Julia Extra Band 362
einzig und allein an Keir denken. Wenn die Welt eines Tages in Trümmer fällt, wird er der Hauptbetroffene sein.“
Rafe blieb ruhig. „Einverstanden. Ich habe nicht vorgeschlagen, dass wir gleich morgen heiraten sollen. Eine Verlobungszeit wird uns Gelegenheit bieten, uns besser kennenzulernen. Obwohl ich mir sicher bin, dass du mich immer wieder überraschen wirst.“
Sie blinzelte ihn an. „Darauf lege ich es nicht an.“
„Das weiß ich. Deshalb genieße ich auch jede Sekunde mit dir.“
Er ließ die Hände ohne Druck auf ihren Schultern ruhen und bot ihr damit die Chance, sich zurückzuziehen, wenn sie es wollte. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, mit dir verheiratet zu sein.“
Marisa dachte einen kurzen Augenblick nach. „Du gehörst nicht zu der Sorte Mann, die heiraten, nur um jemandem beizustehen. Du bist reich genug, dass du mir eine Million Dollar geben könntest, ohne zu bemerken, dass sie dir fehlt. Auf diese Art könntest du deine Dankbarkeit ebenso gut beweisen, ohne dich an mich und das Kind eines anderen Mannes ketten zu müssen.“
„Hättest du das lieber – eine Million Dollar?“, fragte er mit freudlosem Lächeln.
„Würdest du mir eine Million Dollar schenken“, sagte sie und versuchte seinem verschleierten Blick zu widerstehen, „würde ich das Geld am nächsten Tag an ein Frauenhaus geben.“
Er konnte sein Lachen nicht zurückhalten. „Ich glaube, das würdest du wirklich tun. Und zwar ohne nachzudenken.“
„Darauf kannst du wetten.“ Sie lächelte verzagt. „Ich habe gelernt, ohne die Unterstützung anderer zu leben, und habe vor, es auch weiterhin zu tun. Ich brauche dein Geld nicht.“
„Ich habe nicht vor, dich zu kaufen.“ Er streckte die Hand nach ihr aus.
Marisas Herzklopfen wurde stärker. Er versuchte nicht, sie zu küssen. Er umarmte sie auch nicht. Doch ihr ganzer Körper schmerzte vor Sehnsucht nach ihm. Am liebsten wäre sie dahingeschmolzen und hätte sich an ihn geschmiegt.
„Ich denke, du weißt, um was es mir geht“, sagte er ruhig. „Und was immer es sein mag – du spürst es auch.“
„Lust“, sagte sie enttäuscht. Was sonst hatte sie erwartet – die Beteuerung seiner unsterblichen Liebe?
Rafe würde sich niemals dazu bekennen. Sollte sie es riskieren, seinen Antrag anzunehmen? Und Keirs Glück damit aufs Spiel setzen?
Dumme Frage. Ihr gesunder Menschenverstand und ihre ganze Erfahrung rieten ihr, abzulehnen und schnellstmöglich zu verschwinden, bevor sie die nächste tiefe Verletzung davontrug.
War es Selbstsucht, nicht nur an ihren Sohn zu denken und sich etwas nur für sich selbst zu wünschen?
Denn sie fühlte sich zu Rafe mit einer Intensität hingezogen, die sie schwindelig machte, die sie schweben ließ und ihr Gehirn ins Taumeln brachte – und ihre gesamten Prinzipien umwerfen würde.
Zumindest wusste sie, woran sie war. Rafe hatte seine Bedingungen offengelegt, sie hatte eine genaue Vorstellung davon, worauf sie sich einließ, wenn sie ihn heiraten würde. Eine Ehe, die für sie beide gut war. Die Keir Schutz bieten würde.
„Was denkst du?“, fragte Rafe.
„Dass mir etwas fehlt“, sagte sie.
Er hob beide Augenbrauen. „Und was genau?“
Lag da eine Spur Spott in seinem Ton? Sie warf den Kopf hoch. „Unter einer Bedingung. Nein, eigentlich zwei.“
11. KAPITEL
Rafe ließ sie los.
Marisa fuhr fort. „Ich kann verstehen, wenn du meine Bedingungen nicht akzeptierst. Ich möchte eine Zusicherung – und zwar schriftlich –, dass unsere Verlobung mit dem Tag aufgelöst wird, an dem du dich in eine andere Frau verliebst. Und du musst mir versprechen, dass du auch in diesem Fall den Kontakt mit Keir aufrechterhältst.“
Als er schwieg, machte sie eine abfällige Geste. „Ach, vergiss es. Es ist die Sache nicht wert. Ich kann das nicht …“
„Die Bezeichnung schriftlich beweist mir, dass du überhaupt nichts über mich dazugelernt hast“, sagte er finster.
Als er dann wieder den Kopf hob und sie ansah, fügte er barsch hinzu: „Lust, Begierde, Leidenschaft, Hunger – wen interessiert es schon, welchen Namen wir dem Gefühl geben?“ Eindringlich sah er sie an. „Es ist einfach da, und wir fühlen es beide.“
„Ja“, hauchte sie in einem sehnsuchtsvollen Seufzer.
Sie kapitulierte. Er hatte es gewusst. Sein Blick wurde stählern.
Er verursachte wohlige Schauer der Lust in ihr.
„Ich nehme deine Bedingungen an“, erklärte er. „Also können wir jetzt unsere Verlobung
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