinen Problemen davon und versteckte sich hier. Auch wenn sein Bruder genau das vor einer halben Stunde behauptet hatte …
„Ist es das?“
Jake brauchte einen Moment, bis er erkannte, dass das Pferd am Gasthof vorbeigetrottet und vor der Tür des Stalls stehen geblieben war.
„Sieht so aus, als wollte selbst Bess sich vor dem Sturm in Sicherheit bringen“, murmelte er.
„Sie wohnt hier?“ Caro drehte sich zu ihm um. „ Sie wohnen hier?“
„Ja. Ich bin der Eigentümer.“
Sie schaute ihn ungläubig an. Jake konnte das nachvollziehen. Er benahm sich nicht so freundlich, wie es sich für den Besitzer eines Gasthofes gehört hätte. Noch dazu sah das Haus nicht allzu wohnlich aus, mit der abblätternden Farbe, den losen Brettern und dem wuchernden Gebüsch.
„Es hat momentan geschlossen. Aber immerhin ist es drinnen warm und trocken. Ich bringe Sie ins Haus, dann hole ich Ihre Tasche.“ Er redete dem Pferd gut zu. „Tut mir leid, Bess, aber dein Stall muss noch warten.“
Der Schnee fiel jetzt in dicken Flocken, gerade so, als lieferten sich die Engel eine Schneeballschlacht. Jake sprang aus dem Sattel, reichte Caro die Hand und half ihr herunter.
Als sie die Terrasse hinter dem Haus erreichten, lächelte Caro ihn an. Jake konnte sich nicht erklären, warum er sie so faszinierend fand. Ihr Gesichtsausdruck verriet nichts als Höflichkeit, dennoch fand er ihn sexy und ein wenig zu einladend.
Plötzlich sagte sie: „Bitte, gehen Sie nicht.“
„Ich soll nicht gehen?“, fragte er gedankenverloren, als er die Röte auf ihren Wangen sah.
„Die Tasche ist nicht so wichtig. Bei dem Wetter …“ Sie hob die Hand hoch. „Sie haben schon genug für mich getan. Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn Ihnen meinetwegen etwas passiert.“
Jake blinzelte. Er hatte fast vergessen, wie es war, wenn sich jemand – noch dazu eine Frau – um ihn Sorgen machte.
„Ganz sicher?“
Sie nickte und ein paar Schneeflocken fielen ihr aus dem Haar. Er strich mit der Hand weitere weg, sie sah verlegen zur Seite. Ein Gefühl kam in ihm auf, so unerwartet wie der verspätete Wintersturm. Ihm wurde schmerzhaft bewusst, dass er schon lange Zeit nicht mehr mit einer Frau zusammen gewesen war.
Eine Tür ging hinter ihnen auf, bevor er etwas tun konnte, dass er später bereut hätte. Er war dankbar, dass die Situation gerettet war. Dann erkannte er, dass seine Mutter in der Tür stand. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt, und ihre Augen funkelten böse.
„Jacob Robert McCabe, dass du mir ja nie wieder …“ Doreen McCabe hielt mitten in der Schimpfkanonade inne, als sie Caroline entdeckte. Überrascht änderte sie Haltung und Tonfall. „Oh, guten Tag. Ich bin Doreen. Jakes Mutter.“
„Darf ich vorstellen – Caroline Franklin“, sagte er.
„Caro.“
„Ach ja, Caro.“
Doreen nickte. Ihr Blick wanderte von einem zum anderen. „Ich wusste nicht, dass Jake noch eine Freundin erwartet.“
„Habe ich nicht“, sagte er im selben Moment, als Caro antwortete: „Bin ich nicht.“
„Ich meine, wir kennen uns nicht.“ Ihr Lachen klang verlegen.
Wenn seine Mutter die Situation verwirrend fand, ließ sie sich nichts anmerken. Stattdessen wies sie ihren Sohn zurecht: „Um Himmels willen, Jake! Hast du denn gar kein Benehmen? Bring das Mädchen sofort ins Haus, bevor sie sich noch den Tod holt. Sie muss die nassen Sachen ausziehen.“
Jake musste schlucken. Einen törichten Moment lang hatte er genau dasselbe gedacht.
2. KAPITEL
Caro betrat den Vorraum des Gasthofs und hätte beinahe wohlig aufgeseufzt, als ihr die Wärme entgegenschlug. Sie hörte verschiedene Stimmen, darunter auch die hellen Schreie von Kindern. Sie warf einen fragenden Blick in Jakes Richtung, bevor sie sich bückte, um mit klammen Fingern die Stiefel auszuziehen.
„Haben Sie nicht gesagt, der Gasthof sei geschlossen?“, murmelte sie.
„Ist er auch.“ Jake hatte schon den Hut abgenommen, nun zog er den Mantel aus.
„Das sind keine Gäste. Das ist der Rest unserer Familie“, erklärte Doreen, während sie ihrem Sohn den Mantel abnahm. Sie sah Jake vielsagend an und fügte hinzu: „Und da wir eine Familie sind, kümmern wir uns umeinander
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