Julia Extra Band 362
Sitzbank geklemmt und vergessen hatte. Beim Saubermachen war die Zeitung ganz offensichtlich übersehen worden. Eine Woche lang! Stace zog das Blatt heraus und wollte es in den Papierkorb werfen, als ihr Blick auf ein Foto fiel: Riley mit einer anderen Frau, deren Rock hochgerutscht war. Sie umklammerte Rileys Schultern und hatte lachend den Kopf zurückgeworfen.
Übelkeit stieg in Stace auf. Angewidert warf sie die Zeitung weg und wandte sich ab.
Das hätte ich sein können auf dem Foto, dachte sie entsetzt und schämte sich, dass sie sich am vergangenen Abend so hatte vergessen können.
Als Riley kurz vor der Öffnungszeit hereinschneite, hatte Stace sich wieder gefasst und bereitete sich auf den Ansturm der Gäste vor. Sie nahm sich fest vor, aus ihrem Gedächtnis zu streichen, wohin Rileys erregende Küsse fast geführt hätten.
Eine Frauengruppe, die Boston zu Fuß erkunden wollte, kam kurz nach Riley ins Lokal. Stace stellte zwei Tische zusammen, damit alle acht Frauen Platz fanden, und nahm die Bestellung auf.
Erst kurz nach elf legte sich der Ansturm, und Stace fand Zeit, Pfannkuchen zu essen. „Ich habe dir den Sirup warm gemacht“, sagte Frank.
„Du bist ein Schatz. Danke.“ Sie ließ sich den ersten Bissen schmecken und ließ den Blick über den Tresen schweifen. Dabei entdeckte sie einen Flyer. „Ist der neu?“
„Ja, von einem Reiseclub. Eine Gruppe alter Leute, die um die Welt laufen.“
„Klingt spannend.“
Frank winkte ab. „Eleanor Givens will unbedingt, dass ich sie auf eine Europareise begleite.“
„Gute Idee“, fand Stace. Eleanor frühstückte jeden Sonnabend im Morning Glory und plauderte dabei mit Frank am Tresen.
„Ich weiß nicht recht, ob ich sie so lange ertragen könnte. Neulich hatte ich ein interessantes Gespräch mit Rileys Großmutter. Sie ist eine sehr nette Dame und reist auch gern.“
„Dann frag sie doch, ob sie mit dir auf Europareise geht. Sie wäre bestimmt begeistert.“
„Und was wird während meiner Abwesenheit aus dem Lokal? Nein, ich bleibe hier, bis ich tot umfalle.“ Oje, das hätte er nicht sagen sollen! „Entschuldige, Stace, ich habe es nicht wörtlich gemeint.“
„Schon gut.“ Sie rang sich ein Lächeln ab und ergriff die Gelegenheit, Frank gut zuzureden. „Es wird Zeit, dass du mal Urlaub machst, Frank. Und hör endlich auf, dir Sorgen um mich zu machen!“
„Okay.“
„Ja? Wann geht’s denn los?“ Sie glaubte ihm kein Wort.
Frank brummte nur und füllte einen Zuckerstreuer auf, was eigentlich in Staces Aufgabenbereich fiel. „So eine Reise ist teuer. Ich habe zwar Ersparnisse, aber Rockefeller bin ich nicht gerade“, erklärte er schließlich.
„Ich könnte dich doch auszahlen.“
„Darüber reden wir später.“
„Ach, Frank, das sagst du immer.“
Die Glocke über der Eingangstür klingelte, und Walter kam herein, grüßte mürrisch und setzte sich an seinen Lieblingstisch. Bevor Stace sich auch nur in Bewegung setzen konnte, winkte Walter Riley zu sich.
Frank beugte sich über den Tresen und flüsterte Stace zu: „Walter scheint einen Narren an ihm gefressen zu haben.“
„Das geht schnell vorbei“, meinte Stace trocken.
„Sicher?“
„Ganz sicher. Du kennst ihn doch.“ Allerdings schien er sich ausgesprochen angeregt mit Riley zu unterhalten. Das war ungewöhnlich.
„Ich rede von dir und Riley, Stace.“
„Da ist nichts“, behauptete sie und spielte mit dem Bestellblock.
„Das kannst du deiner Großmutter erzählen. Ich habe doch Augen im Kopf. Nun hat das Morning Glory seine eigene Seifenoper.“
„So ein Unsinn!“ Stace rutschte vom Hocker. „Ich werde mal hingehen und nach dem Rechten sehen. Nicht dass Riley den armen Walter noch auf die Palme bringt.“
Frank wollte sich ausschütten vor Lachen. „Klar, genau deshalb gehst du da rüber.“
Es ging Stace auf die Nerven, dass Frank ständig versuchte, sie zu verkuppeln, damit sie heiratete und Kinder bekam, die er dann verwöhnen konnte. Er meinte es ja nur gut, aber trotzdem …
Sie machte zuerst einen Schlenker zur Kaffeemaschine, deren Kanne fast leer war, und setzte neuen Kaffee auf. Plötzlich spürte sie Riley hinter sich.
„Das sah aber nach einem ernsten Gespräch mit Frank aus.“
„Es ging mal wieder um das leidige Thema, wann er sich endlich darauf einlässt, sich von mir auszahlen zu lassen“, erklärte Stace. „Dann kann er nach Herzenslust reisen.“ Sie seufzte. „Vorausgesetzt, wir machen bald mehr Umsatz. Sonst
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