Julia Extra Band 361
und mit Stolz und Freude in die leuchtenden Augen schauen müssen. Und wenn er ein normaler Mann wäre, hätte er das alles auch ganz selbstverständlich getan. Das Problem war nur, dass er eben kein normaler Mann war. Wo andere Menschen ein Herz hatten, war bei ihm vermutlich ein Eisklumpen.
Aber jetzt war kein geeigneter Zeitpunkt für komplizierte Seelenerforschung. Seine Gefühle waren im Moment nebensächlich, hier ging es allein um Izzy. Er musste praktisch denken. Und ihr helfen, so gut er konnte.
„Dann hast du ja wohl nicht vor, wieder ins Büro zu kommen“, sagte er.
Sie machte eine ungeduldige Handbewegung. „Ich habe noch gar nicht darüber nachgedacht, wie es weitergeht.“
„Das musst du auch nicht. Um Geld brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Ich werde für deine finanzielle Sicherheit sorgen.“
Sie wurde von Wut überschwemmt. Was? Er wollte sich freikaufen? Wofür hielt er sie eigentlich? Sie dachte an ihre eigene Mutter, die ihr ganzes Leben lang gearbeitet und sich und ihre Tochter ohne fremde Hilfe durchgebracht hatte. Und war Isobel ihrer Mutter für dieses Vorbild nicht stets dankbar gewesen? Eine Frau, die auf eigenen Beinen stand und nicht am Boden zerstört war, weil sich ihre Hoffnungen auf Liebe nicht erfüllt hatten?
„Ich werde auf jeden Fall weiterarbeiten“, erklärte sie fest. „Außerdem wüsste ich gar nicht, was ich den ganzen Tag machen sollte … rumsitzen und Babyschuhe stricken vielleicht? Viele Frauen arbeiten mindestens bis zum achten Monat. Aber natürlich werde ich … werde ich mich nach einem neuen Job umsehen.“
Obwohl ihr schon jetzt vor dem Gedanken graute, weil sie dabei notgedrungen ihre Schwangerschaft verheimlichen musste. Wer war schon bereit, eine Schwangere einzustellen?
„Das brauchst du nicht“, erklärte er schroff. „Du kannst selbstverständlich weiterhin bei mir arbeiten. Oder ich besorge dir bei einer unserer Partnerfirmen eine Stelle, wenn du glaubst, mit mir nicht mehr zusammenarbeiten zu können.“
Isobel schluckte. Das wollte gut überlegt sein, weil es dabei mehrere Aspekte zu berücksichtigen galt. Ein unschätzbarer Vorteil aber wäre, dass sie vor Tariq nichts zu verstecken brauchte. Tariq würde sie beschützen. Davon war sie überzeugt, weil sie spürte, dass er trotz seiner hitzigen Worte sein Möglichstes tun würde, um ihr und ihrem Kind zu helfen.
„Ich denke schon, dass ich das könnte … weiter für dich arbeiten, meine ich“, sagte sie zögernd. Als sie seinem Blick begegnete, wusste sie, dass sie es wenigstens versuchen musste. Sie hatte gehofft, dass er irgendwann lernen würde, ihre Liebe zu erwidern … ansatzweise zumindest. Sie hatte gehofft, ihn vielleicht ändern zu können. Aber das war ein Irrtum gewesen. Weil man einen anderen Menschen nicht ändern konnte. Man konnte höchstens versuchen, sich selbst zu ändern. Und Liebe war für Tariq allem Anschein nach eine Tabuzone, die zu betreten er sich standhaft weigerte. Er wollte nicht geliebt werden und auch nicht lieben. Weder sie und noch ihr Baby.
„Wir müssen einfach nur loslassen“, fuhr sie ruhig fort. „Unsere Beziehung ist Vergangenheit, Tariq, das wissen wir beide. Aber es gibt keinen Grund, warum wir uns nicht wie zivilisierte Menschen benehmen sollten.“
Ihm fiel ein Stein vom Herzen. Immerhin war es ihm gelungen, sie von ihrer Kündigung abzuhalten. Gleichzeitig aber begann ihm eine deprimierende Erkenntnis zu dämmern. Es fühlte sich so an, als ob er etwas verpasst hätte. Als ob irgendwo da draußen etwas Wundervolles auf ihn gewartet hätte.
Doch es war ihm entglitten.
12. KAPITEL
„Die Presse hat wieder angerufen, Tariq.“
Als Tariq aufblickte, sah er Izzy auf der Schwelle zu seinem Büro stehen. Obwohl sie ein loses Sommerkleid trug und immer noch rank und schlank war, konnte man jetzt im vierten Monat ihrer Schwangerschaft bereits ein kleines Bäuchlein erkennen. Tariq erschauerte leicht. Wochenlang hatte er sie beobachtet. Und sich dabei vorzustellen versucht, wie dieses Kind wohl aussehen mochte, das da in ihr heranwuchs.
Seit gestern wusste er es.
Er schluckte den Kloß hinunter, der ihm plötzlich im Hals saß, und hob fragend die Augenbrauen. „In welcher Angelegenheit?“
Isobel blickte dem Scheich in die schwarz glänzenden Augen. Mit dem dunklen Bartschatten an Kinn und Wangen sah er aus wie ein moderner Pirat. War sie vorübergehend unzurechnungsfähig gewesen, als sie ihm gestern angeboten hatte, dass er
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