Julia Extra Band 362
nickte Karim ihm unauffällig zu. Der Mann räusperte sich und sagte: „Hoheit. Miss. Der Küchenchef hat zum Nachtisch etwas ganz Besonderes für Sie vorbereitet.“ Er warf Rachel ein breites Lächeln zu. „Zu Ehren der Dame.“
„Für mich?“, fragte sie überrascht.
„Ja, Ma’am. Wenn Sie bereit sind, Sir …?“
Karim nickte. Er war bereit. Nervös, aber bereit.
Nach fast zwei Wochen mit Rachel konnte er sein Glück noch immer nicht fassen. Der Anlass, der ihn nach Las Vegas geführt hatte, war zutiefst deprimierend gewesen, aber das Schicksal hatte es gut mit ihm gemeint, indem es ihn mit dieser wunderbaren Frau zusammengebracht hatte. Mit der Frau, die sein Bruder verschmäht hatte.
Was warst du doch für ein Riesenidiot, Rami, dachte er jetzt. Dennoch war er seinem Bruder unendlich dankbar. Für Rachel und ihren kleinen Jungen. Das hätte er Rami gern gesagt. Früher hatten sie sich nahegestanden, aber das war lange her, gleichwohl fühlte sich Karim seinem Bruder jetzt auf eine seltsame Weise verbunden. Nur der Gedanke, dass Rachel … dass sie mit Rami zusammen gewesen war … nun, das wollte einfach nicht in seinen Kopf. Irgendwie erschienen ihm diese beiden Menschen zu verschieden.
Er hätte sie gern danach gefragt, aber er hielt sich zurück. Zum einen, weil Rachel ihm zu verstehen gegeben hatte, dass sie über die Zeit mit Rami nicht reden wollte. Aber auch, weil er sich nicht sicher war, ob ihm ihre Antworten gefallen würden. Deshalb war es wohl wirklich am besten, die Vergangenheit einfach ruhen zu lassen und sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Und da kam auch schon der Kellner mit dem Dessert.
Eine kunstvolle Nachbildung der Brooklyn-Bridge aus Schokolade für Karim.
Und eine große Kugel Vanilleeis für Rachel.
Der Kellner stellte die Teller vor sie hin, wobei er Karim unauffällig zublinzelte, bevor er guten Appetit wünschte und sie wieder allein ließ. Karim beobachtete, wie Rachel erst auf seine aufwändige Miniaturbrücke und dann auf ihre Eiskugel schaute, wobei es ihm schwerfiel, sich ein Grinsen zu verkneifen. Sie wirkte so enttäuscht wie ein Kind, das sich auf eine große Portion rosa Zuckerwatte gefreut, aber nur einen schnöden Lutscher in die Hand gedrückt bekommen hatte.
„Mm“, sagte er belustigt. „Sieht gut aus.“
„Äh … äh ja, in der Tat … köstlich.“
Oh, wie er sie liebte! Welche andere Frau schaffte es schon, ihre Enttäuschung mit einem so bezaubernden Lächeln zu überspielen? Karim griff nach seiner Dessertgabel und nahm seine Nachspeise in Angriff. „Fantastisch“, sagte er. „Wie ist dein Eis?“
Rachel räusperte sich. „Es schmeckt bestimmt ganz wundervoll“, sagte sie höflich, wobei sie ihren Löffel in der Eiskugel versenkte. „Oh.“ Sie stutzte. „Was ist das denn? Das ist … das ist …“
„Stimmt irgendetwas nicht?“
„Doch, doch … oder … keine Ahnung. Da ist etwas Hartes … es ist …“ Sie verstummte.
Karim, der jetzt heftiges Herzklopfen hatte, legte seine Gabel weg. „Eine Füllung?“, fragte er bemüht ruhig.
Sie schüttelte den Kopf. „Es ist …“ Sie schaute wieder auf. „So was wie eine Kruste und darunter … eine Schatulle“, flüsterte sie. „Eine kleine blaue Schatulle.“
Plötzlich begann er fast zu befürchten, er könnte sich lächerlich gemacht haben. Himmel, woher sollte er wissen, was eine Frau romantisch fand und was nicht?
„Rachel, wenn du lieber gehen möchtest …“
Rachel schluckte schwer. Sie legte ihren Löffel ab. Dann angelte sie die kleine Schatulle aus der Kruste und öffnete sie. Geblendet schloss sie die Augen. In dem Samtbett erstrahlte ein Brillant, der in seiner Mitte alles Licht des Universums zu bündeln schien. Er war in Weißgold gefasst und wurde flankiert von Saphiren, die so blau waren wie der Himmel am schönsten Sonnentag des Jahres.
Karim ließ Rachel nicht aus den Augen und wartete auf eine Reaktion, aber ihr Schweigen war so ohrenbetäubend, dass er am liebsten im Boden versunken wäre. Gefiel ihr der Ring nicht? Er hatte ihn sehr sorgfältig ausgesucht, doch das war keine Garantie. Wer weiß, vielleicht fand sie ihn ja zu protzig. Das war gut möglich, aber Karim hatte eben etwas Besonderes gewollt. Damit die ganze Welt erfuhr, dass er sie liebte. Bleib ganz ruhig, redete er sich selbst gut zu. Lass ihr einfach noch einen Moment Zeit …
„Verdammt, Rachel“, begann er schließlich heiser, „sag doch was!“
Sie schaute von dem Ring auf,
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