Julia Extra Band 361
hast dich mit Francesca ja anscheinend prächtig verstanden“, sagte er schließlich fast vorwurfsvoll.
„Ich hoffe, ich habe nichts falsch gemacht?“
„Überhaupt nicht. Du hast dich glänzend geschlagen.“
„Danke“, gab sie nicht ganz überzeugt zurück.
Tariq lehnte sich zurück, unfähig, das wachsende Gefühl von Verunsicherung abzuschütteln, das er schon den ganzen Abend verspürte. Zahid in Freizeitkleidung, ohne Kindermädchen in einer Hotelsuite, in der es aussah wie nach einem Wirbelsturm? Wer hätte sich so etwas jemals vorstellen können?
Irgendwie wollte es ihm einfach nicht gelingen, den Besuch einzuordnen. Wie kam es, dass sein überkorrekter, steifer älterer Bruder wie Wachs war in den Händen seiner Frau?
Aber das war nicht das einzige, was er nicht einordnen konnte. Irgendetwas an dieser Familienidylle hatte in seinem Herzen die Tür zu einem Raum aufgestoßen, der bisher sorgfältig verschlossen gewesen war. Seinen Bruder im Kreis seiner Familie zu sehen, hatte ihn wieder in dem Gefühl bestärkt, ein Außenseiter zu sein. Der ewige Außenseiter.
Und Izzy? Hatte er nicht einen sehnsüchtigen Ausdruck in ihren Augen entdeckt, als sie seinen Neffen im Arm gehalten hatte? Bestimmt wollte sie irgendwann auch Kinder, wie die meisten Frauen. Deshalb war es unverzeihlich, wenn ein Mann, für den Vaterschaft definitiv keine Option war, die Zeit einer Frau vergeudete, die wusste, dass sie irgendwann Mutter werden wollte.
Izzy saß mit geschlossenen Augen da, die Wangen glatt wie Marmor. Die neue Halskette kam in dem diffusen Licht des Innenraums kaum zur Geltung. Nur ihr schönes Haar leuchtete selbst hier.
Und noch während sein Blick auf ihr ruhte, brach in der Stille plötzlich alles, was er normalerweise verdrängte, über ihn herein. Bisher hatte er alle Gedanken an die Zukunft immer weit von sich geschoben, er lebte im Hier und Jetzt. Diese Affäre mit Izzy hatte er nie aktiv betrieben, sie war ohne Vorwarnung über ihn gekommen. Und es lief überraschend gut. Aber früher oder später würden sie beide dafür bezahlen müssen. Weil das Ende absehbar war. Und je länger diese Geschichte dauerte, desto mehr Hoffnungen würde Izzy sich machen … Hoffnungen, die er irgendwann bitter enttäuschen musste. Deshalb erhob sich die dringende Frage, ob es nicht besser und ehrlicher war, die Sache sanft auslaufen zu lassen, bevor er ihr richtig wehtun musste. Weil er den Gedanken, ihr wehzutun, schlicht unerträglich fand.
Er sah, dass Isobel eingeschlafen war. Obwohl er sie gern mit einem zärtlichen Kuss auf die Wange geweckt hätte, tat er es nicht. Das hier war kein Märchen.
Und er war nicht der Märchenprinz.
Sanft rüttelte er sie an der Schulter. Einen Moment später schlug sie die Augen auf und blickte ihn groß an.
„Hallo, Izzy“, sagte er sanft. „Aufwachen.“
„Was ist?“ Verschlafen schaute sie sich um. „Sind wir schon zu Hause?“
Ihre Wortwahl machte ihn sofort hellhörig. Weil sie kein gemeinsames „Zuhause“ hatten und auch nie haben würden. Und vielleicht wurde es ja Zeit, sie ganz sacht daran zu erinnern.
„Ich steige zuerst aus“, sagte er behutsam. „Anschließend soll der Fahrer dich nach Hause fahren.“
Isobel, die immer noch nicht ganz wach war, schmiegte sich an ihn. „Aber warum denn?“, murmelte sie. „Ich kann doch einfach bei dir schlafen.“
„Heute nicht, Izzy. Ich habe morgen sehr früh eine Telefonkonferenz, da würdest du nur unnötig geweckt werden.“ Er gab ihr einen Kuss auf den Mund, so flüchtig, dass keine Gefahr bestand, er könnte schwach werden. Und als er den Kopf wandte, sah er, dass sie schon vor seinem Haus angelangt waren. „Außerdem haben wir letzte Nacht beide nicht viel geschlafen.“
Isobel war es, als hätte ihr jemand einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf gekippt. Er wollte sie loswerden! Hatte sie nicht den ganzen Abend schon seine Abwehr gespürt?
Oder war sie nur müde und bildete sich das alles ein? Vielleicht war es ja wirklich besser, wenn sie in ihrem eigenen Bett schlief. Dann konnte sie ausschlafen, und morgen sah die Welt schon wieder ganz anders aus.
„Ja, wahrscheinlich hast du recht, es tut uns beiden gut, mal wieder eine Nacht richtig durchzuschlafen“, pflichtete sie ihm bei.
Aber als Tariq aus dem Wagen stieg, sah sie, dass sein Gesicht verschlossen wirkte. Da wusste sie plötzlich, dass sich zwischen ihnen etwas grundlegend verändert hatte.
Und ganz bestimmt nicht zum
Weitere Kostenlose Bücher